Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Galante Gedichte.
Geschichts/ so kan ich auch der grösten schmertzen lachen/
Die mir der himmel ietzt bey deiner kranckheit weist.


Da sie ihm die hand küßte.
JCh weiß/ du weist es nicht/ was ich hiemit will schreiben/
Warum ietzt meine hand dir diese reimen schickt/
Was ich hier diesem brieff und blat wil einverleiben/
Auff welche ziffer sey mein zeiger hingerückt.
Du weist/ Ambrette/ wol/ daß da das glück mich führte
Mit beyden häuden selbst in deine zimmer ein/
Daß da dein purpur-mund mit zauberey mich rührte/
Daß meine schlechte hand dein buhler muste seyn.
Du spieltst verschwenderisch mit deinen anmuths-küssen/
Und streutest ohne zahl viel biesam-körner hin.
Du liest gantz ohne maß auf meine hände fliessen
Der lippen honigseim/ wovon ich truncken bin.
Dein kluges weigern selbst schlug einen kuß mir abe/
Und gab ihn meiner hand nicht ohne sondre lust.
Ach daß mein blasser mund nicht das genossen habe/
Worvon jetzt auf der hand der fliegen vorwitz kost!
Du weist/ daß vor das paar der beissenden rubinen
Natur und liebe schon ein ander ziel gesetzt/
Daß sie den lippen nur zum becher sollen dienen/
Die reiner himmels-thau verschwenderisch benetzt.
Ein kuß bleibt nur ein pfand der purpur-rothen lippen/
Er paart sich ungereimt mit einer schlechten hand:
Er stößet seine krafft und schärffe ab in klippen/
Wenn er nicht wehlt den mund vor sein gelobtes land.
Die biene selbst verliehrt den stachel an den hecken/
Wenn sich ihr leichter fuß nicht auf die rosen setzt.
Und wenn ein seiden-wurm in werck sich wil verstecken/
So fühlet er/ wie sich sein krummer leib verletzt.
Ein kuß muß ohne krafft auf einer hand ersterben/
Er fühlet keinen mund/ der wieder küst und beißt/
Der beste balsam muß wie schlechtes schmaltz verderben/
Wenn er nicht an der hand und nur an wänden gleist.
Ein kuß lebt auf dem mund/ wie vögel in den lüfften/
Er
A 5
Galante Gedichte.
Geſchichts/ ſo kan ich auch der groͤſten ſchmertzen lachen/
Die mir der himmel ietzt bey deiner kranckheit weiſt.


Da ſie ihm die hand kuͤßte.
JCh weiß/ du weiſt es nicht/ was ich hiemit will ſchreiben/
Warum ietzt meine hand dir dieſe reimen ſchickt/
Was ich hier dieſem brieff und blat wil einverleiben/
Auff welche ziffer ſey mein zeiger hingeruͤckt.
Du weiſt/ Ambrette/ wol/ daß da das gluͤck mich fuͤhrte
Mit beyden haͤuden ſelbſt in deine zimmer ein/
Daß da dein purpur-mund mit zauberey mich ruͤhrte/
Daß meine ſchlechte hand dein buhler muſte ſeyn.
Du ſpieltſt verſchwenderiſch mit deinen anmuths-kuͤſſen/
Und ſtreuteſt ohne zahl viel bieſam-koͤrner hin.
Du lieſt gantz ohne maß auf meine haͤnde flieſſen
Der lippen honigſeim/ wovon ich truncken bin.
Dein kluges weigern ſelbſt ſchlug einen kuß mir abe/
Und gab ihn meiner hand nicht ohne ſondre luſt.
Ach daß mein blaſſer mund nicht das genoſſen habe/
Worvon jetzt auf der hand der fliegen vorwitz koſt!
Du weiſt/ daß vor das paar der beiſſenden rubinen
Natur und liebe ſchon ein ander ziel geſetzt/
Daß ſie den lippen nur zum becher ſollen dienen/
Die reiner himmels-thau verſchwenderiſch benetzt.
Ein kuß bleibt nur ein pfand der purpur-rothen lippen/
Er paart ſich ungereimt mit einer ſchlechten hand:
Er ſtoͤßet ſeine krafft und ſchaͤrffe ab in klippen/
Wenn er nicht wehlt den mund vor ſein gelobtes land.
Die biene ſelbſt verliehrt den ſtachel an den hecken/
Wenn ſich ihr leichter fuß nicht auf die roſen ſetzt.
Und wenn ein ſeiden-wurm in werck ſich wil verſtecken/
So fuͤhlet er/ wie ſich ſein krummer leib verletzt.
Ein kuß muß ohne krafft auf einer hand erſterben/
Er fuͤhlet keinen mund/ der wieder kuͤſt und beißt/
Der beſte balſam muß wie ſchlechtes ſchmaltz verderben/
Wenn er nicht an der hand und nur an waͤnden gleiſt.
Ein kuß lebt auf dem mund/ wie voͤgel in den luͤfften/
Er
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0017" n="9"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Ge&#x017F;chichts/ &#x017F;o kan ich auch der gro&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;chmertzen lachen/</l><lb/>
            <l>Die mir der himmel ietzt bey deiner kranckheit wei&#x017F;t.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Da &#x017F;ie ihm die hand ku&#x0364;ßte.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch weiß/ du wei&#x017F;t es nicht/ was ich hiemit will &#x017F;chreiben/</l><lb/>
            <l>Warum ietzt meine hand dir die&#x017F;e reimen &#x017F;chickt/</l><lb/>
            <l>Was ich hier die&#x017F;em brieff und blat wil einverleiben/</l><lb/>
            <l>Auff welche ziffer &#x017F;ey mein zeiger hingeru&#x0364;ckt.</l><lb/>
            <l>Du wei&#x017F;t/ Ambrette/ wol/ daß da das glu&#x0364;ck mich fu&#x0364;hrte</l><lb/>
            <l>Mit beyden ha&#x0364;uden &#x017F;elb&#x017F;t in deine zimmer ein/</l><lb/>
            <l>Daß da dein purpur-mund mit zauberey mich ru&#x0364;hrte/</l><lb/>
            <l>Daß meine &#x017F;chlechte hand dein buhler mu&#x017F;te &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;pielt&#x017F;t ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch mit deinen anmuths-ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;treute&#x017F;t ohne zahl viel bie&#x017F;am-ko&#x0364;rner hin.</l><lb/>
            <l>Du lie&#x017F;t gantz ohne maß auf meine ha&#x0364;nde flie&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Der lippen honig&#x017F;eim/ wovon ich truncken bin.</l><lb/>
            <l>Dein kluges weigern &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chlug einen kuß mir abe/</l><lb/>
            <l>Und gab ihn meiner hand nicht ohne &#x017F;ondre lu&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Ach daß mein bla&#x017F;&#x017F;er mund nicht das geno&#x017F;&#x017F;en habe/</l><lb/>
            <l>Worvon jetzt auf der hand der fliegen vorwitz ko&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Du wei&#x017F;t/ daß vor das paar der bei&#x017F;&#x017F;enden rubinen</l><lb/>
            <l>Natur und liebe &#x017F;chon ein ander ziel ge&#x017F;etzt/</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie den lippen nur zum becher &#x017F;ollen dienen/</l><lb/>
            <l>Die reiner himmels-thau ver&#x017F;chwenderi&#x017F;ch benetzt.</l><lb/>
            <l>Ein kuß bleibt nur ein pfand der purpur-rothen lippen/</l><lb/>
            <l>Er paart &#x017F;ich ungereimt mit einer &#x017F;chlechten hand:</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;to&#x0364;ßet &#x017F;eine krafft und &#x017F;cha&#x0364;rffe ab in klippen/</l><lb/>
            <l>Wenn er nicht wehlt den mund vor &#x017F;ein gelobtes land.</l><lb/>
            <l>Die biene &#x017F;elb&#x017F;t verliehrt den &#x017F;tachel an den hecken/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ich ihr leichter fuß nicht auf die ro&#x017F;en &#x017F;etzt.</l><lb/>
            <l>Und wenn ein &#x017F;eiden-wurm in werck &#x017F;ich wil ver&#x017F;tecken/</l><lb/>
            <l>So fu&#x0364;hlet er/ wie &#x017F;ich &#x017F;ein krummer leib verletzt.</l><lb/>
            <l>Ein kuß muß ohne krafft auf einer hand er&#x017F;terben/</l><lb/>
            <l>Er fu&#x0364;hlet keinen mund/ der wieder ku&#x0364;&#x017F;t und beißt/</l><lb/>
            <l>Der be&#x017F;te bal&#x017F;am muß wie &#x017F;chlechtes &#x017F;chmaltz verderben/</l><lb/>
            <l>Wenn er nicht an der hand und nur an wa&#x0364;nden glei&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Ein kuß lebt auf dem mund/ wie vo&#x0364;gel in den lu&#x0364;fften/</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0017] Galante Gedichte. Geſchichts/ ſo kan ich auch der groͤſten ſchmertzen lachen/ Die mir der himmel ietzt bey deiner kranckheit weiſt. Da ſie ihm die hand kuͤßte. JCh weiß/ du weiſt es nicht/ was ich hiemit will ſchreiben/ Warum ietzt meine hand dir dieſe reimen ſchickt/ Was ich hier dieſem brieff und blat wil einverleiben/ Auff welche ziffer ſey mein zeiger hingeruͤckt. Du weiſt/ Ambrette/ wol/ daß da das gluͤck mich fuͤhrte Mit beyden haͤuden ſelbſt in deine zimmer ein/ Daß da dein purpur-mund mit zauberey mich ruͤhrte/ Daß meine ſchlechte hand dein buhler muſte ſeyn. Du ſpieltſt verſchwenderiſch mit deinen anmuths-kuͤſſen/ Und ſtreuteſt ohne zahl viel bieſam-koͤrner hin. Du lieſt gantz ohne maß auf meine haͤnde flieſſen Der lippen honigſeim/ wovon ich truncken bin. Dein kluges weigern ſelbſt ſchlug einen kuß mir abe/ Und gab ihn meiner hand nicht ohne ſondre luſt. Ach daß mein blaſſer mund nicht das genoſſen habe/ Worvon jetzt auf der hand der fliegen vorwitz koſt! Du weiſt/ daß vor das paar der beiſſenden rubinen Natur und liebe ſchon ein ander ziel geſetzt/ Daß ſie den lippen nur zum becher ſollen dienen/ Die reiner himmels-thau verſchwenderiſch benetzt. Ein kuß bleibt nur ein pfand der purpur-rothen lippen/ Er paart ſich ungereimt mit einer ſchlechten hand: Er ſtoͤßet ſeine krafft und ſchaͤrffe ab in klippen/ Wenn er nicht wehlt den mund vor ſein gelobtes land. Die biene ſelbſt verliehrt den ſtachel an den hecken/ Wenn ſich ihr leichter fuß nicht auf die roſen ſetzt. Und wenn ein ſeiden-wurm in werck ſich wil verſtecken/ So fuͤhlet er/ wie ſich ſein krummer leib verletzt. Ein kuß muß ohne krafft auf einer hand erſterben/ Er fuͤhlet keinen mund/ der wieder kuͤſt und beißt/ Der beſte balſam muß wie ſchlechtes ſchmaltz verderben/ Wenn er nicht an der hand und nur an waͤnden gleiſt. Ein kuß lebt auf dem mund/ wie voͤgel in den luͤfften/ Er A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/17
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/17>, abgerufen am 27.11.2024.