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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
36.
Honig geniessen/ ja honig verleihen/
Wie das besilbernden perlen-thaus glaß
In den wohlriechenden nächten des mäyen
Kräntzt und bezuckert das blumichte graß/
Also bezuckert das züngelnde kosen
Küssender lippen benelckete rosen.
37.
Weil nun der gleichen beliebtes besüssen/
Lippen und zungen so balsamet ein/
Pflegen die zähne mit linderen bissen
Zungen und lippen behäglich zu seyn;
Hoffende von den liebreitzenden spielen
Lieblichen seegen und regen zu fühlen.
38.
Weil denn die liebe mit süssem vergällen/
Zucker den zuckernen küssen verleihn!
Kan sich die schlaue so meisterlich stellen?
Küssen das müsse zu wider ihr seyn.
Ja Roselindens halb sauere blicke
Stossen die küssenden lippen zurücke.
39.
Aber allhier sind nur kinder erschrocken/
Denn ein erfahrener buhler weiß wohl:
Weigerung sey ein liebreitzendes locken/
Daß er noch eifriger küssen sie soll;
Weil die mit liebe bezauberte frauen
Gerne zum küssen gezwungen sich schauen.
40.
Erstlich zwar/ ehe das küssende kämpffen
Ein unerfahrener Corydon wagt/
Läst er ihm offt die begierden fast dämpffen/
Weil ihm sein eigener kleinmuth absagt.
Dreymahl schlägt sie sein beginnen ihm nieder/
Endlich bereut er sein reuen erst wieder.
41. Wagt
Vermiſchte Gedichte.
36.
Honig genieſſen/ ja honig verleihen/
Wie das beſilbernden perlen-thaus glaß
In den wohlriechenden naͤchten des maͤyen
Kraͤntzt und bezuckert das blumichte graß/
Alſo bezuckert das zuͤngelnde koſen
Kuͤſſender lippen benelckete roſen.
37.
Weil nun der gleichen beliebtes beſuͤſſen/
Lippen und zungen ſo balſamet ein/
Pflegen die zaͤhne mit linderen biſſen
Zungen und lippen behaͤglich zu ſeyn;
Hoffende von den liebreitzenden ſpielen
Lieblichen ſeegen und regen zu fuͤhlen.
38.
Weil denn die liebe mit ſuͤſſem vergaͤllen/
Zucker den zuckernen kuͤſſen verleihn!
Kan ſich die ſchlaue ſo meiſterlich ſtellen?
Kuͤſſen das muͤſſe zu wider ihr ſeyn.
Ja Roſelindens halb ſauere blicke
Stoſſen die kuͤſſenden lippen zuruͤcke.
39.
Aber allhier ſind nur kinder erſchrocken/
Denn ein erfahrener buhler weiß wohl:
Weigerung ſey ein liebreitzendes locken/
Daß er noch eifriger kuͤſſen ſie ſoll;
Weil die mit liebe bezauberte frauen
Gerne zum kuͤſſen gezwungen ſich ſchauen.
40.
Erſtlich zwar/ ehe das kuͤſſende kaͤmpffen
Ein unerfahrener Corydon wagt/
Laͤſt er ihm offt die begierden faſt daͤmpffen/
Weil ihm ſein eigener kleinmuth abſagt.
Dreymahl ſchlaͤgt ſie ſein beginnen ihm nieder/
Endlich bereut er ſein reuen erſt wieder.
41. Wagt
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[280/0324] Vermiſchte Gedichte. 36. Honig genieſſen/ ja honig verleihen/ Wie das beſilbernden perlen-thaus glaß In den wohlriechenden naͤchten des maͤyen Kraͤntzt und bezuckert das blumichte graß/ Alſo bezuckert das zuͤngelnde koſen Kuͤſſender lippen benelckete roſen. 37. Weil nun der gleichen beliebtes beſuͤſſen/ Lippen und zungen ſo balſamet ein/ Pflegen die zaͤhne mit linderen biſſen Zungen und lippen behaͤglich zu ſeyn; Hoffende von den liebreitzenden ſpielen Lieblichen ſeegen und regen zu fuͤhlen. 38. Weil denn die liebe mit ſuͤſſem vergaͤllen/ Zucker den zuckernen kuͤſſen verleihn! Kan ſich die ſchlaue ſo meiſterlich ſtellen? Kuͤſſen das muͤſſe zu wider ihr ſeyn. Ja Roſelindens halb ſauere blicke Stoſſen die kuͤſſenden lippen zuruͤcke. 39. Aber allhier ſind nur kinder erſchrocken/ Denn ein erfahrener buhler weiß wohl: Weigerung ſey ein liebreitzendes locken/ Daß er noch eifriger kuͤſſen ſie ſoll; Weil die mit liebe bezauberte frauen Gerne zum kuͤſſen gezwungen ſich ſchauen. 40. Erſtlich zwar/ ehe das kuͤſſende kaͤmpffen Ein unerfahrener Corydon wagt/ Laͤſt er ihm offt die begierden faſt daͤmpffen/ Weil ihm ſein eigener kleinmuth abſagt. Dreymahl ſchlaͤgt ſie ſein beginnen ihm nieder/ Endlich bereut er ſein reuen erſt wieder. 41. Wagt

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/324>, abgerufen am 28.08.2024.