Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Hochzeit-Gedichte. Und wie er endlich gar nach ausgeführtem morden/Vor angst und zittern ist zu einem hasen worden? Was diese vorgethan/ wird heute noch erfüllt. Wir sterben tausendmal an sitten und geberden. Ja/ wenn aus Capua nur wollust-zucker qvill't/ Muß selber Hannibal zu einen Nero werden. Ein Alexander reist bey weibern und bey wein Ein wunderwerck der welt durch feur und flammen ein: Warum? dieweil sein geist bey purpur und bey kronen/ Auch gleichwohl muste noch in einem sclaven wohnen. Was gibt wohl mancher nicht vor blinde possen an/ Wenn Moden und Pariß ihm seinen kopff verrencken? Denn was ein andrer offt im lande kauffen kan/ Hohlt er von Brüssel her/ die jungfern zu beschencken; Ja solt es auch nicht mehr als Serviteur nur seyn/ So mischt er dennoch stets von Franckreich etwas ein: Was wunder ist es dann? wenn alle kinder lachen/ Daß seine grillen ihn zu einen affen machen. So ändert sich der mensch durch hochmuth/ zorn und wein/ Was thut die liebe nicht/ die fürstin aller sachen? Wenn sie/ wie Circens mund/ durch ihrer flammen schein/ Aus klugen narren kan/ aus narren kluge machen. Ich ruffe Jupitern hier nicht zum zeugen an/ Den sie in einen stier und schwan verwandeln kan: Denn die verliebte welt wird wohl am besten wissen/ Wer Simson seinen geist und ihr das hertz entrissen. Der erste funcken glut/ der in der brust entspringt/ Heist auch die seele gleich aus ihrem lager rücken. Drum kan Antonius/ da ihn August umringt/ Vor grosser liebes-brunst nicht mehr den degen zücken: Denn weil Cleopatra ihm geist und seele nimmt/ Und seine tapfferkeit auff ihren lippen schwimmt/ So muß er endlich nur wie weiber auch verderben/ Und lieber durch sich selbst als vor dem feinde sterben. Diß alles aber ist so wunderns-würdig nicht/ Als wenn sie hochzeit läst mit alten müttern machen. Da wird das dürre maul in falten eingericht/ Die augen fangen gar mit purpur an zu lachen. Und wenn der lippen schnee/ der stirne Hyacinth/ Und ihrer wangen pracht durch schmincke sich verbindt/ So solten nach der zeit wohl tausend blinde schwehren/ Daß sich ein altes weib in jungfern kan verkehren. Was
Hochzeit-Gedichte. Und wie er endlich gar nach ausgefuͤhrtem morden/Vor angſt und zittern iſt zu einem haſen worden? Was dieſe vorgethan/ wird heute noch erfuͤllt. Wir ſterben tauſendmal an ſitten und geberden. Ja/ wenn aus Capua nur wolluſt-zucker qvill’t/ Muß ſelber Hannibal zu einen Nero werden. Ein Alexander reiſt bey weibern und bey wein Ein wunderwerck der welt durch feur und flammen ein: Warum? dieweil ſein geiſt bey purpur und bey kronen/ Auch gleichwohl muſte noch in einem ſclaven wohnen. Was gibt wohl mancher nicht vor blinde poſſen an/ Wenn Moden und Pariß ihm ſeinen kopff verrencken? Denn was ein andrer offt im lande kauffen kan/ Hohlt er von Bruͤſſel her/ die jungfern zu beſchencken; Ja ſolt es auch nicht mehr als Serviteur nur ſeyn/ So miſcht er dennoch ſtets von Franckreich etwas ein: Was wunder iſt es dann? wenn alle kinder lachen/ Daß ſeine grillen ihn zu einen affen machen. So aͤndert ſich der menſch durch hochmuth/ zorn und wein/ Was thut die liebe nicht/ die fuͤrſtin aller ſachen? Wenn ſie/ wie Circens mund/ durch ihrer flammen ſchein/ Aus klugen narren kan/ aus narren kluge machen. Ich ruffe Jupitern hier nicht zum zeugen an/ Den ſie in einen ſtier und ſchwan verwandeln kan: Denn die verliebte welt wird wohl am beſten wiſſen/ Wer Simſon ſeinen geiſt und ihr das hertz entriſſen. Der erſte funcken glut/ der in der bruſt entſpringt/ Heiſt auch die ſeele gleich aus ihrem lager ruͤcken. Drum kan Antonius/ da ihn Auguſt umringt/ Vor groſſer liebes-brunſt nicht mehr den degen zuͤcken: Denn weil Cleopatra ihm geiſt und ſeele nimmt/ Und ſeine tapfferkeit auff ihren lippen ſchwimmt/ So muß er endlich nur wie weiber auch verderben/ Und lieber durch ſich ſelbſt als vor dem feinde ſterben. Diß alles aber iſt ſo wunderns-wuͤrdig nicht/ Als wenn ſie hochzeit laͤſt mit alten muͤttern machen. Da wird das duͤrre maul in falten eingericht/ Die augen fangen gar mit purpur an zu lachen. Und wenn der lippen ſchnee/ der ſtirne Hyacinth/ Und ihrer wangen pracht durch ſchmincke ſich verbindt/ So ſolten nach der zeit wohl tauſend blinde ſchwehren/ Daß ſich ein altes weib in jungfern kan verkehren. Was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0155" n="111"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Und wie er endlich gar nach ausgefuͤhrtem morden/</l><lb/> <l>Vor angſt und zittern iſt zu einem haſen worden?</l><lb/> <l>Was dieſe vorgethan/ wird heute noch erfuͤllt.</l><lb/> <l>Wir ſterben tauſendmal an ſitten und geberden.</l><lb/> <l>Ja/ wenn aus Capua nur wolluſt-zucker qvill’t/</l><lb/> <l>Muß ſelber Hannibal zu einen Nero werden.</l><lb/> <l>Ein Alexander reiſt bey weibern und bey wein</l><lb/> <l>Ein wunderwerck der welt durch feur und flammen ein:</l><lb/> <l>Warum? dieweil ſein geiſt bey purpur und bey kronen/</l><lb/> <l>Auch gleichwohl muſte noch in einem ſclaven wohnen.</l><lb/> <l>Was gibt wohl mancher nicht vor blinde poſſen an/</l><lb/> <l>Wenn Moden und Pariß ihm ſeinen kopff verrencken?</l><lb/> <l>Denn was ein andrer offt im lande kauffen kan/</l><lb/> <l>Hohlt er von Bruͤſſel her/ die jungfern zu beſchencken;</l><lb/> <l>Ja ſolt es auch nicht mehr als Serviteur nur ſeyn/</l><lb/> <l>So miſcht er dennoch ſtets von Franckreich etwas ein:</l><lb/> <l>Was wunder iſt es dann? wenn alle kinder lachen/</l><lb/> <l>Daß ſeine grillen ihn zu einen affen machen.</l><lb/> <l>So aͤndert ſich der menſch durch hochmuth/ zorn und wein/</l><lb/> <l>Was thut die liebe nicht/ die fuͤrſtin aller ſachen?</l><lb/> <l>Wenn ſie/ wie Circens mund/ durch ihrer flammen ſchein/</l><lb/> <l>Aus klugen narren kan/ aus narren kluge machen.</l><lb/> <l>Ich ruffe Jupitern hier nicht zum zeugen an/</l><lb/> <l>Den ſie in einen ſtier und ſchwan verwandeln kan:</l><lb/> <l>Denn die verliebte welt wird wohl am beſten wiſſen/</l><lb/> <l>Wer Simſon ſeinen geiſt und ihr das hertz entriſſen.</l><lb/> <l>Der erſte funcken glut/ der in der bruſt entſpringt/</l><lb/> <l>Heiſt auch die ſeele gleich aus ihrem lager ruͤcken.</l><lb/> <l>Drum kan Antonius/ da ihn Auguſt umringt/</l><lb/> <l>Vor groſſer liebes-brunſt nicht mehr den degen zuͤcken:</l><lb/> <l>Denn weil Cleopatra ihm geiſt und ſeele nimmt/</l><lb/> <l>Und ſeine tapfferkeit auff ihren lippen ſchwimmt/</l><lb/> <l>So muß er endlich nur wie weiber auch verderben/</l><lb/> <l>Und lieber durch ſich ſelbſt als vor dem feinde ſterben.</l><lb/> <l>Diß alles aber iſt ſo wunderns-wuͤrdig nicht/</l><lb/> <l>Als wenn ſie hochzeit laͤſt mit alten muͤttern machen.</l><lb/> <l>Da wird das duͤrre maul in falten eingericht/</l><lb/> <l>Die augen fangen gar mit purpur an zu lachen.</l><lb/> <l>Und wenn der lippen ſchnee/ der ſtirne Hyacinth/</l><lb/> <l>Und ihrer wangen pracht durch ſchmincke ſich verbindt/</l><lb/> <l>So ſolten nach der zeit wohl tauſend blinde ſchwehren/</l><lb/> <l>Daß ſich ein altes weib in jungfern kan verkehren.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [111/0155]
Hochzeit-Gedichte.
Und wie er endlich gar nach ausgefuͤhrtem morden/
Vor angſt und zittern iſt zu einem haſen worden?
Was dieſe vorgethan/ wird heute noch erfuͤllt.
Wir ſterben tauſendmal an ſitten und geberden.
Ja/ wenn aus Capua nur wolluſt-zucker qvill’t/
Muß ſelber Hannibal zu einen Nero werden.
Ein Alexander reiſt bey weibern und bey wein
Ein wunderwerck der welt durch feur und flammen ein:
Warum? dieweil ſein geiſt bey purpur und bey kronen/
Auch gleichwohl muſte noch in einem ſclaven wohnen.
Was gibt wohl mancher nicht vor blinde poſſen an/
Wenn Moden und Pariß ihm ſeinen kopff verrencken?
Denn was ein andrer offt im lande kauffen kan/
Hohlt er von Bruͤſſel her/ die jungfern zu beſchencken;
Ja ſolt es auch nicht mehr als Serviteur nur ſeyn/
So miſcht er dennoch ſtets von Franckreich etwas ein:
Was wunder iſt es dann? wenn alle kinder lachen/
Daß ſeine grillen ihn zu einen affen machen.
So aͤndert ſich der menſch durch hochmuth/ zorn und wein/
Was thut die liebe nicht/ die fuͤrſtin aller ſachen?
Wenn ſie/ wie Circens mund/ durch ihrer flammen ſchein/
Aus klugen narren kan/ aus narren kluge machen.
Ich ruffe Jupitern hier nicht zum zeugen an/
Den ſie in einen ſtier und ſchwan verwandeln kan:
Denn die verliebte welt wird wohl am beſten wiſſen/
Wer Simſon ſeinen geiſt und ihr das hertz entriſſen.
Der erſte funcken glut/ der in der bruſt entſpringt/
Heiſt auch die ſeele gleich aus ihrem lager ruͤcken.
Drum kan Antonius/ da ihn Auguſt umringt/
Vor groſſer liebes-brunſt nicht mehr den degen zuͤcken:
Denn weil Cleopatra ihm geiſt und ſeele nimmt/
Und ſeine tapfferkeit auff ihren lippen ſchwimmt/
So muß er endlich nur wie weiber auch verderben/
Und lieber durch ſich ſelbſt als vor dem feinde ſterben.
Diß alles aber iſt ſo wunderns-wuͤrdig nicht/
Als wenn ſie hochzeit laͤſt mit alten muͤttern machen.
Da wird das duͤrre maul in falten eingericht/
Die augen fangen gar mit purpur an zu lachen.
Und wenn der lippen ſchnee/ der ſtirne Hyacinth/
Und ihrer wangen pracht durch ſchmincke ſich verbindt/
So ſolten nach der zeit wohl tauſend blinde ſchwehren/
Daß ſich ein altes weib in jungfern kan verkehren.
Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |