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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Hochzeit-Gedichte.
Der himmel woll' an euch ein edle jucca zeigen/
Aus deren doppel-stamm stets wechsel-äste steigen/
Die jährlich einen zweig in blüte lassen sehn.
Es blühet engel-süß an felsen und an eichen/
So müss' auch euer süß sich eich- und felsen gleichen/
Lieb stöckel welcke nicht bey euch durchs gantze jahr/
Kein gifft der wolffes-milch/ kein mehlthau thu euch schade/
Hingegen blühe stets die reiche GOttes-gnade/
Biß daß cypressen krönt eur winter-graues haar.


Auf die hochzeit Hn. Friedrich Perlitzes mit
Jungfer Anna Dorothea Sommers.

C. S. L.
JTzt da die schwalben gleich beginnen abzuziehen/
Und dieser lande sich verliehren allgemach/
So sucht herr Perlitz auch dem winter zu entfliehen/
Und zeucht mit dieser schaar dem warmen sommer nach.
Mich dünckt ich werde nicht was ungereimtes setzen/
Wenn meine feder ihn den schwalben ähnlich macht.
Die frechen adler sind den räubern gleich zu schätzen/
Und tauben machet fast die einfalt gar veracht.
Bey schwalben aber ist mit unschuld witz verbunden/
Wie uns ihr klüglich thun und frommer wandel zeigt:
Und beydes hat bey ihm/ herr bräutigam/ gefunden/
Wer sein gemüth erforscht und ihm nicht abgeneigt.
Die schwalben sind mit schwartz bekleidet auf dem rücken;
Und diese farbe schlägt auch seinem stande bey:
Wie jener reine brust beschneete liljen schmücken;
So ist sein hertz geziert mit ungefärbter treu.
Wo Gottes-häuser sind/ da nisten an den wänden
Nicht ungern/ wie man sieht/ sich diese vögel ein:
So hat ihn GOttes schluß in tempel wollen senden/
Und seine wohnstatt wird nah an der kirchen seyn.
Jsts also/ wie gar viel von den gelehrten schreiben/
Daß sich die schwalbe nur allein im fluge nehrt;
So
L 2
Hochzeit-Gedichte.
Der himmel woll’ an euch ein edle jucca zeigen/
Aus deren doppel-ſtamm ſtets wechſel-aͤſte ſteigen/
Die jaͤhrlich einen zweig in bluͤte laſſen ſehn.
Es bluͤhet engel-ſuͤß an felſen und an eichen/
So muͤſſ’ auch euer ſuͤß ſich eich- und felſen gleichen/
Lieb ſtoͤckel welcke nicht bey euch durchs gantze jahr/
Kein gifft der wolffes-milch/ kein mehlthau thu euch ſchade/
Hingegen bluͤhe ſtets die reiche GOttes-gnade/
Biß daß cypreſſen kroͤnt eur winter-graues haar.


Auf die hochzeit Hn. Friedrich Perlitzes mit
Jungfer Anna Dorothea Sommers.

C. S. L.
JTzt da die ſchwalben gleich beginnen abzuziehen/
Und dieſer lande ſich verliehren allgemach/
So ſucht herr Perlitz auch dem winter zu entfliehen/
Und zeucht mit dieſer ſchaar dem warmen ſommer nach.
Mich duͤnckt ich werde nicht was ungereimtes ſetzen/
Wenn meine feder ihn den ſchwalben aͤhnlich macht.
Die frechen adler ſind den raͤubern gleich zu ſchaͤtzen/
Und tauben machet faſt die einfalt gar veracht.
Bey ſchwalben aber iſt mit unſchuld witz verbunden/
Wie uns ihr kluͤglich thun und frommer wandel zeigt:
Und beydes hat bey ihm/ herr braͤutigam/ gefunden/
Wer ſein gemuͤth erforſcht und ihm nicht abgeneigt.
Die ſchwalben ſind mit ſchwartz bekleidet auf dem ruͤcken;
Und dieſe farbe ſchlaͤgt auch ſeinem ſtande bey:
Wie jener reine bruſt beſchneete liljen ſchmuͤcken;
So iſt ſein hertz geziert mit ungefaͤrbter treu.
Wo Gottes-haͤuſer ſind/ da niſten an den waͤnden
Nicht ungern/ wie man ſieht/ ſich dieſe voͤgel ein:
So hat ihn GOttes ſchluß in tempel wollen ſenden/
Und ſeine wohnſtatt wird nah an der kirchen ſeyn.
Jſts alſo/ wie gar viel von den gelehrten ſchreiben/
Daß ſich die ſchwalbe nur allein im fluge nehrt;
So
L 2
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[163/0179] Hochzeit-Gedichte. Der himmel woll’ an euch ein edle jucca zeigen/ Aus deren doppel-ſtamm ſtets wechſel-aͤſte ſteigen/ Die jaͤhrlich einen zweig in bluͤte laſſen ſehn. Es bluͤhet engel-ſuͤß an felſen und an eichen/ So muͤſſ’ auch euer ſuͤß ſich eich- und felſen gleichen/ Lieb ſtoͤckel welcke nicht bey euch durchs gantze jahr/ Kein gifft der wolffes-milch/ kein mehlthau thu euch ſchade/ Hingegen bluͤhe ſtets die reiche GOttes-gnade/ Biß daß cypreſſen kroͤnt eur winter-graues haar. Auf die hochzeit Hn. Friedrich Perlitzes mit Jungfer Anna Dorothea Sommers. C. S. L. JTzt da die ſchwalben gleich beginnen abzuziehen/ Und dieſer lande ſich verliehren allgemach/ So ſucht herr Perlitz auch dem winter zu entfliehen/ Und zeucht mit dieſer ſchaar dem warmen ſommer nach. Mich duͤnckt ich werde nicht was ungereimtes ſetzen/ Wenn meine feder ihn den ſchwalben aͤhnlich macht. Die frechen adler ſind den raͤubern gleich zu ſchaͤtzen/ Und tauben machet faſt die einfalt gar veracht. Bey ſchwalben aber iſt mit unſchuld witz verbunden/ Wie uns ihr kluͤglich thun und frommer wandel zeigt: Und beydes hat bey ihm/ herr braͤutigam/ gefunden/ Wer ſein gemuͤth erforſcht und ihm nicht abgeneigt. Die ſchwalben ſind mit ſchwartz bekleidet auf dem ruͤcken; Und dieſe farbe ſchlaͤgt auch ſeinem ſtande bey: Wie jener reine bruſt beſchneete liljen ſchmuͤcken; So iſt ſein hertz geziert mit ungefaͤrbter treu. Wo Gottes-haͤuſer ſind/ da niſten an den waͤnden Nicht ungern/ wie man ſieht/ ſich dieſe voͤgel ein: So hat ihn GOttes ſchluß in tempel wollen ſenden/ Und ſeine wohnſtatt wird nah an der kirchen ſeyn. Jſts alſo/ wie gar viel von den gelehrten ſchreiben/ Daß ſich die ſchwalbe nur allein im fluge nehrt; So L 2

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/179>, abgerufen am 22.11.2024.