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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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und fröhlich aufklären." -- Clementine fand die
ganze Geschichte sehr unzart. Nannette dachte gar
nichts, aber Julie war sehr heiter geworden.
Jetzt ermunterte Reutlinger die Gesellschaft zum
Tanze. Sogleich spielten vier Theorbisten, unter¬
stützt von ein paar Zinken, Violinen und Bässen,
eine pathetische Sarabande. Die Alten tanzten,
die Jungen schauten zu. Der Goldstoffne zeichnete
sich aus durch zierliche und gewagte Sprünge. Der
Abend ging ganz heiter hin, so auch der andere
Morgen. Wie gestern sollte auch heute Concert
und Ball den festlichen Tag beschließen. Der Ge¬
neral Rixendorf saß schon am Flügel, der Gold¬
stoffne hatte die Theorbe im Arm, die geheime Rä¬
thin Foerd die Partie in der Hand. Man war¬
tete nur auf die Rückkehr des Hofraths Reutlinger.
Da hörte man im Garten ängstlich rufen und sah
die Bedienten herausrennen. Bald trugen sie den
Hofrath mit geisterbleichem entstelltem Gesicht herein,
der Gärtner hatte ihn unweit des Herzpavillons in
tiefer Ohnmacht auf der Erde liegend gefunden.
-- Mit einem Schrei des Entsetzens sprang
Rixendorf auf vom Flügel. Man eilte herbei mit
spirituösen Mitteln, man fing an, dem Hofrath,
der auf einem Kanape lag, die Stirne mit kölni¬

und froͤhlich aufklaͤren.“ — Clementine fand die
ganze Geſchichte ſehr unzart. Nannette dachte gar
nichts, aber Julie war ſehr heiter geworden.
Jetzt ermunterte Reutlinger die Geſellſchaft zum
Tanze. Sogleich ſpielten vier Theorbiſten, unter¬
ſtuͤtzt von ein paar Zinken, Violinen und Baͤſſen,
eine pathetiſche Sarabande. Die Alten tanzten,
die Jungen ſchauten zu. Der Goldſtoffne zeichnete
ſich aus durch zierliche und gewagte Spruͤnge. Der
Abend ging ganz heiter hin, ſo auch der andere
Morgen. Wie geſtern ſollte auch heute Concert
und Ball den feſtlichen Tag beſchließen. Der Ge¬
neral Rixendorf ſaß ſchon am Fluͤgel, der Gold¬
ſtoffne hatte die Theorbe im Arm, die geheime Raͤ¬
thin Foerd die Partie in der Hand. Man war¬
tete nur auf die Ruͤckkehr des Hofraths Reutlinger.
Da hoͤrte man im Garten aͤngſtlich rufen und ſah
die Bedienten herausrennen. Bald trugen ſie den
Hofrath mit geiſterbleichem entſtelltem Geſicht herein,
der Gaͤrtner hatte ihn unweit des Herzpavillons in
tiefer Ohnmacht auf der Erde liegend gefunden.
— Mit einem Schrei des Entſetzens ſprang
Rixendorf auf vom Fluͤgel. Man eilte herbei mit
ſpirituoͤſen Mitteln, man fing an, dem Hofrath,
der auf einem Kanape lag, die Stirne mit koͤlni¬

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[360/0368] und froͤhlich aufklaͤren.“ — Clementine fand die ganze Geſchichte ſehr unzart. Nannette dachte gar nichts, aber Julie war ſehr heiter geworden. Jetzt ermunterte Reutlinger die Geſellſchaft zum Tanze. Sogleich ſpielten vier Theorbiſten, unter¬ ſtuͤtzt von ein paar Zinken, Violinen und Baͤſſen, eine pathetiſche Sarabande. Die Alten tanzten, die Jungen ſchauten zu. Der Goldſtoffne zeichnete ſich aus durch zierliche und gewagte Spruͤnge. Der Abend ging ganz heiter hin, ſo auch der andere Morgen. Wie geſtern ſollte auch heute Concert und Ball den feſtlichen Tag beſchließen. Der Ge¬ neral Rixendorf ſaß ſchon am Fluͤgel, der Gold¬ ſtoffne hatte die Theorbe im Arm, die geheime Raͤ¬ thin Foerd die Partie in der Hand. Man war¬ tete nur auf die Ruͤckkehr des Hofraths Reutlinger. Da hoͤrte man im Garten aͤngſtlich rufen und ſah die Bedienten herausrennen. Bald trugen ſie den Hofrath mit geiſterbleichem entſtelltem Geſicht herein, der Gaͤrtner hatte ihn unweit des Herzpavillons in tiefer Ohnmacht auf der Erde liegend gefunden. — Mit einem Schrei des Entſetzens ſprang Rixendorf auf vom Fluͤgel. Man eilte herbei mit ſpirituoͤſen Mitteln, man fing an, dem Hofrath, der auf einem Kanape lag, die Stirne mit koͤlni¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/368>, abgerufen am 24.11.2024.