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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Verliebte Gedichte.
Warum hab ich doch hier die liebe müssen brechen?
Warum hat dich mein hertz mit thränen angeschaut?
Ach Sandau! hätt ich nicht auff deinen sand gebaut/
So dürffte nicht der todt itzt meine sünde rächen.
Verzeihe liebstes kind/ ich muß es nur bekennen/
Ein weib/ ein schwaches weib hat meinen krantz entführt;
Doch wo dich noch ein strahl der alten liebe rührt/
So laß nicht deinen zorn wie meine laster brennen.
Nicht wundre/ schönste/ dich/ wie dieses zugegangen:
Ich nahm von ihrer hand nur einen becher wein/
Der becher flößte mir den liebes-nectar ein/
Und ich ward wider art gantz unvermerckt gefangen.
Da sah ich ihr gesicht/ als hundert sonnen blitzen/
Sie schien mir etwas mehr als Venus selbst zu seyn.
Und das verborgne gifft der stillen liebes-pein
Fieng an mit aller macht in meiner brust zu schwitzen.
Die tafel ward darauff mit tüchern überzogen/
Hier trug man löffel-kraut und hasel-hüner auff/
Und setzte vor begier die scharffen messer drauff.
Dort ward der süsse wein aus gläsern eingesogen.
Was uns der starcke safft vor geister eingegossen/
Wie sich die stille glut im busen angesteckt/
Was vor ein liebes-strohm mir meine brust befleckt/
Und wie mein mattes hertz von flammen fast zerflossen/
Ist/ schönste/ diß pappier zu wenig abzureissen;
Genug/ der schlaff zerbrach den augen ihren schein/
Ein ieder scharrte sich ins weiche lager ein;
Ich aber fieng allein für trauren an zu kreissen.
Amanda (so will ich die geile Venus nennen)
Lag dichte neben mir zur seiten mit der brust/
Mein seuffzen war ihr trost/ und meine liebes-lust
Schoß auch verborgne glut/ ihr feuer anzubrennen.
Ach daß ich/ sagte sie/ dein leiden könte stillen/
Ach kühlte meine brunst auch/ liebster/ deine pein/
So müste diese brust itzt nicht verschlossen seyn.
Und dieser dünne zeug nicht meinen leib umhüllen.
Ich netzte deinen mund mit hundert tausend küssen/
Es würde nichts als lust aus allen adern gehn/
Die lippen müsten dir in vollem amber stehn/
Und mein erhitzter schooß mit muscateller fliessen.
Nun aber kenn ich nicht die qvelle deiner wunden.
Es muß was höhers seyn/ das deine freude bricht/
Dein kummer stammt aus mir und meiner anmuth nicht/
Sonst wäre schon der trost für deine noth gefunden.

Mir

Verliebte Gedichte.
Warum hab ich doch hier die liebe muͤſſen brechen?
Warum hat dich mein hertz mit thraͤnen angeſchaut?
Ach Sandau! haͤtt ich nicht auff deinen ſand gebaut/
So duͤrffte nicht der todt itzt meine ſuͤnde raͤchen.
Verzeihe liebſtes kind/ ich muß es nur bekennen/
Ein weib/ ein ſchwaches weib hat meinen krantz entfuͤhrt;
Doch wo dich noch ein ſtrahl der alten liebe ruͤhrt/
So laß nicht deinen zorn wie meine laſter brennen.
Nicht wundre/ ſchoͤnſte/ dich/ wie dieſes zugegangen:
Ich nahm von ihrer hand nur einen becher wein/
Der becher floͤßte mir den liebes-nectar ein/
Und ich ward wider art gantz unvermerckt gefangen.
Da ſah ich ihr geſicht/ als hundert ſonnen blitzen/
Sie ſchien mir etwas mehr als Venus ſelbſt zu ſeyn.
Und das verborgne gifft der ſtillen liebes-pein
Fieng an mit aller macht in meiner bruſt zu ſchwitzen.
Die tafel ward darauff mit tuͤchern uͤberzogen/
Hier trug man loͤffel-kraut und haſel-huͤner auff/
Und ſetzte vor begier die ſcharffen meſſer drauff.
Dort ward der ſuͤſſe wein aus glaͤſern eingeſogen.
Was uns der ſtarcke ſafft vor geiſter eingegoſſen/
Wie ſich die ſtille glut im buſen angeſteckt/
Was vor ein liebes-ſtrohm mir meine bruſt befleckt/
Und wie mein mattes hertz von flammen faſt zerfloſſen/
Iſt/ ſchoͤnſte/ diß pappier zu wenig abzureiſſen;
Genug/ der ſchlaff zerbrach den augen ihren ſchein/
Ein ieder ſcharrte ſich ins weiche lager ein;
Ich aber fieng allein fuͤr trauren an zu kreiſſen.
Amanda (ſo will ich die geile Venus nennen)
Lag dichte neben mir zur ſeiten mit der bruſt/
Mein ſeuffzen war ihr troſt/ und meine liebes-luſt
Schoß auch verborgne glut/ ihr feuer anzubrennen.
Ach daß ich/ ſagte ſie/ dein leiden koͤnte ſtillen/
Ach kuͤhlte meine brunſt auch/ liebſter/ deine pein/
So muͤſte dieſe bruſt itzt nicht verſchloſſen ſeyn.
Und dieſer duͤnne zeug nicht meinen leib umhuͤllen.
Ich netzte deinen mund mit hundert tauſend kuͤſſen/
Es wuͤrde nichts als luſt aus allen adern gehn/
Die lippen muͤſten dir in vollem amber ſtehn/
Und mein erhitzter ſchooß mit muſcateller flieſſen.
Nun aber kenn ich nicht die qvelle deiner wunden.
Es muß was hoͤhers ſeyn/ das deine freude bricht/
Dein kummer ſtammt aus mir und meiner anmuth nicht/
Sonſt waͤre ſchon der troſt fuͤr deine noth gefunden.

Mir
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[56/0100] Verliebte Gedichte. Warum hab ich doch hier die liebe muͤſſen brechen? Warum hat dich mein hertz mit thraͤnen angeſchaut? Ach Sandau! haͤtt ich nicht auff deinen ſand gebaut/ So duͤrffte nicht der todt itzt meine ſuͤnde raͤchen. Verzeihe liebſtes kind/ ich muß es nur bekennen/ Ein weib/ ein ſchwaches weib hat meinen krantz entfuͤhrt; Doch wo dich noch ein ſtrahl der alten liebe ruͤhrt/ So laß nicht deinen zorn wie meine laſter brennen. Nicht wundre/ ſchoͤnſte/ dich/ wie dieſes zugegangen: Ich nahm von ihrer hand nur einen becher wein/ Der becher floͤßte mir den liebes-nectar ein/ Und ich ward wider art gantz unvermerckt gefangen. Da ſah ich ihr geſicht/ als hundert ſonnen blitzen/ Sie ſchien mir etwas mehr als Venus ſelbſt zu ſeyn. Und das verborgne gifft der ſtillen liebes-pein Fieng an mit aller macht in meiner bruſt zu ſchwitzen. Die tafel ward darauff mit tuͤchern uͤberzogen/ Hier trug man loͤffel-kraut und haſel-huͤner auff/ Und ſetzte vor begier die ſcharffen meſſer drauff. Dort ward der ſuͤſſe wein aus glaͤſern eingeſogen. Was uns der ſtarcke ſafft vor geiſter eingegoſſen/ Wie ſich die ſtille glut im buſen angeſteckt/ Was vor ein liebes-ſtrohm mir meine bruſt befleckt/ Und wie mein mattes hertz von flammen faſt zerfloſſen/ Iſt/ ſchoͤnſte/ diß pappier zu wenig abzureiſſen; Genug/ der ſchlaff zerbrach den augen ihren ſchein/ Ein ieder ſcharrte ſich ins weiche lager ein; Ich aber fieng allein fuͤr trauren an zu kreiſſen. Amanda (ſo will ich die geile Venus nennen) Lag dichte neben mir zur ſeiten mit der bruſt/ Mein ſeuffzen war ihr troſt/ und meine liebes-luſt Schoß auch verborgne glut/ ihr feuer anzubrennen. Ach daß ich/ ſagte ſie/ dein leiden koͤnte ſtillen/ Ach kuͤhlte meine brunſt auch/ liebſter/ deine pein/ So muͤſte dieſe bruſt itzt nicht verſchloſſen ſeyn. Und dieſer duͤnne zeug nicht meinen leib umhuͤllen. Ich netzte deinen mund mit hundert tauſend kuͤſſen/ Es wuͤrde nichts als luſt aus allen adern gehn/ Die lippen muͤſten dir in vollem amber ſtehn/ Und mein erhitzter ſchooß mit muſcateller flieſſen. Nun aber kenn ich nicht die qvelle deiner wunden. Es muß was hoͤhers ſeyn/ das deine freude bricht/ Dein kummer ſtammt aus mir und meiner anmuth nicht/ Sonſt waͤre ſchon der troſt fuͤr deine noth gefunden. Mir

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/100>, abgerufen am 24.11.2024.