Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Begräbniß-Gedichte.
So must es/ traurige/ der mutter auch ergehn;
Jhr alter war nunmehr biß in den winter kommen:
Weil sie von neuem nun soll wieder aufferstehn/
So hat der krancke mertz die kälte weggenommen.
Wir graben nichts als schnee und schwache glieder ein;
Dort aber scheinet schon der frühling ihrer seelen/
Und schreibt euch insgesamt auf ihren leichen-stein:
Wer GOtt liebt/ soll sich nicht um fromme seelen quälen.


Auf das absterben Hn. J. P.
Sonnet.
DJe ihr der erden creyß nach maaß und circkel mest/
Und einem ieden theil gewisse gräntzen schreibet/
Des himmels grosse welt in eur gehirne treibet/
Und was noch über der der Höchste hangen läst/
Zu gründen niemals nicht ermüdet seyd gewest;
Glaubt/ daß sehr viel von euch noch ungemessen bleibet:
Und ob ihr maaß und ziel den sternen einverleibet/
So schaut doch/ daß ihr nicht eur selbst darbey vergest:
Mest diesen engen raum/ wo Placentinens glieder
Bey vielen andern sich zur ruhe lassen nieder:
Sagt uns/ wie breit und lang/ wie tieff des todten grufft?
Wie kan den grossen mann diß kleine grab umbschlissen/
Der seine wissenschafft die halbe welt ließ wissen?
Doch ruht er hie/ nun GOtt ihn aus dem leben rufft.


Auf das absterben Fr. F. Gärtnerin/ G. S.
FRau Gärtnern/ ihrer grufft gebührt ein blumen-garten/
Die Flora solte selbst mit ihr zu grabe gehn/
Und ihrer bilder glantz/ die blumen bester arten/
Um ihren zarten leib in voller blüthe stehn:
Es
N 2
Begraͤbniß-Gedichte.
So muſt es/ traurige/ der mutter auch ergehn;
Jhr alter war nunmehr biß in den winter kommen:
Weil ſie von neuem nun ſoll wieder aufferſtehn/
So hat der krancke mertz die kaͤlte weggenommen.
Wir graben nichts als ſchnee und ſchwache glieder ein;
Dort aber ſcheinet ſchon der fruͤhling ihrer ſeelen/
Und ſchreibt euch insgeſamt auf ihren leichen-ſtein:
Wer GOtt liebt/ ſoll ſich nicht um fromme ſeelen quaͤlen.


Auf das abſterben Hn. J. P.
Sonnet.
DJe ihr der erden creyß nach maaß und circkel meſt/
Und einem ieden theil gewiſſe graͤntzen ſchreibet/
Des himmels groſſe welt in eur gehirne treibet/
Und was noch uͤber der der Hoͤchſte hangen laͤſt/
Zu gruͤnden niemals nicht ermuͤdet ſeyd geweſt;
Glaubt/ daß ſehr viel von euch noch ungemeſſen bleibet:
Und ob ihr maaß und ziel den ſternen einverleibet/
So ſchaut doch/ daß ihr nicht eur ſelbſt darbey vergeſt:
Meſt dieſen engen raum/ wo Placentinens glieder
Bey vielen andern ſich zur ruhe laſſen nieder:
Sagt uns/ wie breit und lang/ wie tieff des todten grufft?
Wie kan den groſſen mann diß kleine grab umbſchliſſen/
Der ſeine wiſſenſchafft die halbe welt ließ wiſſen?
Doch ruht er hie/ nun GOtt ihn aus dem leben rufft.


Auf das abſterben Fr. F. Gaͤrtnerin/ G. S.
FRau Gaͤrtnern/ ihrer grufft gebuͤhrt ein blumen-garten/
Die Flora ſolte ſelbſt mit ihr zu grabe gehn/
Und ihrer bilder glantz/ die blumen beſter arten/
Um ihren zarten leib in voller bluͤthe ſtehn:
Es
N 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0211" n="195"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <l>So mu&#x017F;t es/ traurige/ der mutter auch ergehn;</l><lb/>
          <l>Jhr alter war nunmehr biß in den winter kommen:</l><lb/>
          <l>Weil &#x017F;ie von neuem nun &#x017F;oll wieder auffer&#x017F;tehn/</l><lb/>
          <l>So hat der krancke mertz die ka&#x0364;lte weggenommen.</l><lb/>
          <l>Wir graben nichts als &#x017F;chnee und &#x017F;chwache glieder ein;</l><lb/>
          <l>Dort aber &#x017F;cheinet &#x017F;chon der fru&#x0364;hling ihrer &#x017F;eelen/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;chreibt euch insge&#x017F;amt auf ihren leichen-&#x017F;tein:</l><lb/>
          <l>Wer GOtt liebt/ &#x017F;oll &#x017F;ich nicht um fromme &#x017F;eelen qua&#x0364;len.</l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#fr">Auf das ab&#x017F;terben Hn. J. P.<lb/>
Sonnet.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>Je ihr der erden creyß nach maaß und circkel me&#x017F;t/</l><lb/>
            <l>Und einem ieden theil gewi&#x017F;&#x017F;e gra&#x0364;ntzen &#x017F;chreibet/</l><lb/>
            <l>Des himmels gro&#x017F;&#x017F;e welt in eur gehirne treibet/</l><lb/>
            <l>Und was noch u&#x0364;ber der der Ho&#x0364;ch&#x017F;te hangen la&#x0364;&#x017F;t/</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Zu gru&#x0364;nden niemals nicht ermu&#x0364;det &#x017F;eyd gewe&#x017F;t;</l><lb/>
            <l>Glaubt/ daß &#x017F;ehr viel von euch noch ungeme&#x017F;&#x017F;en bleibet:</l><lb/>
            <l>Und ob ihr maaß und ziel den &#x017F;ternen einverleibet/</l><lb/>
            <l>So &#x017F;chaut doch/ daß ihr nicht eur &#x017F;elb&#x017F;t darbey verge&#x017F;t:</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Me&#x017F;t die&#x017F;en engen raum/ wo Placentinens glieder</l><lb/>
            <l>Bey vielen andern &#x017F;ich zur ruhe la&#x017F;&#x017F;en nieder:</l><lb/>
            <l>Sagt uns/ wie breit und lang/ wie tieff des todten grufft?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Wie kan den gro&#x017F;&#x017F;en mann diß kleine grab umb&#x017F;chli&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;eine wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft die halbe welt ließ wi&#x017F;&#x017F;en?</l><lb/>
            <l>Doch ruht er hie/ nun GOtt ihn aus dem leben rufft.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#fr">Auf das ab&#x017F;terben Fr. F. Ga&#x0364;rtnerin/ G. S.</hi> </head><lb/>
          <lg n="5">
            <l><hi rendition="#in">F</hi>Rau Ga&#x0364;rtnern/ ihrer grufft gebu&#x0364;hrt ein blumen-garten/</l><lb/>
            <l>Die Flora &#x017F;olte &#x017F;elb&#x017F;t mit ihr zu grabe gehn/</l><lb/>
            <l>Und ihrer bilder glantz/ die blumen be&#x017F;ter arten/</l><lb/>
            <l>Um ihren zarten leib in voller blu&#x0364;the &#x017F;tehn:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0211] Begraͤbniß-Gedichte. So muſt es/ traurige/ der mutter auch ergehn; Jhr alter war nunmehr biß in den winter kommen: Weil ſie von neuem nun ſoll wieder aufferſtehn/ So hat der krancke mertz die kaͤlte weggenommen. Wir graben nichts als ſchnee und ſchwache glieder ein; Dort aber ſcheinet ſchon der fruͤhling ihrer ſeelen/ Und ſchreibt euch insgeſamt auf ihren leichen-ſtein: Wer GOtt liebt/ ſoll ſich nicht um fromme ſeelen quaͤlen. Auf das abſterben Hn. J. P. Sonnet. DJe ihr der erden creyß nach maaß und circkel meſt/ Und einem ieden theil gewiſſe graͤntzen ſchreibet/ Des himmels groſſe welt in eur gehirne treibet/ Und was noch uͤber der der Hoͤchſte hangen laͤſt/ Zu gruͤnden niemals nicht ermuͤdet ſeyd geweſt; Glaubt/ daß ſehr viel von euch noch ungemeſſen bleibet: Und ob ihr maaß und ziel den ſternen einverleibet/ So ſchaut doch/ daß ihr nicht eur ſelbſt darbey vergeſt: Meſt dieſen engen raum/ wo Placentinens glieder Bey vielen andern ſich zur ruhe laſſen nieder: Sagt uns/ wie breit und lang/ wie tieff des todten grufft? Wie kan den groſſen mann diß kleine grab umbſchliſſen/ Der ſeine wiſſenſchafft die halbe welt ließ wiſſen? Doch ruht er hie/ nun GOtt ihn aus dem leben rufft. Auf das abſterben Fr. F. Gaͤrtnerin/ G. S. FRau Gaͤrtnern/ ihrer grufft gebuͤhrt ein blumen-garten/ Die Flora ſolte ſelbſt mit ihr zu grabe gehn/ Und ihrer bilder glantz/ die blumen beſter arten/ Um ihren zarten leib in voller bluͤthe ſtehn: Es N 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/211
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/211>, abgerufen am 26.11.2024.