Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Begräbniß-Gedichte. Mein vater/ ruft er aus/ hier diß mein sterbe-bette/Kan ein bequemer platz zum brand-altare seyn/ Der lieb' und kranckheit glut brennt hier schon in die wette. Wohlan! dein sohn ist hin. Das opfer ist vollbracht/ Sein todter cörper wird bereits zu asch und erde. Was aber hat hierbey dich so behertzt gemacht? Der glaube/ daß ihn GOtt einst auferwecken werde. Es fordert dir der HErr dein liebstes kleinod ab; Du sprichst: Der himmel wird ihm zum behältnis dienen. Des höchsten arm zerbricht dir deines alters stab; Du sprichst: er wird doch einst wie Aarons stecken grünen. Das werthe mutter-hertz hat gleichen glaubens-grund/ Das opfer/ welches itzt ihr Abraham gegeben/ Jst zwar bey ihr weit mehr als dort bey Sara kund: Allein dies ist ihr trost: mein sohn wird wieder leben. Und freylich/ theures paar/ du bist gantz recht gesinnt/ Du kanst auf diesen felß dein hoffen kühnlich gründen/ Und fest versichert seyn/ du werdest einst dein kind Gewiß in Abrahams beglücktem schooße finden. Wohl diesem/ welcher so wie dein erlöster sohn/ Sich an das opfer hält/ das man ans creutz geschlagen/ Der wird bey harffen-spiel dort vor des lammes thron Des danckens rauchwerck stets in güldnen schalen tragen. Die in das Paradieß gehende Eva/ bey beerdigung Jungfer Eva Maria Rivinin. J. S. S. WJe schwer und traurig muß der gang gewesen seyn/ Den einst das erste weib/ die Eva/ hat erlitten/ Als ihre füsse sind zu ihrer grösten pein Aus jenem lust-revier und paradies geschritten. Kaum hatte sie den schmuck von Eden recht gesehn/ Kaum war der apffel-biß verbotner frucht genossen/ So war es wieder schon um den besitz geschehn; Sie
Begraͤbniß-Gedichte. Mein vater/ ruft er aus/ hier diß mein ſterbe-bette/Kan ein bequemer platz zum brand-altare ſeyn/ Der lieb’ und kranckheit glut brennt hier ſchon in die wette. Wohlan! dein ſohn iſt hin. Das opfer iſt vollbracht/ Sein todter coͤrper wird bereits zu aſch und erde. Was aber hat hierbey dich ſo behertzt gemacht? Der glaube/ daß ihn GOtt einſt auferwecken werde. Es fordert dir der HErr dein liebſtes kleinod ab; Du ſprichſt: Der himmel wird ihm zum behaͤltnis dienen. Des hoͤchſten arm zerbricht dir deines alters ſtab; Du ſprichſt: er wird doch einſt wie Aarons ſtecken gruͤnen. Das werthe mutter-hertz hat gleichen glaubens-grund/ Das opfer/ welches itzt ihr Abraham gegeben/ Jſt zwar bey ihr weit mehr als dort bey Sara kund: Allein dies iſt ihr troſt: mein ſohn wird wieder leben. Und freylich/ theures paar/ du biſt gantz recht geſinnt/ Du kanſt auf dieſen felß dein hoffen kuͤhnlich gruͤnden/ Und feſt verſichert ſeyn/ du werdeſt einſt dein kind Gewiß in Abrahams begluͤcktem ſchooße finden. Wohl dieſem/ welcher ſo wie dein erloͤſter ſohn/ Sich an das opfer haͤlt/ das man ans creutz geſchlagen/ Der wird bey harffen-ſpiel dort vor des lammes thron Des danckens rauchwerck ſtets in guͤldnen ſchalen tragen. Die in das Paradieß gehende Eva/ bey beerdigung Jungfer Eva Maria Rivinin. J. S. S. WJe ſchwer und traurig muß der gang geweſen ſeyn/ Den einſt das erſte weib/ die Eva/ hat erlitten/ Als ihre fuͤſſe ſind zu ihrer groͤſten pein Aus jenem luſt-revier und paradies geſchritten. Kaum hatte ſie den ſchmuck von Eden recht geſehn/ Kaum war der apffel-biß verbotner frucht genoſſen/ So war es wieder ſchon um den beſitz geſchehn; Sie
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Begraͤbniß-Gedichte.
Mein vater/ ruft er aus/ hier diß mein ſterbe-bette/
Kan ein bequemer platz zum brand-altare ſeyn/
Der lieb’ und kranckheit glut brennt hier ſchon in die wette.
Wohlan! dein ſohn iſt hin. Das opfer iſt vollbracht/
Sein todter coͤrper wird bereits zu aſch und erde.
Was aber hat hierbey dich ſo behertzt gemacht?
Der glaube/ daß ihn GOtt einſt auferwecken werde.
Es fordert dir der HErr dein liebſtes kleinod ab;
Du ſprichſt: Der himmel wird ihm zum behaͤltnis dienen.
Des hoͤchſten arm zerbricht dir deines alters ſtab;
Du ſprichſt: er wird doch einſt wie Aarons ſtecken gruͤnen.
Das werthe mutter-hertz hat gleichen glaubens-grund/
Das opfer/ welches itzt ihr Abraham gegeben/
Jſt zwar bey ihr weit mehr als dort bey Sara kund:
Allein dies iſt ihr troſt: mein ſohn wird wieder leben.
Und freylich/ theures paar/ du biſt gantz recht geſinnt/
Du kanſt auf dieſen felß dein hoffen kuͤhnlich gruͤnden/
Und feſt verſichert ſeyn/ du werdeſt einſt dein kind
Gewiß in Abrahams begluͤcktem ſchooße finden.
Wohl dieſem/ welcher ſo wie dein erloͤſter ſohn/
Sich an das opfer haͤlt/ das man ans creutz geſchlagen/
Der wird bey harffen-ſpiel dort vor des lammes thron
Des danckens rauchwerck ſtets in guͤldnen ſchalen tragen.
Die in das Paradieß gehende Eva/
bey beerdigung Jungfer Eva Maria
Rivinin.
J. S. S.
WJe ſchwer und traurig muß der gang geweſen ſeyn/
Den einſt das erſte weib/ die Eva/ hat erlitten/
Als ihre fuͤſſe ſind zu ihrer groͤſten pein
Aus jenem luſt-revier und paradies geſchritten.
Kaum hatte ſie den ſchmuck von Eden recht geſehn/
Kaum war der apffel-biß verbotner frucht genoſſen/
So war es wieder ſchon um den beſitz geſchehn;
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/229>, abgerufen am 23.02.2025. |