Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840.Noch nicht! dem Glücklichen schlägt keine Uhr. Hinaus mit mir, hinaus in die Natur!" Schön war die Nacht, kein Lüftchen regte sich, Hell schien der Mond, das letzte Wölkchen wich. Da rief der Dichter zu den Seinen: "Traun! Hier ist gut sein, hier lasst uns Hütten baun!" Und unter Bäumen in der Mondscheinnacht Wird schnell ein Lauberhüttenfest gemacht. Und wie man hat gebracht die Bänk' herbei, Und sitzt und singt, da kommt die Polizei. "Was will der Sklav bei freien Männern hier?" "Ich will, spricht der Soldat, ich will daß ihr Nicht weiter singt und in so später Zeit Die Badegäst' aus ihrem Schlafe schreit" Da wird nur heftiger die Sangeslust Und alles schreit vereint aus voller Brust: "Was will der Sklav bei freien Männern hier?" Und singt: ein freies Leben führen wir! Doch jener rief: "heraus! Soldaten, raus!" Und so gab's einen tücht'gen Kampf und Strauß. Der Sangesfürst mit seinem Hof entwich, Er ließ sein großes schönes Reich im Stich, Den heitern Himmel mit der Sternenpracht, Die wonnigmilde lichte Mondscheinnacht: "In des Herzens heilig stille Räume Musst du fliehen aus des Lebens Drang! Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang." Noch nicht! dem Glücklichen ſchlägt keine Uhr. Hinaus mit mir, hinaus in die Natur!“ Schön war die Nacht, kein Lüftchen regte ſich, Hell ſchien der Mond, das letzte Wölkchen wich. Da rief der Dichter zu den Seinen: „Traun! Hier iſt gut ſein, hier laſſt uns Hütten baun!“ Und unter Bäumen in der Mondſcheinnacht Wird ſchnell ein Lauberhüttenfeſt gemacht. Und wie man hat gebracht die Bänk' herbei, Und ſitzt und ſingt, da kommt die Polizei. „Was will der Sklav bei freien Männern hier?“ „Ich will, ſpricht der Soldat, ich will daß ihr Nicht weiter ſingt und in ſo ſpäter Zeit Die Badegäſt' aus ihrem Schlafe ſchreit“ Da wird nur heftiger die Sangesluſt Und alles ſchreit vereint aus voller Bruſt: „Was will der Sklav bei freien Männern hier?“ Und ſingt: ein freies Leben führen wir! Doch jener rief: „heraus! Soldaten, raus!“ Und ſo gab's einen tücht'gen Kampf und Strauß. Der Sangesfürſt mit ſeinem Hof entwich, Er ließ ſein großes ſchönes Reich im Stich, Den heitern Himmel mit der Sternenpracht, Die wonnigmilde lichte Mondſcheinnacht: „In des Herzens heilig ſtille Räume Muſſt du fliehen aus des Lebens Drang! Freiheit iſt nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Geſang.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0205" n="187"/> <l>Noch nicht! dem Glücklichen ſchlägt keine Uhr.</l><lb/> <l>Hinaus mit mir, hinaus in die Natur!“</l><lb/> <l>Schön war die Nacht, kein Lüftchen regte ſich,</l><lb/> <l>Hell ſchien der Mond, das letzte Wölkchen wich.</l><lb/> <l>Da rief der Dichter zu den Seinen: „Traun!</l><lb/> <l>Hier iſt gut ſein, hier laſſt uns Hütten baun!“</l><lb/> <l>Und unter Bäumen in der Mondſcheinnacht</l><lb/> <l>Wird ſchnell ein Lauberhüttenfeſt gemacht.</l><lb/> <l>Und wie man hat gebracht die Bänk' herbei,</l><lb/> <l>Und ſitzt und ſingt, da kommt die Polizei.</l><lb/> <l>„Was will der Sklav bei freien Männern hier?“</l><lb/> <l>„Ich will, ſpricht der Soldat, ich will daß ihr</l><lb/> <l>Nicht weiter ſingt und in ſo ſpäter Zeit</l><lb/> <l>Die Badegäſt' aus ihrem Schlafe ſchreit“</l><lb/> <l>Da wird nur heftiger die Sangesluſt</l><lb/> <l>Und alles ſchreit vereint aus voller Bruſt:</l><lb/> <l>„Was will der Sklav bei freien Männern hier?“</l><lb/> <l>Und ſingt: <hi rendition="#g">ein freies Leben führen wir</hi>!</l><lb/> <l>Doch jener rief: „heraus! Soldaten, raus!“</l><lb/> <l>Und <hi rendition="#g">ſo</hi> gab's einen tücht'gen Kampf und Strauß.</l><lb/> <l>Der Sangesfürſt mit ſeinem Hof entwich,</l><lb/> <l>Er ließ ſein großes ſchönes Reich im Stich,</l><lb/> <l>Den heitern Himmel mit der Sternenpracht,</l><lb/> <l>Die wonnigmilde lichte Mondſcheinnacht:</l><lb/> <l>„In des Herzens heilig ſtille Räume</l><lb/> <l>Muſſt du fliehen aus des Lebens Drang!</l><lb/> <l>Freiheit iſt nur in dem Reich der Träume,</l><lb/> <l>Und das Schöne blüht nur im Geſang.“</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0205]
Noch nicht! dem Glücklichen ſchlägt keine Uhr.
Hinaus mit mir, hinaus in die Natur!“
Schön war die Nacht, kein Lüftchen regte ſich,
Hell ſchien der Mond, das letzte Wölkchen wich.
Da rief der Dichter zu den Seinen: „Traun!
Hier iſt gut ſein, hier laſſt uns Hütten baun!“
Und unter Bäumen in der Mondſcheinnacht
Wird ſchnell ein Lauberhüttenfeſt gemacht.
Und wie man hat gebracht die Bänk' herbei,
Und ſitzt und ſingt, da kommt die Polizei.
„Was will der Sklav bei freien Männern hier?“
„Ich will, ſpricht der Soldat, ich will daß ihr
Nicht weiter ſingt und in ſo ſpäter Zeit
Die Badegäſt' aus ihrem Schlafe ſchreit“
Da wird nur heftiger die Sangesluſt
Und alles ſchreit vereint aus voller Bruſt:
„Was will der Sklav bei freien Männern hier?“
Und ſingt: ein freies Leben führen wir!
Doch jener rief: „heraus! Soldaten, raus!“
Und ſo gab's einen tücht'gen Kampf und Strauß.
Der Sangesfürſt mit ſeinem Hof entwich,
Er ließ ſein großes ſchönes Reich im Stich,
Den heitern Himmel mit der Sternenpracht,
Die wonnigmilde lichte Mondſcheinnacht:
„In des Herzens heilig ſtille Räume
Muſſt du fliehen aus des Lebens Drang!
Freiheit iſt nur in dem Reich der Träume,
Und das Schöne blüht nur im Geſang.“
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Zitationshilfe: | Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_unpolitische01_1840/205>, abgerufen am 16.02.2025. |