um so lieber zusagte, als Gabriele gleich die entschie¬ denste Neigung für den Grafen S. zeigte. Angelika äußerte nicht den mindesten Verdruß über die Un¬ treue ihres Liebhabers. "Er glaubt mich verlassen zu haben. Der thörichte Knabe! er merkt nicht, daß nicht ich, daß er mein Spielzeug war, das ich wegwarf!" -- So sprach sie in stolzem Hohn, und in der That, ihr ganzes Wesen zeigte, daß es wohl Ernst seyn mochte mit der Verachtung des Ungetreuen. Uebrigens sah man, sobald das Bündniß Gabriele'ns mit dem Grafen von S. aus¬ gesprochen war, Angelika sehr selten. Sie erschien nicht bey der Tafel und man sagte, sie schweife ein¬ sam im nächsten Walde umher, den sie längst zum Ziel ihrer Spaziergänge gewählt hatte. -- Ein sonderbarer Vorfall störte die einförmige Ruhe, die im Schlosse herrschte. Es begab sich, daß die Jäger des Grafen von Z., unterstützt von den in großer Anzahl aufgebotenen Bauern, endlich eine Zigeuner¬ bande eingefangen hatten, der man die Mordbren¬ nereien und Räubereien, welche seit kurzer Zeit so
häufig
um ſo lieber zuſagte, als Gabriele gleich die entſchie¬ denſte Neigung fuͤr den Grafen S. zeigte. Angelika aͤußerte nicht den mindeſten Verdruß uͤber die Un¬ treue ihres Liebhabers. „Er glaubt mich verlaſſen zu haben. Der thoͤrichte Knabe! er merkt nicht, daß nicht ich, daß er mein Spielzeug war, das ich wegwarf!“ — So ſprach ſie in ſtolzem Hohn, und in der That, ihr ganzes Weſen zeigte, daß es wohl Ernſt ſeyn mochte mit der Verachtung des Ungetreuen. Uebrigens ſah man, ſobald das Buͤndniß Gabriele'ns mit dem Grafen von S. aus¬ geſprochen war, Angelika ſehr ſelten. Sie erſchien nicht bey der Tafel und man ſagte, ſie ſchweife ein¬ ſam im naͤchſten Walde umher, den ſie laͤngſt zum Ziel ihrer Spaziergaͤnge gewaͤhlt hatte. — Ein ſonderbarer Vorfall ſtoͤrte die einfoͤrmige Ruhe, die im Schloſſe herrſchte. Es begab ſich, daß die Jaͤger des Grafen von Z., unterſtuͤtzt von den in großer Anzahl aufgebotenen Bauern, endlich eine Zigeuner¬ bande eingefangen hatten, der man die Mordbren¬ nereien und Raͤubereien, welche ſeit kurzer Zeit ſo
haͤufig
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um ſo lieber zuſagte, als Gabriele gleich die entſchie¬
denſte Neigung fuͤr den Grafen S. zeigte. Angelika
aͤußerte nicht den mindeſten Verdruß uͤber die Un¬
treue ihres Liebhabers. „Er glaubt mich verlaſſen
zu haben. Der thoͤrichte Knabe! er merkt nicht,
daß nicht ich, daß er mein Spielzeug war, das
ich wegwarf!“ — So ſprach ſie in ſtolzem Hohn,
und in der That, ihr ganzes Weſen zeigte, daß es
wohl Ernſt ſeyn mochte mit der Verachtung des
Ungetreuen. Uebrigens ſah man, ſobald das
Buͤndniß Gabriele'ns mit dem Grafen von S. aus¬
geſprochen war, Angelika ſehr ſelten. Sie erſchien
nicht bey der Tafel und man ſagte, ſie ſchweife ein¬
ſam im naͤchſten Walde umher, den ſie laͤngſt zum
Ziel ihrer Spaziergaͤnge gewaͤhlt hatte. — Ein
ſonderbarer Vorfall ſtoͤrte die einfoͤrmige Ruhe, die
im Schloſſe herrſchte. Es begab ſich, daß die Jaͤger
des Grafen von Z., unterſtuͤtzt von den in großer
Anzahl aufgebotenen Bauern, endlich eine Zigeuner¬
bande eingefangen hatten, der man die Mordbren¬
nereien und Raͤubereien, welche ſeit kurzer Zeit ſo
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/72>, abgerufen am 22.11.2024.
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