Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.
Du stellst/ mein Pufendorff/ ein herrlich muster dar! Dein unermüdter fleiß und feurige begierde Hat sich der welt gezeigt in recht vollkommner zierde/ Und wiese/ daß an dir was mehr als edles war. Staats-rechts- und weißheit-lehr/ beschreibung der geschichte/ Und sitten-kunst spielt ietzt von dir mit neuem lichte. Ach ungemeiner geist! ach schmertzlicher verlust! Soll denn dein edler kiel schon feyer-abend machen/ Und uns nicht ferner mehr beschreiben kluge sachen? Vergebens! denn der schluß des Höchsten spricht: du must! Es achtet nicht der tod natur- und völcker-rechte/ Er raubt ohn unterscheid die herren wie die knechte. GOtt theilt zwar iedes ding nach maaß und zahlen ein; Doch unser vorwitz hat noch nicht gewiß ergründet/ Warum manch mensch sein end im staffel-jahre findet Und neun und sieben ihm gefährlich sollen seyn? Daß neun und viertzig meist und drey und sechzig jahre Die klugen mehrentheils gebracht zur todten-bahre. Betrübte/ derer hertz in blut und thränen schwimmt/ Daß euer ehgemahl und vater ist erblasset; Hemmt eure traurigkeit/ wo ihr euch selbst nicht hasset! Wohl dem! der aus der welt so rühmlich abschied nimt/ Und vor dis jammerthal den himmel kan ererben; Es bleibet doch dabey: wir müssen alle sterben. Was ist das leben doch? nichts als gebrechlich glaß; Ein nebel/ wie diß wort wird umgekehrt gelesen/ Der
Du ſtellſt/ mein Pufendorff/ ein herrlich muſter dar! Dein unermuͤdter fleiß und feurige begierde Hat ſich der welt gezeigt in recht vollkommner zierde/ Und wieſe/ daß an dir was mehr als edles war. Staats-rechts- und weißheit-lehr/ beſchreibung der geſchichte/ Und ſitten-kunſt ſpielt ietzt von dir mit neuem lichte. Ach ungemeiner geiſt! ach ſchmertzlicher verluſt! Soll denn dein edler kiel ſchon feyer-abend machen/ Und uns nicht ferner mehr beſchreiben kluge ſachen? Vergebens! denn der ſchluß des Hoͤchſten ſpricht: du muſt! Es achtet nicht der tod natur- und voͤlcker-rechte/ Er raubt ohn unterſcheid die herren wie die knechte. GOtt theilt zwar iedes ding nach maaß und zahlen ein; Doch unſer vorwitz hat noch nicht gewiß ergruͤndet/ Warum manch menſch ſein end im ſtaffel-jahre findet Und neun und ſieben ihm gefaͤhrlich ſollen ſeyn? Daß neun und viertzig meiſt und drey und ſechzig jahre Die klugen mehrentheils gebracht zur todten-bahre. Betruͤbte/ derer hertz in blut und thraͤnen ſchwimmt/ Daß euer ehgemahl und vater iſt erblaſſet; Hemmt eure traurigkeit/ wo ihr euch ſelbſt nicht haſſet! Wohl dem! der aus der welt ſo ruͤhmlich abſchied nimt/ Und vor dis jammerthal den himmel kan ererben; Es bleibet doch dabey: wir muͤſſen alle ſterben. Was iſt das leben doch? nichts als gebrechlich glaß; Ein nebel/ wie diß wort wird umgekehrt geleſen/ Der
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Begraͤbniß-Gedichte.
So wird man gleichfals auch ihn ehren/ loben/ lieben/
Es iſt ja nicht genug/ daß man nur urtheil faͤllt.
Dort konte Momus zwar viel tadeln und verlachen/
Doch aber ſelber nicht was ſchlechtes beſſer machen.
Du ſtellſt/ mein Pufendorff/ ein herrlich muſter dar!
Dein unermuͤdter fleiß und feurige begierde
Hat ſich der welt gezeigt in recht vollkommner zierde/
Und wieſe/ daß an dir was mehr als edles war.
Staats-rechts- und weißheit-lehr/ beſchreibung der geſchichte/
Und ſitten-kunſt ſpielt ietzt von dir mit neuem lichte.
Ach ungemeiner geiſt! ach ſchmertzlicher verluſt!
Soll denn dein edler kiel ſchon feyer-abend machen/
Und uns nicht ferner mehr beſchreiben kluge ſachen?
Vergebens! denn der ſchluß des Hoͤchſten ſpricht: du muſt!
Es achtet nicht der tod natur- und voͤlcker-rechte/
Er raubt ohn unterſcheid die herren wie die knechte.
GOtt theilt zwar iedes ding nach maaß und zahlen ein;
Doch unſer vorwitz hat noch nicht gewiß ergruͤndet/
Warum manch menſch ſein end im ſtaffel-jahre findet
Und neun und ſieben ihm gefaͤhrlich ſollen ſeyn?
Daß neun und viertzig meiſt und drey und ſechzig jahre
Die klugen mehrentheils gebracht zur todten-bahre.
Betruͤbte/ derer hertz in blut und thraͤnen ſchwimmt/
Daß euer ehgemahl und vater iſt erblaſſet;
Hemmt eure traurigkeit/ wo ihr euch ſelbſt nicht haſſet!
Wohl dem! der aus der welt ſo ruͤhmlich abſchied nimt/
Und vor dis jammerthal den himmel kan ererben;
Es bleibet doch dabey: wir muͤſſen alle ſterben.
Was iſt das leben doch? nichts als gebrechlich glaß;
Ein nebel/ wie diß wort wird umgekehrt geleſen/
Der
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