Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Verliebte Gedichte.
Er sahe sie wider die gewohnheit bey noch
gantz frühem morgen.

C. E.
MElinde/ deine gunst will mich zu früh beglücken/
Mein schlumrend auge war vom schlaffe kaum erwacht/
Da kont es allbereits an deiner pracht erblicken
Ein etwas/ so dich selbst der sonnen ähnlich macht.
Jch sah' ein lodrend feur aus deinen augen blitzen/
Und einen solchen brand/ der sonnen nur gebührt;
Ein feur/ das durch und durch die geister kan erhitzen/
Und sternen-gleiche krafft in seinen strahlen führt.
Hegt nun dein heisses aug' der sonnen glut und flammen/
Trifft glantz und würckung selbst so reichlich bey dir ein/
So wirstu warlich nicht ein kühnes wort verdammen/
Das dich mit höchstem recht heist meine sonne seyn.
Die sonne bringt den tag/ der tag giebt freud und leben;
Melinde/ glaube mir/ du bist mein sonnen-licht/
Drum kanstu anders nichts als anmuth von dir geben/
Wenn dein befeurter glantz durch beyde augen bricht.
Und wie der sonnen glut die gantze welt erhitzet/
Und alle flammen auch durch ihre krafft besiegt;
So weistu/ wann dein feur auff unsre hertzen blitzet/
Daß geist und seele selbst durch solchen brand erliegt.
Hat in der alten welt bey den bethörten heyden
Der sonnen/ als eim gott/ ein göttlich lob gehört;
Wie viel mit grösserm recht kan man auff erden leiden/
Daß du als göttin wirst von aller welt verehrt.
Denn laß die sonne gleich den kreyß des himmels zieren/
Laß ihren glantz auch gehn weit über sternen-pracht;
So wird sie warlich dir auch nicht den ruhm entführen/
Daß dich der himmel selbst zur irrdschen sonne macht.
Genug! ich kan nicht wohl von deinen sonnen sprechen/
Ein sterblich auge wird durch solchen glantz verblendt;
Nur laß ihr feuer nicht zu hefftig auff mich stechen/
Sonst glaube für gewiß/ daß sich mein leben end.
Man
F 4
Verliebte Gedichte.
Er ſahe ſie wider die gewohnheit bey noch
gantz fruͤhem morgen.

C. E.
MElinde/ deine gunſt will mich zu fruͤh begluͤcken/
Mein ſchlumꝛend auge waꝛ vom ſchlaffe kaum eꝛwacht/
Da kont es allbereits an deiner pracht erblicken
Ein etwas/ ſo dich ſelbſt der ſonnen aͤhnlich macht.
Jch ſah’ ein lodrend feur aus deinen augen blitzen/
Und einen ſolchen brand/ der ſonnen nur gebuͤhrt;
Ein feur/ das durch und durch die geiſter kan erhitzen/
Und ſternen-gleiche krafft in ſeinen ſtrahlen fuͤhrt.
Hegt nun dein heiſſes aug’ der ſonnen glut und flammen/
Trifft glantz und wuͤrckung ſelbſt ſo reichlich bey dir ein/
So wirſtu warlich nicht ein kuͤhnes wort verdammen/
Das dich mit hoͤchſtem recht heiſt meine ſonne ſeyn.
Die ſonne bringt den tag/ der tag giebt freud und leben;
Melinde/ glaube mir/ du biſt mein ſonnen-licht/
Drum kanſtu anders nichts als anmuth von dir geben/
Wenn dein befeurter glantz durch beyde augen bricht.
Und wie der ſonnen glut die gantze welt erhitzet/
Und alle flammen auch durch ihre krafft beſiegt;
So weiſtu/ wann dein feur auff unſre hertzen blitzet/
Daß geiſt und ſeele ſelbſt durch ſolchen brand erliegt.
Hat in der alten welt bey den bethoͤrten heyden
Der ſonnen/ als eim gott/ ein goͤttlich lob gehoͤrt;
Wie viel mit groͤſſerm recht kan man auff erden leiden/
Daß du als goͤttin wirſt von aller welt verehrt.
Denn laß die ſonne gleich den kreyß des himmels zieren/
Laß ihren glantz auch gehn weit uͤber ſternen-pracht;
So wird ſie warlich dir auch nicht den ruhm entfuͤhren/
Daß dich der himmel ſelbſt zur irrdſchen ſonne macht.
Genug! ich kan nicht wohl von deinen ſonnen ſprechen/
Ein ſterblich auge wird durch ſolchen glantz verblendt;
Nur laß ihr feuer nicht zu hefftig auff mich ſtechen/
Sonſt glaube fuͤr gewiß/ daß ſich mein leben end.
Man
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0103" n="87"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#fr">Er &#x017F;ahe &#x017F;ie wider die gewohnheit bey noch<lb/>
gantz fru&#x0364;hem morgen.</hi><lb/>
C. E.</head><lb/>
          <l><hi rendition="#in">M</hi>Elinde/ deine gun&#x017F;t will mich zu fru&#x0364;h beglu&#x0364;cken/</l><lb/>
          <l>Mein &#x017F;chlum&#xA75B;end auge wa&#xA75B; vom &#x017F;chlaffe kaum e&#xA75B;wacht/</l><lb/>
          <l>Da kont es allbereits an deiner pracht erblicken</l><lb/>
          <l>Ein etwas/ &#x017F;o dich &#x017F;elb&#x017F;t der &#x017F;onnen a&#x0364;hnlich macht.</l><lb/>
          <l>Jch &#x017F;ah&#x2019; ein lodrend feur aus deinen augen blitzen/</l><lb/>
          <l>Und einen &#x017F;olchen brand/ der &#x017F;onnen nur gebu&#x0364;hrt;</l><lb/>
          <l>Ein feur/ das durch und durch die gei&#x017F;ter kan erhitzen/</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ternen-gleiche krafft in &#x017F;einen &#x017F;trahlen fu&#x0364;hrt.</l><lb/>
          <l>Hegt nun dein hei&#x017F;&#x017F;es aug&#x2019; der &#x017F;onnen glut und flammen/</l><lb/>
          <l>Trifft glantz und wu&#x0364;rckung &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o reichlich bey dir ein/</l><lb/>
          <l>So wir&#x017F;tu warlich nicht ein ku&#x0364;hnes wort verdammen/</l><lb/>
          <l>Das dich mit ho&#x0364;ch&#x017F;tem recht hei&#x017F;t meine &#x017F;onne &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;onne bringt den tag/ der tag giebt freud und leben;</l><lb/>
          <l>Melinde/ glaube mir/ du bi&#x017F;t mein &#x017F;onnen-licht/</l><lb/>
          <l>Drum kan&#x017F;tu anders nichts als anmuth von dir geben/</l><lb/>
          <l>Wenn dein befeurter glantz durch beyde augen bricht.</l><lb/>
          <l>Und wie der &#x017F;onnen glut die gantze welt erhitzet/</l><lb/>
          <l>Und alle flammen auch durch ihre krafft be&#x017F;iegt;</l><lb/>
          <l>So wei&#x017F;tu/ wann dein feur auff un&#x017F;re hertzen blitzet/</l><lb/>
          <l>Daß gei&#x017F;t und &#x017F;eele &#x017F;elb&#x017F;t durch &#x017F;olchen brand erliegt.</l><lb/>
          <l>Hat in der alten welt bey den betho&#x0364;rten heyden</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;onnen/ als eim gott/ ein go&#x0364;ttlich lob geho&#x0364;rt;</l><lb/>
          <l>Wie viel mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erm recht kan man auff erden leiden/</l><lb/>
          <l>Daß du als go&#x0364;ttin wir&#x017F;t von aller welt verehrt.</l><lb/>
          <l>Denn laß die &#x017F;onne gleich den kreyß des himmels zieren/</l><lb/>
          <l>Laß ihren glantz auch gehn weit u&#x0364;ber &#x017F;ternen-pracht;</l><lb/>
          <l>So wird &#x017F;ie warlich dir auch nicht den ruhm entfu&#x0364;hren/</l><lb/>
          <l>Daß dich der himmel &#x017F;elb&#x017F;t zur irrd&#x017F;chen &#x017F;onne macht.</l><lb/>
          <l>Genug! ich kan nicht wohl von deinen &#x017F;onnen &#x017F;prechen/</l><lb/>
          <l>Ein &#x017F;terblich auge wird durch &#x017F;olchen glantz verblendt;</l><lb/>
          <l>Nur laß ihr feuer nicht zu hefftig auff mich &#x017F;techen/</l><lb/>
          <l>Son&#x017F;t glaube fu&#x0364;r gewiß/ daß &#x017F;ich mein leben end.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">F 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0103] Verliebte Gedichte. Er ſahe ſie wider die gewohnheit bey noch gantz fruͤhem morgen. C. E. MElinde/ deine gunſt will mich zu fruͤh begluͤcken/ Mein ſchlumꝛend auge waꝛ vom ſchlaffe kaum eꝛwacht/ Da kont es allbereits an deiner pracht erblicken Ein etwas/ ſo dich ſelbſt der ſonnen aͤhnlich macht. Jch ſah’ ein lodrend feur aus deinen augen blitzen/ Und einen ſolchen brand/ der ſonnen nur gebuͤhrt; Ein feur/ das durch und durch die geiſter kan erhitzen/ Und ſternen-gleiche krafft in ſeinen ſtrahlen fuͤhrt. Hegt nun dein heiſſes aug’ der ſonnen glut und flammen/ Trifft glantz und wuͤrckung ſelbſt ſo reichlich bey dir ein/ So wirſtu warlich nicht ein kuͤhnes wort verdammen/ Das dich mit hoͤchſtem recht heiſt meine ſonne ſeyn. Die ſonne bringt den tag/ der tag giebt freud und leben; Melinde/ glaube mir/ du biſt mein ſonnen-licht/ Drum kanſtu anders nichts als anmuth von dir geben/ Wenn dein befeurter glantz durch beyde augen bricht. Und wie der ſonnen glut die gantze welt erhitzet/ Und alle flammen auch durch ihre krafft beſiegt; So weiſtu/ wann dein feur auff unſre hertzen blitzet/ Daß geiſt und ſeele ſelbſt durch ſolchen brand erliegt. Hat in der alten welt bey den bethoͤrten heyden Der ſonnen/ als eim gott/ ein goͤttlich lob gehoͤrt; Wie viel mit groͤſſerm recht kan man auff erden leiden/ Daß du als goͤttin wirſt von aller welt verehrt. Denn laß die ſonne gleich den kreyß des himmels zieren/ Laß ihren glantz auch gehn weit uͤber ſternen-pracht; So wird ſie warlich dir auch nicht den ruhm entfuͤhren/ Daß dich der himmel ſelbſt zur irrdſchen ſonne macht. Genug! ich kan nicht wohl von deinen ſonnen ſprechen/ Ein ſterblich auge wird durch ſolchen glantz verblendt; Nur laß ihr feuer nicht zu hefftig auff mich ſtechen/ Sonſt glaube fuͤr gewiß/ daß ſich mein leben end. Man F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/103
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/103>, abgerufen am 23.11.2024.