Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.Hochzeit-Gedichte. Ein angenehmer blick vertreibet manche grille/Ein treu-verliebter kuß macht tag aus finstrer nacht/ Denn hier ist nur ein sinn/ ein wunsch und auch ein wille[.] Es mag das schicksal gleich aus allen winckeln drohn/ So erndten sie dennoch der eintracht süssen lohn. Wer sagt/ daß lieben nicht vergnügtes leben sey? Wer heißt die ehe nicht des himmels conterfey? Kan auch ein dürrer kern in süssen schalen wohnen? Auf einem nelcken-strauch wächst keine distel nicht. Hier ist ein grüner baum/ wo man vergnügung bricht/ Hier wachsen mandeln nur/ und liebliche eitronen. Schweigt ihr verächter nur/ die ihr den süssen stand Des kummers aufenthalt/ des geistes kercker nennet/ Die ihr fast alle lust aus diesem circul bannt/ Und lieber in das netz der geilen wollust rennet/ Die ehe bleibet doch auch in dem grösten weh Des lebens honigseim/ des kummers Panace. Glückselig bist du nun/ hochwohlgebohrnes paar! Der himmel beut dir auch den süssen becher dar/ Jn welchem mehr als most und Muscateller flüsset. Vergnügung windet dir den immer-grünen krantz/ Sie stecket sternen auf voll licht und voller glantz/ Und speist dich mit confect/ das alle noth versüsset. Die liebe liefert dir die angenehmste tracht/ Jhr garten zinset schon die göldnen Pomerantzen/ Die kein bereifter Nord nicht welck noch dürre macht/ Und die kein gärtner kan in solcher zierde pflantzen. Dich haucht der berge thau wie lauter balsam an/ Und weidet deinen fuß auf schönster rosen-bahn. So lebe dann vergnügt/ so lebe dann erfreut/ Du hochverbundnes paar! daß weder leid noch neid Den bittren gallen-tranck in deinen Nectar mische. Kein trauriger comet strahl deinen himmel an/ Daß deine sonne sich niemahls verfinstern kan/ Und lauter segens-thau dein wohlergehn erfrische! Die keuschheit baut dir schon den liebes-tempel auf/ Des höchsten heiligthum veranckert händ und hertzen. Laß der vergnügung nun den angenehmsten lauff/ Daß
Hochzeit-Gedichte. Ein angenehmer blick vertreibet manche grille/Ein treu-verliebter kuß macht tag aus finſtrer nacht/ Denn hier iſt nur ein ſinn/ ein wunſch und auch ein wille[.] Es mag das ſchickſal gleich aus allen winckeln drohn/ So erndten ſie dennoch der eintracht ſuͤſſen lohn. Wer ſagt/ daß lieben nicht vergnuͤgtes leben ſey? Wer heißt die ehe nicht des himmels conterfey? Kan auch ein duͤrrer kern in ſuͤſſen ſchalen wohnen? Auf einem nelcken-ſtrauch waͤchſt keine diſtel nicht. Hier iſt ein gruͤner baum/ wo man vergnuͤgung bricht/ Hier wachſen mandeln nur/ und liebliche eitronen. Schweigt ihr veraͤchter nur/ die ihr den ſuͤſſen ſtand Des kummers aufenthalt/ des geiſtes kercker nennet/ Die ihr faſt alle luſt aus dieſem circul bannt/ Und lieber in das netz der geilen wolluſt rennet/ Die ehe bleibet doch auch in dem groͤſten weh Des lebens honigſeim/ des kummers Panace. Gluͤckſelig biſt du nun/ hochwohlgebohrnes paar! Der himmel beut dir auch den ſuͤſſen becher dar/ Jn welchem mehr als moſt und Muſcateller fluͤſſet. Vergnuͤgung windet dir den immer-gruͤnen krantz/ Sie ſtecket ſternen auf voll licht und voller glantz/ Und ſpeiſt dich mit confect/ das alle noth verſuͤſſet. Die liebe liefert dir die angenehmſte tracht/ Jhr garten zinſet ſchon die goͤldnen Pomerantzen/ Die kein bereifter Nord nicht welck noch duͤrre macht/ Und die kein gaͤrtner kan in ſolcher zierde pflantzen. Dich haucht der berge thau wie lauter balſam an/ Und weidet deinen fuß auf ſchoͤnſter roſen-bahn. So lebe dann vergnuͤgt/ ſo lebe dann erfreut/ Du hochverbundnes paar! daß weder leid noch neid Den bittren gallen-tranck in deinen Nectar miſche. Kein trauriger comet ſtrahl deinen himmel an/ Daß deine ſonne ſich niemahls verfinſtern kan/ Und lauter ſegens-thau dein wohlergehn erfriſche! Die keuſchheit baut dir ſchon den liebes-tempel auf/ Des hoͤchſten heiligthum veranckert haͤnd und hertzen. Laß der vergnuͤgung nun den angenehmſten lauff/ Daß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0158" n="148"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Ein angenehmer blick vertreibet manche grille/</l><lb/> <l>Ein treu-verliebter kuß macht tag aus finſtrer nacht/</l><lb/> <l>Denn hier iſt nur ein ſinn/ ein wunſch und auch ein wille<supplied>.</supplied></l><lb/> <l>Es mag das ſchickſal gleich aus allen winckeln drohn/</l><lb/> <l>So erndten ſie dennoch der eintracht ſuͤſſen lohn.</l><lb/> <l>Wer ſagt/ daß lieben nicht vergnuͤgtes leben ſey?</l><lb/> <l>Wer heißt die ehe nicht des himmels conterfey?</l><lb/> <l>Kan auch ein duͤrrer kern in ſuͤſſen ſchalen wohnen?</l><lb/> <l>Auf einem nelcken-ſtrauch waͤchſt keine diſtel nicht.</l><lb/> <l>Hier iſt ein gruͤner baum/ wo man vergnuͤgung bricht/</l><lb/> <l>Hier wachſen mandeln nur/ und liebliche eitronen.</l><lb/> <l>Schweigt ihr veraͤchter nur/ die ihr den ſuͤſſen ſtand</l><lb/> <l>Des kummers aufenthalt/ des geiſtes kercker nennet/</l><lb/> <l>Die ihr faſt alle luſt aus dieſem circul bannt/</l><lb/> <l>Und lieber in das netz der geilen wolluſt rennet/</l><lb/> <l>Die ehe bleibet doch auch in dem groͤſten weh</l><lb/> <l>Des lebens honigſeim/ des kummers Panace.</l><lb/> <l>Gluͤckſelig biſt du nun/ hochwohlgebohrnes paar!</l><lb/> <l>Der himmel beut dir auch den ſuͤſſen becher dar/</l><lb/> <l>Jn welchem mehr als moſt und Muſcateller fluͤſſet.</l><lb/> <l>Vergnuͤgung windet dir den immer-gruͤnen krantz/</l><lb/> <l>Sie ſtecket ſternen auf voll licht und voller glantz/</l><lb/> <l>Und ſpeiſt dich mit confect/ das alle noth verſuͤſſet.</l><lb/> <l>Die liebe liefert dir die angenehmſte tracht/</l><lb/> <l>Jhr garten zinſet ſchon die goͤldnen Pomerantzen/</l><lb/> <l>Die kein bereifter Nord nicht welck noch duͤrre macht/</l><lb/> <l>Und die kein gaͤrtner kan in ſolcher zierde pflantzen.</l><lb/> <l>Dich haucht der berge thau wie lauter balſam an/</l><lb/> <l>Und weidet deinen fuß auf ſchoͤnſter roſen-bahn.</l><lb/> <l>So lebe dann vergnuͤgt/ ſo lebe dann erfreut/</l><lb/> <l>Du hochverbundnes paar! daß weder leid noch neid</l><lb/> <l>Den bittren gallen-tranck in deinen Nectar miſche.</l><lb/> <l>Kein trauriger comet ſtrahl deinen himmel an/</l><lb/> <l>Daß deine ſonne ſich niemahls verfinſtern kan/</l><lb/> <l>Und lauter ſegens-thau dein wohlergehn erfriſche!</l><lb/> <l>Die keuſchheit baut dir ſchon den liebes-tempel auf/</l><lb/> <l>Des hoͤchſten heiligthum veranckert haͤnd und hertzen.</l><lb/> <l>Laß der vergnuͤgung nun den angenehmſten lauff/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [148/0158]
Hochzeit-Gedichte.
Ein angenehmer blick vertreibet manche grille/
Ein treu-verliebter kuß macht tag aus finſtrer nacht/
Denn hier iſt nur ein ſinn/ ein wunſch und auch ein wille.
Es mag das ſchickſal gleich aus allen winckeln drohn/
So erndten ſie dennoch der eintracht ſuͤſſen lohn.
Wer ſagt/ daß lieben nicht vergnuͤgtes leben ſey?
Wer heißt die ehe nicht des himmels conterfey?
Kan auch ein duͤrrer kern in ſuͤſſen ſchalen wohnen?
Auf einem nelcken-ſtrauch waͤchſt keine diſtel nicht.
Hier iſt ein gruͤner baum/ wo man vergnuͤgung bricht/
Hier wachſen mandeln nur/ und liebliche eitronen.
Schweigt ihr veraͤchter nur/ die ihr den ſuͤſſen ſtand
Des kummers aufenthalt/ des geiſtes kercker nennet/
Die ihr faſt alle luſt aus dieſem circul bannt/
Und lieber in das netz der geilen wolluſt rennet/
Die ehe bleibet doch auch in dem groͤſten weh
Des lebens honigſeim/ des kummers Panace.
Gluͤckſelig biſt du nun/ hochwohlgebohrnes paar!
Der himmel beut dir auch den ſuͤſſen becher dar/
Jn welchem mehr als moſt und Muſcateller fluͤſſet.
Vergnuͤgung windet dir den immer-gruͤnen krantz/
Sie ſtecket ſternen auf voll licht und voller glantz/
Und ſpeiſt dich mit confect/ das alle noth verſuͤſſet.
Die liebe liefert dir die angenehmſte tracht/
Jhr garten zinſet ſchon die goͤldnen Pomerantzen/
Die kein bereifter Nord nicht welck noch duͤrre macht/
Und die kein gaͤrtner kan in ſolcher zierde pflantzen.
Dich haucht der berge thau wie lauter balſam an/
Und weidet deinen fuß auf ſchoͤnſter roſen-bahn.
So lebe dann vergnuͤgt/ ſo lebe dann erfreut/
Du hochverbundnes paar! daß weder leid noch neid
Den bittren gallen-tranck in deinen Nectar miſche.
Kein trauriger comet ſtrahl deinen himmel an/
Daß deine ſonne ſich niemahls verfinſtern kan/
Und lauter ſegens-thau dein wohlergehn erfriſche!
Die keuſchheit baut dir ſchon den liebes-tempel auf/
Des hoͤchſten heiligthum veranckert haͤnd und hertzen.
Laß der vergnuͤgung nun den angenehmſten lauff/
Daß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/158 |
Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/158>, abgerufen am 16.07.2024. |