Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Begräbniß-Gedichte. An die hoch-adel. frau mutter/ Herrn Abraham Siegmunds von Hohberg/ als derselbe in Franckfurt an der Oder nach einer unglücklich- empfangenen wunde seel. verschied. SO wie ein donner-keil durch hohle cedern fährt/ Wenn der gepreßte knall den grünen wald erschüttert: So hat des himmels krafft auch meinen geist verzehrt/ Da sie/ betrübteste/ vor seinem donner zittert. Mein brieff soll voller trost und voller zucker seyn; Was aber soll mir doch die schwache feder rühren/ Indem wir halb erstarrt cypressen-zweige streun/ Und ihren liebsten sohn zum schwartzen grabe führen? Ach allzulieber sohn! ach allzuschwartzes grab! Wie bald kan glück und zeit doch seinen wechsel finden! Wie bald fällt doch die frucht der reiffen hoffnung ab/ Wenn unser lebens-baum läst seine pracht verschwinden. So unbeständig ist der grosse Barmach nicht; So weiß Suratta nicht das wetter zu verkehren; Als wenn des himmels-schluß durch die gedancken bricht/ Und unsre Babel sich wie schatten-werck verzehren. Wer rühmte/ seligster/ nicht deiner jugend glantz/ Die wie ein feigen-baum vor blüte frucht getragen/ Als dir die tugend selbst den grünen lorbeer-krantz Und ihren ehren-preiß üm deinen kopff geschlagen? Und dennoch schleust die grufft itzt deinen schimmer ein/ Der freunde lust-stern muß mit deiner brust erbleichen; Und dein entseelter mund wird selber zeuge seyn/ Daß muth und jugend nur dem porcellane gleichen. Des vaters edler ruhm/ der ahnen tapfferkeit/ Wird numehr allererst auff erden sich vermissen; Nachdem der wunder-fall der kummer-vollen zeit/ Dich/ als ihr ebenbild/ der stoltzen welt entrissen. Doch dieses nicht allein: das theure Schlesien/ Fängt auch an über dich/ als seinen sohn/ zu klagen/ Und schaut mit thränen an/ daß hier die Najaden/ Und nicht sein mutter-arm dich kan zu grabe tragen. Zuletzt
Begraͤbniß-Gedichte. An die hoch-adel. frau mutter/ Herrn Abraham Siegmunds von Hohberg/ als derſelbe in Franckfurt an der Oder nach einer ungluͤcklich- empfangenen wunde ſeel. verſchied. SO wie ein donner-keil durch hohle cedern faͤhrt/ Wenn der gepreßte knall den gruͤnen wald erſchuͤttert: So hat des himmels krafft auch meinen geiſt verzehrt/ Da ſie/ betruͤbteſte/ vor ſeinem donner zittert. Mein brieff ſoll voller troſt und voller zucker ſeyn; Was aber ſoll mir doch die ſchwache feder ruͤhren/ Indem wir halb erſtarrt cypreſſen-zweige ſtreun/ Und ihren liebſten ſohn zum ſchwartzen grabe fuͤhren? Ach allzulieber ſohn! ach allzuſchwartzes grab! Wie bald kan gluͤck und zeit doch ſeinen wechſel finden! Wie bald faͤllt doch die frucht der reiffen hoffnung ab/ Wenn unſer lebens-baum laͤſt ſeine pracht verſchwinden. So unbeſtaͤndig iſt der groſſe Barmach nicht; So weiß Suratta nicht das wetter zu verkehren; Als wenn des himmels-ſchluß durch die gedancken bricht/ Und unſre Babel ſich wie ſchatten-werck verzehren. Wer ruͤhmte/ ſeligſter/ nicht deiner jugend glantz/ Die wie ein feigen-baum vor bluͤte frucht getragen/ Als dir die tugend ſelbſt den gruͤnen lorbeer-krantz Und ihren ehren-preiß uͤm deinen kopff geſchlagen? Und dennoch ſchleuſt die grufft itzt deinen ſchimmer ein/ Der freunde luſt-ſtern muß mit deiner bruſt erbleichen; Und dein entſeelter mund wird ſelber zeuge ſeyn/ Daß muth und jugend nur dem porcellane gleichen. Des vaters edler ruhm/ der ahnen tapfferkeit/ Wird numehr allererſt auff erden ſich vermiſſen; Nachdem der wunder-fall der kummer-vollen zeit/ Dich/ als ihr ebenbild/ der ſtoltzen welt entriſſen. Doch dieſes nicht allein: das theure Schleſien/ Faͤngt auch an uͤber dich/ als ſeinen ſohn/ zu klagen/ Und ſchaut mit thraͤnen an/ daß hier die Najaden/ Und nicht ſein mutter-arm dich kan zu grabe tragen. Zuletzt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0167" n="123"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Begraͤbniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#b">An die hoch-adel. frau mutter/ Herrn</hi><lb/> Abraham Siegmunds von Hohberg/ als derſelbe<lb/> in Franckfurt an der Oder nach einer ungluͤcklich-<lb/> empfangenen wunde ſeel. verſchied.</head><lb/> <byline> <hi rendition="#c">Im nahmen eines andern.</hi> </byline><lb/> <byline> <hi rendition="#c">B. N.</hi> </byline><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>O wie ein donner-keil durch hohle cedern faͤhrt/</l><lb/> <l>Wenn der gepreßte knall den gruͤnen wald erſchuͤttert:</l><lb/> <l>So hat des himmels krafft auch meinen geiſt verzehrt/</l><lb/> <l>Da ſie/ betruͤbteſte/ vor ſeinem donner zittert.</l><lb/> <l>Mein brieff ſoll voller troſt und voller zucker ſeyn;</l><lb/> <l>Was aber ſoll mir doch die ſchwache feder ruͤhren/</l><lb/> <l>Indem wir halb erſtarrt cypreſſen-zweige ſtreun/</l><lb/> <l>Und ihren liebſten ſohn zum ſchwartzen grabe fuͤhren?</l><lb/> <l>Ach allzulieber ſohn! ach allzuſchwartzes grab!</l><lb/> <l>Wie bald kan gluͤck und zeit doch ſeinen wechſel finden!</l><lb/> <l>Wie bald faͤllt doch die frucht der reiffen hoffnung ab/</l><lb/> <l>Wenn unſer lebens-baum laͤſt ſeine pracht verſchwinden.</l><lb/> <l>So unbeſtaͤndig iſt der groſſe Barmach nicht;</l><lb/> <l>So weiß Suratta nicht das wetter zu verkehren;</l><lb/> <l>Als wenn des himmels-ſchluß durch die gedancken bricht/</l><lb/> <l>Und unſre Babel ſich wie ſchatten-werck verzehren.</l><lb/> <l>Wer ruͤhmte/ ſeligſter/ nicht deiner jugend glantz/</l><lb/> <l>Die wie ein feigen-baum vor bluͤte frucht getragen/</l><lb/> <l>Als dir die tugend ſelbſt den gruͤnen lorbeer-krantz</l><lb/> <l>Und ihren ehren-preiß uͤm deinen kopff geſchlagen?</l><lb/> <l>Und dennoch ſchleuſt die grufft itzt deinen ſchimmer ein/</l><lb/> <l>Der freunde luſt-ſtern muß mit deiner bruſt erbleichen;</l><lb/> <l>Und dein entſeelter mund wird ſelber zeuge ſeyn/</l><lb/> <l>Daß muth und jugend nur dem porcellane gleichen.</l><lb/> <l>Des vaters edler ruhm/ der ahnen tapfferkeit/</l><lb/> <l>Wird numehr allererſt auff erden ſich vermiſſen;</l><lb/> <l>Nachdem der wunder-fall der kummer-vollen zeit/</l><lb/> <l>Dich/ als ihr ebenbild/ der ſtoltzen welt entriſſen.</l><lb/> <l>Doch dieſes nicht allein: das theure Schleſien/</l><lb/> <l>Faͤngt auch an uͤber dich/ als ſeinen ſohn/ zu klagen/</l><lb/> <l>Und ſchaut mit thraͤnen an/ daß hier die Najaden/</l><lb/> <l>Und nicht ſein mutter-arm dich kan zu grabe tragen.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Zuletzt</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [123/0167]
Begraͤbniß-Gedichte.
An die hoch-adel. frau mutter/ Herrn
Abraham Siegmunds von Hohberg/ als derſelbe
in Franckfurt an der Oder nach einer ungluͤcklich-
empfangenen wunde ſeel. verſchied.
Im nahmen eines andern.
B. N.
SO wie ein donner-keil durch hohle cedern faͤhrt/
Wenn der gepreßte knall den gruͤnen wald erſchuͤttert:
So hat des himmels krafft auch meinen geiſt verzehrt/
Da ſie/ betruͤbteſte/ vor ſeinem donner zittert.
Mein brieff ſoll voller troſt und voller zucker ſeyn;
Was aber ſoll mir doch die ſchwache feder ruͤhren/
Indem wir halb erſtarrt cypreſſen-zweige ſtreun/
Und ihren liebſten ſohn zum ſchwartzen grabe fuͤhren?
Ach allzulieber ſohn! ach allzuſchwartzes grab!
Wie bald kan gluͤck und zeit doch ſeinen wechſel finden!
Wie bald faͤllt doch die frucht der reiffen hoffnung ab/
Wenn unſer lebens-baum laͤſt ſeine pracht verſchwinden.
So unbeſtaͤndig iſt der groſſe Barmach nicht;
So weiß Suratta nicht das wetter zu verkehren;
Als wenn des himmels-ſchluß durch die gedancken bricht/
Und unſre Babel ſich wie ſchatten-werck verzehren.
Wer ruͤhmte/ ſeligſter/ nicht deiner jugend glantz/
Die wie ein feigen-baum vor bluͤte frucht getragen/
Als dir die tugend ſelbſt den gruͤnen lorbeer-krantz
Und ihren ehren-preiß uͤm deinen kopff geſchlagen?
Und dennoch ſchleuſt die grufft itzt deinen ſchimmer ein/
Der freunde luſt-ſtern muß mit deiner bruſt erbleichen;
Und dein entſeelter mund wird ſelber zeuge ſeyn/
Daß muth und jugend nur dem porcellane gleichen.
Des vaters edler ruhm/ der ahnen tapfferkeit/
Wird numehr allererſt auff erden ſich vermiſſen;
Nachdem der wunder-fall der kummer-vollen zeit/
Dich/ als ihr ebenbild/ der ſtoltzen welt entriſſen.
Doch dieſes nicht allein: das theure Schleſien/
Faͤngt auch an uͤber dich/ als ſeinen ſohn/ zu klagen/
Und ſchaut mit thraͤnen an/ daß hier die Najaden/
Und nicht ſein mutter-arm dich kan zu grabe tragen.
Zuletzt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |