Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.zu dieser That der Hölle denken? -- Hm, erwiderte la Regnie, Cardillac war nicht arm -- im Besitz vortrefflicher Steine. -- Bekam, fuhr die Scudery fort, bekam denn nicht Alles die Tochter? Ihr vergeßt, daß Olivier Cardillac's Schwiegersohn werden sollte. -- Er mußte vielleicht theilen oder gar nur für Andere morden, sprach la Regnie. -- Theilen, für Andere morden? fragte die Scudery in vollem Erstaunen. -- Wißt, fuhr der Präsident fort, wißt, mein Fräulein, daß Olivier schon längst geblutet hätte auf dem Greveplatz, stünde seine That nicht in Beziehung mit dem dicht verschleierten Geheimniß, das bisher so bedrohlich über ganz Paris waltete. Olivier gehört offenbar zu jener verruchten Bande, die alle Aufmerksamkeit, alle Mühe, alles Forschen der Gerichtshöfe verspottend ihre Streiche sicher und ungestraft zu führen wußte. Durch ihn wird -- muß Alles klar werden. Die Wunde Cardillac's ist denen ganz ähnlich, die alle auf den Straßen, in den Häusern Ermordeten und Beraubten trugen. Dann aber das Entscheidendste: seit der Zeit, daß Olivier Brusson verhaftet ist, haben alle Mordthaten, alle Beraubungen aufgehört. Sicher sind die Straßen zur Nachtzeit wie am Tage. Beweis genug, daß Olivier vielleicht an der Spitze jener Mordbande stand. Noch will er nicht bekennen, aber es gibt Mittel, ihn sprechen zu machen wider seinen Willen. -- Und Madelon, rief die Scudery, und Madelon, die treue, unschuldige Taube! -- Ei, sprach la Regnie mit einem giftigen Lächeln, ei, wer zu dieser That der Hölle denken? — Hm, erwiderte la Regnie, Cardillac war nicht arm — im Besitz vortrefflicher Steine. — Bekam, fuhr die Scudery fort, bekam denn nicht Alles die Tochter? Ihr vergeßt, daß Olivier Cardillac's Schwiegersohn werden sollte. — Er mußte vielleicht theilen oder gar nur für Andere morden, sprach la Regnie. — Theilen, für Andere morden? fragte die Scudery in vollem Erstaunen. — Wißt, fuhr der Präsident fort, wißt, mein Fräulein, daß Olivier schon längst geblutet hätte auf dem Greveplatz, stünde seine That nicht in Beziehung mit dem dicht verschleierten Geheimniß, das bisher so bedrohlich über ganz Paris waltete. Olivier gehört offenbar zu jener verruchten Bande, die alle Aufmerksamkeit, alle Mühe, alles Forschen der Gerichtshöfe verspottend ihre Streiche sicher und ungestraft zu führen wußte. Durch ihn wird — muß Alles klar werden. Die Wunde Cardillac's ist denen ganz ähnlich, die alle auf den Straßen, in den Häusern Ermordeten und Beraubten trugen. Dann aber das Entscheidendste: seit der Zeit, daß Olivier Brusson verhaftet ist, haben alle Mordthaten, alle Beraubungen aufgehört. Sicher sind die Straßen zur Nachtzeit wie am Tage. Beweis genug, daß Olivier vielleicht an der Spitze jener Mordbande stand. Noch will er nicht bekennen, aber es gibt Mittel, ihn sprechen zu machen wider seinen Willen. — Und Madelon, rief die Scudery, und Madelon, die treue, unschuldige Taube! — Ei, sprach la Regnie mit einem giftigen Lächeln, ei, wer <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0061"/> zu dieser That der Hölle denken? — Hm, erwiderte la Regnie, Cardillac war nicht arm — im Besitz vortrefflicher Steine. — Bekam, fuhr die Scudery fort, bekam denn nicht Alles die Tochter? Ihr vergeßt, daß Olivier Cardillac's Schwiegersohn werden sollte. — Er mußte vielleicht theilen oder gar nur für Andere morden, sprach la Regnie. — Theilen, für Andere morden? fragte die Scudery in vollem Erstaunen. — Wißt, fuhr der Präsident fort, wißt, mein Fräulein, daß Olivier schon längst geblutet hätte auf dem Greveplatz, stünde seine That nicht in Beziehung mit dem dicht verschleierten Geheimniß, das bisher so bedrohlich über ganz Paris waltete. Olivier gehört offenbar zu jener verruchten Bande, die alle Aufmerksamkeit, alle Mühe, alles Forschen der Gerichtshöfe verspottend ihre Streiche sicher und ungestraft zu führen wußte. Durch ihn wird — muß Alles klar werden. Die Wunde Cardillac's ist denen ganz ähnlich, die alle auf den Straßen, in den Häusern Ermordeten und Beraubten trugen. Dann aber das Entscheidendste: seit der Zeit, daß Olivier Brusson verhaftet ist, haben alle Mordthaten, alle Beraubungen aufgehört. Sicher sind die Straßen zur Nachtzeit wie am Tage. Beweis genug, daß Olivier vielleicht an der Spitze jener Mordbande stand. Noch will er nicht bekennen, aber es gibt Mittel, ihn sprechen zu machen wider seinen Willen. — Und Madelon, rief die Scudery, und Madelon, die treue, unschuldige Taube! — Ei, sprach la Regnie mit einem giftigen Lächeln, ei, wer<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
zu dieser That der Hölle denken? — Hm, erwiderte la Regnie, Cardillac war nicht arm — im Besitz vortrefflicher Steine. — Bekam, fuhr die Scudery fort, bekam denn nicht Alles die Tochter? Ihr vergeßt, daß Olivier Cardillac's Schwiegersohn werden sollte. — Er mußte vielleicht theilen oder gar nur für Andere morden, sprach la Regnie. — Theilen, für Andere morden? fragte die Scudery in vollem Erstaunen. — Wißt, fuhr der Präsident fort, wißt, mein Fräulein, daß Olivier schon längst geblutet hätte auf dem Greveplatz, stünde seine That nicht in Beziehung mit dem dicht verschleierten Geheimniß, das bisher so bedrohlich über ganz Paris waltete. Olivier gehört offenbar zu jener verruchten Bande, die alle Aufmerksamkeit, alle Mühe, alles Forschen der Gerichtshöfe verspottend ihre Streiche sicher und ungestraft zu führen wußte. Durch ihn wird — muß Alles klar werden. Die Wunde Cardillac's ist denen ganz ähnlich, die alle auf den Straßen, in den Häusern Ermordeten und Beraubten trugen. Dann aber das Entscheidendste: seit der Zeit, daß Olivier Brusson verhaftet ist, haben alle Mordthaten, alle Beraubungen aufgehört. Sicher sind die Straßen zur Nachtzeit wie am Tage. Beweis genug, daß Olivier vielleicht an der Spitze jener Mordbande stand. Noch will er nicht bekennen, aber es gibt Mittel, ihn sprechen zu machen wider seinen Willen. — Und Madelon, rief die Scudery, und Madelon, die treue, unschuldige Taube! — Ei, sprach la Regnie mit einem giftigen Lächeln, ei, wer
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Zitationshilfe: | Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/61>, abgerufen am 16.02.2025. |