Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.Verliebte Gedichte. 3. Jch weiß/ daß dort der höchste preißDer schönheit ausgekramet lieget/ Dran die natur mit ihrem grösten fleiß Ein wunder an das andre füget. Wer doch so selig wär/ Daß nur ein blick so kühn/ so hoch dürfft steigen/ Solt er auch gleich sich wieder neigen Zur wiederkehr. 4. Sind gleich die augen zugethan;Die sonnen sind nur untergangen/ Um wenn der tag wird wieder brechen an/ Mit mehrer glut und glantz zu prangen. Die schönheit wird bey nacht Verstohlen/ (und wär es gleich nicht ihr wille/) Viel sichrer und mit mehrer stille Als tags betracht. 5. Des munds rubin bleibt ohne lichtUnd in dem schlaff gleich hoch geröthet; Doch dienet er zum küssen ietzo nicht/ Wer schläfft/ der scheinet halb getödtet. Drum kan die seele nicht Zum küssen sich auff ihre lippen setzen/ Und jene seele recht ergetzen/ Die küsse bricht. 6. Schlaff sanffte/ göttin/ in der pracht/Der wunder deines leibes gaben/ Der kühlen lufft in dieser stillen nacht Sey die verwundrung eingegraben/ Die aus dem hertzen quillt/ Das sich verwirrt in deiner schönheit netze Und gantz mit liebe deiner schätze Jst angefüllt. Ab-
Verliebte Gedichte. 3. Jch weiß/ daß dort der hoͤchſte preißDer ſchoͤnheit ausgekramet lieget/ Dran die natur mit ihrem groͤſten fleiß Ein wunder an das andre fuͤget. Wer doch ſo ſelig waͤr/ Daß nur ein blick ſo kuͤhn/ ſo hoch duͤrfft ſteigen/ Solt er auch gleich ſich wieder neigen Zur wiederkehr. 4. Sind gleich die augen zugethan;Die ſonnen ſind nur untergangen/ Um wenn der tag wird wieder brechen an/ Mit mehrer glut und glantz zu prangen. Die ſchoͤnheit wird bey nacht Verſtohlen/ (und waͤr es gleich nicht ihr wille/) Viel ſichrer und mit mehrer ſtille Als tags betracht. 5. Des munds rubin bleibt ohne lichtUnd in dem ſchlaff gleich hoch geroͤthet; Doch dienet er zum kuͤſſen ietzo nicht/ Wer ſchlaͤfft/ der ſcheinet halb getoͤdtet. Drum kan die ſeele nicht Zum kuͤſſen ſich auff ihre lippen ſetzen/ Und jene ſeele recht ergetzen/ Die kuͤſſe bricht. 6. Schlaff ſanffte/ goͤttin/ in der pracht/Der wunder deines leibes gaben/ Der kuͤhlen lufft in dieſer ſtillen nacht Sey die verwundrung eingegraben/ Die aus dem hertzen quillt/ Das ſich verwirrt in deiner ſchoͤnheit netze Und gantz mit liebe deiner ſchaͤtze Jſt angefuͤllt. Ab-
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Verliebte Gedichte.
3.
Jch weiß/ daß dort der hoͤchſte preiß
Der ſchoͤnheit ausgekramet lieget/
Dran die natur mit ihrem groͤſten fleiß
Ein wunder an das andre fuͤget.
Wer doch ſo ſelig waͤr/
Daß nur ein blick ſo kuͤhn/ ſo hoch duͤrfft ſteigen/
Solt er auch gleich ſich wieder neigen
Zur wiederkehr.
4.
Sind gleich die augen zugethan;
Die ſonnen ſind nur untergangen/
Um wenn der tag wird wieder brechen an/
Mit mehrer glut und glantz zu prangen.
Die ſchoͤnheit wird bey nacht
Verſtohlen/ (und waͤr es gleich nicht ihr wille/)
Viel ſichrer und mit mehrer ſtille
Als tags betracht.
5.
Des munds rubin bleibt ohne licht
Und in dem ſchlaff gleich hoch geroͤthet;
Doch dienet er zum kuͤſſen ietzo nicht/
Wer ſchlaͤfft/ der ſcheinet halb getoͤdtet.
Drum kan die ſeele nicht
Zum kuͤſſen ſich auff ihre lippen ſetzen/
Und jene ſeele recht ergetzen/
Die kuͤſſe bricht.
6.
Schlaff ſanffte/ goͤttin/ in der pracht/
Der wunder deines leibes gaben/
Der kuͤhlen lufft in dieſer ſtillen nacht
Sey die verwundrung eingegraben/
Die aus dem hertzen quillt/
Das ſich verwirrt in deiner ſchoͤnheit netze
Und gantz mit liebe deiner ſchaͤtze
Jſt angefuͤllt.
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