Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 2. Hamburg, 1841.Classisches Stillleben. Mel. Singend, und vom Saft der Reben Stört doch nicht die alten Jungen! Denn sie lesen eben jetzt Was Homeros hat gesungen Und wie's Voß hat übersetzt. Besser läßt es sich doch sitzen Oben in dem Götterrath, Als dereinst die Zeit verschwitzen Actenmatt im Magistrat. Besser klingen doch die Sagen Von der Götter Haß und Groll, Als der Bürger ew'ge Klagen Ueber Steuern, Mauth und Zoll. Besser klingt das Schiffregister Und so mancher Schlachtbericht, Als wenn uns ein Stockphilister Von dem letzten Budget spricht. Besser, wenn Thersites grimmig
Ueber seinen König schreit, Als wenn unser Land einstimmig Schweiget von der Preßfreiheit. Claſſiſches Stillleben. Mel. Singend, und vom Saft der Reben Stört doch nicht die alten Jungen! Denn ſie leſen eben jetzt Was Homeros hat geſungen Und wie's Voß hat überſetzt. Beſſer läßt es ſich doch ſitzen Oben in dem Götterrath, Als dereinſt die Zeit verſchwitzen Actenmatt im Magiſtrat. Beſſer klingen doch die Sagen Von der Götter Haß und Groll, Als der Bürger ew'ge Klagen Ueber Steuern, Mauth und Zoll. Beſſer klingt das Schiffregiſter Und ſo mancher Schlachtbericht, Als wenn uns ein Stockphiliſter Von dem letzten Budget ſpricht. Beſſer, wenn Therſites grimmig
Ueber ſeinen König ſchreit, Als wenn unſer Land einſtimmig Schweiget von der Preßfreiheit. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="84"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Claſſiſches Stillleben.</hi><lb/> </head> <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Mel.</hi> Singend, und vom Saft der Reben<lb/> Glühend und vom Mädchenkuß.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Stört doch nicht die alten Jungen!</l><lb/> <l>Denn ſie leſen eben jetzt</l><lb/> <l>Was Homeros hat geſungen</l><lb/> <l>Und wie's Voß hat überſetzt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Beſſer läßt es ſich doch ſitzen</l><lb/> <l>Oben in dem Götterrath,</l><lb/> <l>Als dereinſt die Zeit verſchwitzen</l><lb/> <l>Actenmatt im Magiſtrat.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Beſſer klingen doch die Sagen</l><lb/> <l>Von der Götter Haß und Groll,</l><lb/> <l>Als der Bürger ew'ge Klagen</l><lb/> <l>Ueber Steuern, Mauth und Zoll.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Beſſer klingt das Schiffregiſter</l><lb/> <l>Und ſo mancher Schlachtbericht,</l><lb/> <l>Als wenn uns ein Stockphiliſter</l><lb/> <l>Von dem letzten Budget ſpricht.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Beſſer, wenn Therſites grimmig</l><lb/> <l>Ueber ſeinen König ſchreit,</l><lb/> <l>Als wenn unſer Land einſtimmig</l><lb/> <l>Schweiget von der Preßfreiheit.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0104]
Claſſiſches Stillleben.
Mel. Singend, und vom Saft der Reben
Glühend und vom Mädchenkuß.
Stört doch nicht die alten Jungen!
Denn ſie leſen eben jetzt
Was Homeros hat geſungen
Und wie's Voß hat überſetzt.
Beſſer läßt es ſich doch ſitzen
Oben in dem Götterrath,
Als dereinſt die Zeit verſchwitzen
Actenmatt im Magiſtrat.
Beſſer klingen doch die Sagen
Von der Götter Haß und Groll,
Als der Bürger ew'ge Klagen
Ueber Steuern, Mauth und Zoll.
Beſſer klingt das Schiffregiſter
Und ſo mancher Schlachtbericht,
Als wenn uns ein Stockphiliſter
Von dem letzten Budget ſpricht.
Beſſer, wenn Therſites grimmig
Ueber ſeinen König ſchreit,
Als wenn unſer Land einſtimmig
Schweiget von der Preßfreiheit.
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