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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Vermischte Gedichte.
Du wirst den gantzen tisch mit speisen sehn besetzet/
Wenn ein gerichte kaum bey euch die augen füllt/
Man dencket/ wie nur recht der magen werd' ergetzet/
Und daß er nicht so bald für neuem hunger billt.
Jch will dir schwartzen schöps und neues bier gewähren/
Bedencke jene zeit/ wie du gezogen hast/
Du magst bey mir so frisch/ als wie die schlemmer/ zehren/
Die zahlung kommt auf mich/ du bist mein lieber gast.
Die hüner sind allhier nicht auf dem mist gemästet/
Wie man bey euch gewohnt/ das kalbfleisch ist recht fett/
Und wen das rindfleisch hier zum besten nicht geköstet/
So glaub ich/ daß er nicht vernunfft und sinnen hätt.
Es soll an wildpret dir und vogeln gar nicht mangeln/
Da du zu Lauchstädt nur spatz und goldammern speist/
So darffst du nicht wie dort erst deinen weißfisch angeln/
Weil sich ein welß und aal hier auf dem tische weist.
Zu diesem geb ich wein/ den safft von edlen trauben/
Der gar weit herrlicher als euer eßig schmeckt.
Du magst/ mein Seidemann/ mir kühn- und kecklich glauben/
Daß nach dem nectar-tranck man alle singer leckt.
Verzeihe/ daß ich ietzt mit dir auffrichtig schertze/
Denn freunden ist ja nicht dergleichen lust versagt.
Du kennst mein treu gemüth und mein getreues hertze/
So weiß ich/ daß dir auch ein reiner schertz behagt.
Mein mund wird künfftig GOtt ein Halleluja singen/
Wenn dein betrübter hals nur miserere schreyt/
Wenn dir die knaben nicht genugsam holtz einbringen/
Und bey dem strengen frost der baur zehlt jedes scheit.
Zwey freunde haben gantz ein sonderbahr gelücke/
Mich deckt ein steinern hauß/ dich eine leimern wand.
Jch kauff ein halstuch ein/ du küh- und kälber-stricke/
Mein boden der ist fett/ und mager ist dein land.
Es will die dürfftigkeit stets deine nachbarn heissen/
Wenn eine kirmeß dir nicht noch ein träncklein giebt.
Du spinnst wohl seide nicht/ mein Seidemann/ in Meissen/
Dein garn das ist zu grob/ dein faden nicht beliebt.
Das
Vermiſchte Gedichte.
Du wirſt den gantzen tiſch mit ſpeiſen ſehn beſetzet/
Wenn ein gerichte kaum bey euch die augen fuͤllt/
Man dencket/ wie nur recht der magen werd’ ergetzet/
Und daß er nicht ſo bald fuͤr neuem hunger billt.
Jch will dir ſchwartzen ſchoͤps und neues bier gewaͤhren/
Bedencke jene zeit/ wie du gezogen haſt/
Du magſt bey mir ſo friſch/ als wie die ſchlemmer/ zehren/
Die zahlung kommt auf mich/ du biſt mein lieber gaſt.
Die huͤner ſind allhier nicht auf dem miſt gemaͤſtet/
Wie man bey euch gewohnt/ das kalbfleiſch iſt recht fett/
Und wen das rindfleiſch hier zum beſten nicht gekoͤſtet/
So glaub ich/ daß er nicht vernunfft und ſinnen haͤtt.
Es ſoll an wildpret dir und vogeln gar nicht mangeln/
Da du zu Lauchſtaͤdt nur ſpatz und goldammern ſpeiſt/
So darffſt du nicht wie dort erſt deinen weißfiſch angeln/
Weil ſich ein welß und aal hier auf dem tiſche weiſt.
Zu dieſem geb ich wein/ den ſafft von edlen trauben/
Der gar weit herrlicher als euer eßig ſchmeckt.
Du magſt/ mein Seidemann/ mir kuͤhn- und kecklich glauben/
Daß nach dem nectar-tranck man alle ſinger leckt.
Verzeihe/ daß ich ietzt mit dir auffrichtig ſchertze/
Denn freunden iſt ja nicht dergleichen luſt verſagt.
Du kennſt mein treu gemuͤth und mein getreues hertze/
So weiß ich/ daß dir auch ein reiner ſchertz behagt.
Mein mund wird kuͤnfftig GOtt ein Halleluja ſingen/
Wenn dein betruͤbter hals nur miſerere ſchreyt/
Wenn dir die knaben nicht genugſam holtz einbringen/
Und bey dem ſtrengen froſt der baur zehlt jedes ſcheit.
Zwey freunde haben gantz ein ſonderbahr geluͤcke/
Mich deckt ein ſteinern hauß/ dich eine leimern wand.
Jch kauff ein halstuch ein/ du kuͤh- und kaͤlber-ſtricke/
Mein boden der iſt fett/ und mager iſt dein land.
Es will die duͤrfftigkeit ſtets deine nachbarn heiſſen/
Wenn eine kirmeß dir nicht noch ein traͤncklein giebt.
Du ſpinnſt wohl ſeide nicht/ mein Seidemann/ in Meiſſen/
Dein garn das iſt zu grob/ dein faden nicht beliebt.
Das
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[322/0338] Vermiſchte Gedichte. Du wirſt den gantzen tiſch mit ſpeiſen ſehn beſetzet/ Wenn ein gerichte kaum bey euch die augen fuͤllt/ Man dencket/ wie nur recht der magen werd’ ergetzet/ Und daß er nicht ſo bald fuͤr neuem hunger billt. Jch will dir ſchwartzen ſchoͤps und neues bier gewaͤhren/ Bedencke jene zeit/ wie du gezogen haſt/ Du magſt bey mir ſo friſch/ als wie die ſchlemmer/ zehren/ Die zahlung kommt auf mich/ du biſt mein lieber gaſt. Die huͤner ſind allhier nicht auf dem miſt gemaͤſtet/ Wie man bey euch gewohnt/ das kalbfleiſch iſt recht fett/ Und wen das rindfleiſch hier zum beſten nicht gekoͤſtet/ So glaub ich/ daß er nicht vernunfft und ſinnen haͤtt. Es ſoll an wildpret dir und vogeln gar nicht mangeln/ Da du zu Lauchſtaͤdt nur ſpatz und goldammern ſpeiſt/ So darffſt du nicht wie dort erſt deinen weißfiſch angeln/ Weil ſich ein welß und aal hier auf dem tiſche weiſt. Zu dieſem geb ich wein/ den ſafft von edlen trauben/ Der gar weit herrlicher als euer eßig ſchmeckt. Du magſt/ mein Seidemann/ mir kuͤhn- und kecklich glauben/ Daß nach dem nectar-tranck man alle ſinger leckt. Verzeihe/ daß ich ietzt mit dir auffrichtig ſchertze/ Denn freunden iſt ja nicht dergleichen luſt verſagt. Du kennſt mein treu gemuͤth und mein getreues hertze/ So weiß ich/ daß dir auch ein reiner ſchertz behagt. Mein mund wird kuͤnfftig GOtt ein Halleluja ſingen/ Wenn dein betruͤbter hals nur miſerere ſchreyt/ Wenn dir die knaben nicht genugſam holtz einbringen/ Und bey dem ſtrengen froſt der baur zehlt jedes ſcheit. Zwey freunde haben gantz ein ſonderbahr geluͤcke/ Mich deckt ein ſteinern hauß/ dich eine leimern wand. Jch kauff ein halstuch ein/ du kuͤh- und kaͤlber-ſtricke/ Mein boden der iſt fett/ und mager iſt dein land. Es will die duͤrfftigkeit ſtets deine nachbarn heiſſen/ Wenn eine kirmeß dir nicht noch ein traͤncklein giebt. Du ſpinnſt wohl ſeide nicht/ mein Seidemann/ in Meiſſen/ Dein garn das iſt zu grob/ dein faden nicht beliebt. Das

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/338>, abgerufen am 28.12.2024.