Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Unpolitische Lieder. Bd. 1. Hamburg, 1840.Die Fragenden. O curas hominum, o quantum est in rebus inane!Persius I, I. Warum so viel Staffetten jagen? Was hat sich denn wohl zugetragen? Nicht viel -- die Diplomaten fragen. Sie fragen in die Kreuz und Quere, Sie fragen über Kriegesheere, Und über Flotten, Land' und Meere. Sie fragen stets, bei Nacht, bei Tage, An jedem Ort, in jeder Lage, Sie fragen über jede Frage. Ob wir wohl Antwort je erleben? -- Wenn lange noch die Fragen schweben, Wird uns die Zeit schon Antwort geben. Dann werden sie und ihresgleichen, Sie die lebendigen Fragezeichen, Vor solcher Antwort schier erbleichen. Die Fragenden. O curas hominum, o quantum est in rebus inane!Persius I, I. Warum ſo viel Staffetten jagen? Was hat ſich denn wohl zugetragen? Nicht viel — die Diplomaten fragen. Sie fragen in die Kreuz und Quere, Sie fragen über Kriegesheere, Und über Flotten, Land' und Meere. Sie fragen ſtets, bei Nacht, bei Tage, An jedem Ort, in jeder Lage, Sie fragen über jede Frage. Ob wir wohl Antwort je erleben? — Wenn lange noch die Fragen ſchweben, Wird uns die Zeit ſchon Antwort geben. Dann werden ſie und ihresgleichen, Sie die lebendigen Fragezeichen, Vor ſolcher Antwort ſchier erbleichen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0136" n="118"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Fragenden.</hi><lb/> </head> <cit> <quote> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">O curas hominum, o quantum est in rebus inane!</hi> </hi><lb/> </quote> <bibl> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq #i">Persius</hi> <hi rendition="#aq">I, I.</hi> </hi><lb/> </bibl> </cit> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Warum ſo viel Staffetten jagen?</l><lb/> <l>Was hat ſich denn wohl zugetragen?</l><lb/> <l>Nicht viel — die Diplomaten fragen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Sie fragen in die Kreuz und Quere,</l><lb/> <l>Sie fragen über Kriegesheere,</l><lb/> <l>Und über Flotten, Land' und Meere.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Sie fragen ſtets, bei Nacht, bei Tage,</l><lb/> <l>An jedem Ort, in jeder Lage,</l><lb/> <l>Sie fragen über jede Frage.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ob wir wohl Antwort je erleben? —</l><lb/> <l>Wenn lange noch die Fragen ſchweben,</l><lb/> <l>Wird uns die Zeit ſchon Antwort geben.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Dann werden ſie und ihresgleichen,</l><lb/> <l>Sie die lebendigen Fragezeichen,</l><lb/> <l>Vor ſolcher Antwort ſchier erbleichen.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0136]
Die Fragenden.
O curas hominum, o quantum est in rebus inane!
Persius I, I.
Warum ſo viel Staffetten jagen?
Was hat ſich denn wohl zugetragen?
Nicht viel — die Diplomaten fragen.
Sie fragen in die Kreuz und Quere,
Sie fragen über Kriegesheere,
Und über Flotten, Land' und Meere.
Sie fragen ſtets, bei Nacht, bei Tage,
An jedem Ort, in jeder Lage,
Sie fragen über jede Frage.
Ob wir wohl Antwort je erleben? —
Wenn lange noch die Fragen ſchweben,
Wird uns die Zeit ſchon Antwort geben.
Dann werden ſie und ihresgleichen,
Sie die lebendigen Fragezeichen,
Vor ſolcher Antwort ſchier erbleichen.
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