in den Saal trug. Lassen sie uns über das störende Intermezzo schnell hinweggehen, lassen sie uns tan¬ zen!" -- Die Musik begann sofort, aber als sich alles in der ersten Menuett pathetisch wandte und drehte, verschwand der Hofrath mit Exter und Rixendorf aus dem Saal. Als sie in ein entfern¬ tes Zimmer gekommen, warf sich Reutlinger er¬ schöpft in einen Lehnsessel, hielt beide Hände vor's Gesicht und sprach mit von Schmerz gepreßter Stimme: "O, meine Freunde! meine Freunde!" Exter und Rixendorf vermutheten mit Recht, daß irgend etwas Entsetzliches den Hofrath erfaßt haben müsse, und daß er sich jetzt darüber erklären werde. "Sag's nur heraus, alter Freund," sprach Rixen¬ dorf, "sag's nur heraus, dir ist, Gott weiß auf welche Weise, Schlimmes im Garten begegnet." "Aber," fiel letzter ein, "ich begreife gar nicht, wie dem Hofrath heute, und überhaupt in diesen Tagen Schlimmes begegnen konnte, da eben jetzt sein side¬ risches Prinzip reiner und herrlicher sich gestaltet als jemals." "Doch, doch!" fing der Hofrath mit dumpfer Stimme an, "Exter! es ist bald aus mit uns, der kecke Geisterseher klopfte nicht ungestraft an die dunklen Pforten. Ich wiederhole es dir, daß die geheimnißvolle Macht mich hinter den
in den Saal trug. Laſſen ſie uns uͤber das ſtoͤrende Intermezzo ſchnell hinweggehen, laſſen ſie uns tan¬ zen!“ — Die Muſik begann ſofort, aber als ſich alles in der erſten Menuett pathetiſch wandte und drehte, verſchwand der Hofrath mit Exter und Rixendorf aus dem Saal. Als ſie in ein entfern¬ tes Zimmer gekommen, warf ſich Reutlinger er¬ ſchoͤpft in einen Lehnſeſſel, hielt beide Haͤnde vor's Geſicht und ſprach mit von Schmerz gepreßter Stimme: „O, meine Freunde! meine Freunde!“ Exter und Rixendorf vermutheten mit Recht, daß irgend etwas Entſetzliches den Hofrath erfaßt haben muͤſſe, und daß er ſich jetzt daruͤber erklaͤren werde. „Sag's nur heraus, alter Freund,“ ſprach Rixen¬ dorf, „ſag's nur heraus, dir iſt, Gott weiß auf welche Weiſe, Schlimmes im Garten begegnet.“ „Aber,“ fiel letzter ein, „ich begreife gar nicht, wie dem Hofrath heute, und uͤberhaupt in dieſen Tagen Schlimmes begegnen konnte, da eben jetzt ſein ſide¬ riſches Prinzip reiner und herrlicher ſich geſtaltet als jemals.“ „Doch, doch!“ fing der Hofrath mit dumpfer Stimme an, „Exter! es iſt bald aus mit uns, der kecke Geiſterſeher klopfte nicht ungeſtraft an die dunklen Pforten. Ich wiederhole es dir, daß die geheimnißvolle Macht mich hinter den
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in den Saal trug. Laſſen ſie uns uͤber das ſtoͤrende
Intermezzo ſchnell hinweggehen, laſſen ſie uns tan¬
zen!“ — Die Muſik begann ſofort, aber als ſich
alles in der erſten Menuett pathetiſch wandte und
drehte, verſchwand der Hofrath mit Exter und
Rixendorf aus dem Saal. Als ſie in ein entfern¬
tes Zimmer gekommen, warf ſich Reutlinger er¬
ſchoͤpft in einen Lehnſeſſel, hielt beide Haͤnde vor's
Geſicht und ſprach mit von Schmerz gepreßter
Stimme: „O, meine Freunde! meine Freunde!“
Exter und Rixendorf vermutheten mit Recht, daß
irgend etwas Entſetzliches den Hofrath erfaßt haben
muͤſſe, und daß er ſich jetzt daruͤber erklaͤren werde.
„Sag's nur heraus, alter Freund,“ ſprach Rixen¬
dorf, „ſag's nur heraus, dir iſt, Gott weiß auf
welche Weiſe, Schlimmes im Garten begegnet.“
„Aber,“ fiel letzter ein, „ich begreife gar nicht, wie
dem Hofrath heute, und uͤberhaupt in dieſen Tagen
Schlimmes begegnen konnte, da eben jetzt ſein ſide¬
riſches Prinzip reiner und herrlicher ſich geſtaltet
als jemals.“ „Doch, doch!“ fing der Hofrath mit
dumpfer Stimme an, „Exter! es iſt bald aus mit
uns, der kecke Geiſterſeher klopfte nicht ungeſtraft
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/370>, abgerufen am 24.11.2024.
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