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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
31.
Laßt es euch doch nicht gelüsten ihr hände!
Küssen geh't eure gelencken nicht an.
Denn wie nicht werth ist der liebenden bände
Diß/ was hinwieder uns lieben nicht kan:
Also soll/ was uns nicht wieder kan küssen/
Auch nicht das seelige küssen geniessen.
32.
Ja das uhrälteste liebes-gesetze
Wiedmet den lippen das küssen/ und will/
Daß sich die hand auff den brüsten ergetze/
Setzet die augen den wangen zum ziel.
Uber den lippen befiehl't es zu leben/
Aber die schooß ist zum sarge gegeben.
33.
Hütt euch indessen ihr münde für worten/
Fühlet der reden lieb-kosenden west.
Schleuß/ Roselinde/ die redenden pforten/
Daß ihr nicht etwa des küssens vergest.
Durch die mit worten verstöhrete hertzen
Fühlen die seelen unleidliche schmertzen.
34.
Tödte der zungen gewäschiges schwätzen/
Welche die lippen im küssen verstöhrt.
Aber dafern sie so kräfftig ergetzen/
Nur nicht hinfüro zu naschen auffhört;
Glaub' ich/ daß mich eine natter nur schrecket/
Welche die rosen der lippen verdecket.
35.
Hast du denn zunge so sehnlich verlangen
Einige worte der liebe zu fühl'n?
Schaue wie freundlich die züngelnde schlangen
Mit dem so schlüpffrichten zungen-gifft spiel'n.
Eben so kanstu mit zünglenden küssen/
Zwischen den lippen ihr honig geniessen.
36. Honig
S 4
Vermiſchte Gedichte.
31.
Laßt es euch doch nicht geluͤſten ihr haͤnde!
Kuͤſſen geh’t eure gelencken nicht an.
Denn wie nicht werth iſt der liebenden baͤnde
Diß/ was hinwieder uns lieben nicht kan:
Alſo ſoll/ was uns nicht wieder kan kuͤſſen/
Auch nicht das ſeelige kuͤſſen genieſſen.
32.
Ja das uhraͤlteſte liebes-geſetze
Wiedmet den lippen das kuͤſſen/ und will/
Daß ſich die hand auff den bruͤſten ergetze/
Setzet die augen den wangen zum ziel.
Uber den lippen befiehl’t es zu leben/
Aber die ſchooß iſt zum ſarge gegeben.
33.
Huͤtt euch indeſſen ihr muͤnde fuͤr worten/
Fuͤhlet der reden lieb-koſenden weſt.
Schleuß/ Roſelinde/ die redenden pforten/
Daß ihr nicht etwa des kuͤſſens vergeſt.
Durch die mit worten verſtoͤhrete hertzen
Fuͤhlen die ſeelen unleidliche ſchmertzen.
34.
Toͤdte der zungen gewaͤſchiges ſchwaͤtzen/
Welche die lippen im kuͤſſen verſtoͤhrt.
Aber dafern ſie ſo kraͤfftig ergetzen/
Nur nicht hinfuͤro zu naſchen auffhoͤrt;
Glaub’ ich/ daß mich eine natter nur ſchrecket/
Welche die roſen der lippen verdecket.
35.
Haſt du denn zunge ſo ſehnlich verlangen
Einige worte der liebe zu fuͤhl’n?
Schaue wie freundlich die zuͤngelnde ſchlangen
Mit dem ſo ſchluͤpffrichten zungen-gifft ſpiel’n.
Eben ſo kanſtu mit zuͤnglenden kuͤſſen/
Zwiſchen den lippen ihr honig genieſſen.
36. Honig
S 4
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[279/0323] Vermiſchte Gedichte. 31. Laßt es euch doch nicht geluͤſten ihr haͤnde! Kuͤſſen geh’t eure gelencken nicht an. Denn wie nicht werth iſt der liebenden baͤnde Diß/ was hinwieder uns lieben nicht kan: Alſo ſoll/ was uns nicht wieder kan kuͤſſen/ Auch nicht das ſeelige kuͤſſen genieſſen. 32. Ja das uhraͤlteſte liebes-geſetze Wiedmet den lippen das kuͤſſen/ und will/ Daß ſich die hand auff den bruͤſten ergetze/ Setzet die augen den wangen zum ziel. Uber den lippen befiehl’t es zu leben/ Aber die ſchooß iſt zum ſarge gegeben. 33. Huͤtt euch indeſſen ihr muͤnde fuͤr worten/ Fuͤhlet der reden lieb-koſenden weſt. Schleuß/ Roſelinde/ die redenden pforten/ Daß ihr nicht etwa des kuͤſſens vergeſt. Durch die mit worten verſtoͤhrete hertzen Fuͤhlen die ſeelen unleidliche ſchmertzen. 34. Toͤdte der zungen gewaͤſchiges ſchwaͤtzen/ Welche die lippen im kuͤſſen verſtoͤhrt. Aber dafern ſie ſo kraͤfftig ergetzen/ Nur nicht hinfuͤro zu naſchen auffhoͤrt; Glaub’ ich/ daß mich eine natter nur ſchrecket/ Welche die roſen der lippen verdecket. 35. Haſt du denn zunge ſo ſehnlich verlangen Einige worte der liebe zu fuͤhl’n? Schaue wie freundlich die zuͤngelnde ſchlangen Mit dem ſo ſchluͤpffrichten zungen-gifft ſpiel’n. Eben ſo kanſtu mit zuͤnglenden kuͤſſen/ Zwiſchen den lippen ihr honig genieſſen. 36. Honig S 4

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/323>, abgerufen am 28.08.2024.