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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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maskirt, auch hast du mit reger Fantasie die Hoff¬
nung neuer Geburten angedeutet." -- Die Damen
fingen an ungeduldig zu murmeln, und der Gold¬
stoffne lispelte: "Aber Maxens Prozeß, Ver¬
ehrter?" -- "Indessen nimm mirs nicht übel, sprach
der General, (so fuhr Willibald fort) die Idee des
Bildes ist nicht die Deinige, sondern uralt; doch das
ist es eben, was dich rettet. Mit diesen Worten
kramte der General in seinem alten Schreibschranke,
holte einen Tabaksbeutel hervor, auf dem sich
Maxens Gedanke sauber und zwar beinahe ganz
nach Maxens Weise ausgeführt befand, überließ
denselben seinem Liebling zum Gebrauch und nun
war alles gut." "Wie das, wie das?" rief alles
durch einander, aber die Juristen, die sich in der
Gesellschaft befanden, lachten laut, und der geheime
Rath Foerd, der unterdessen auch hineingetreten war,
sprach lächelnd: "Er leugnete den animum inju¬
riandi
, die Absicht zu beleidigen, und wurde freige¬
sprochen." "Will so viel heißen," fiel Willibald
ihm im die Rede, "als daß Max sprach: Ich kann
nicht leugnen, daß das Bild von meiner Hand ist;
absichtslos und ohne irgend die von mir so hochver¬
ehrte Schneiderzunft kränken zu wollen, kopirte ich
das Blatt nach dem Original, das ich hier mit die¬

maskirt, auch haſt du mit reger Fantaſie die Hoff¬
nung neuer Geburten angedeutet.“ — Die Damen
fingen an ungeduldig zu murmeln, und der Gold¬
ſtoffne liſpelte: „Aber Maxens Prozeß, Ver¬
ehrter?“ — „Indeſſen nimm mirs nicht uͤbel, ſprach
der General, (ſo fuhr Willibald fort) die Idee des
Bildes iſt nicht die Deinige, ſondern uralt; doch das
iſt es eben, was dich rettet. Mit dieſen Worten
kramte der General in ſeinem alten Schreibſchranke,
holte einen Tabaksbeutel hervor, auf dem ſich
Maxens Gedanke ſauber und zwar beinahe ganz
nach Maxens Weiſe ausgefuͤhrt befand, uͤberließ
denſelben ſeinem Liebling zum Gebrauch und nun
war alles gut.“ „Wie das, wie das?“ rief alles
durch einander, aber die Juriſten, die ſich in der
Geſellſchaft befanden, lachten laut, und der geheime
Rath Foerd, der unterdeſſen auch hineingetreten war,
ſprach laͤchelnd: „Er leugnete den animum inju¬
riandi
, die Abſicht zu beleidigen, und wurde freige¬
ſprochen.“ „Will ſo viel heißen,“ fiel Willibald
ihm im die Rede, „als daß Max ſprach: Ich kann
nicht leugnen, daß das Bild von meiner Hand iſt;
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ehrte Schneiderzunft kraͤnken zu wollen, kopirte ich
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[358/0366] maskirt, auch haſt du mit reger Fantaſie die Hoff¬ nung neuer Geburten angedeutet.“ — Die Damen fingen an ungeduldig zu murmeln, und der Gold¬ ſtoffne liſpelte: „Aber Maxens Prozeß, Ver¬ ehrter?“ — „Indeſſen nimm mirs nicht uͤbel, ſprach der General, (ſo fuhr Willibald fort) die Idee des Bildes iſt nicht die Deinige, ſondern uralt; doch das iſt es eben, was dich rettet. Mit dieſen Worten kramte der General in ſeinem alten Schreibſchranke, holte einen Tabaksbeutel hervor, auf dem ſich Maxens Gedanke ſauber und zwar beinahe ganz nach Maxens Weiſe ausgefuͤhrt befand, uͤberließ denſelben ſeinem Liebling zum Gebrauch und nun war alles gut.“ „Wie das, wie das?“ rief alles durch einander, aber die Juriſten, die ſich in der Geſellſchaft befanden, lachten laut, und der geheime Rath Foerd, der unterdeſſen auch hineingetreten war, ſprach laͤchelnd: „Er leugnete den animum inju¬ riandi, die Abſicht zu beleidigen, und wurde freige¬ ſprochen.“ „Will ſo viel heißen,“ fiel Willibald ihm im die Rede, „als daß Max ſprach: Ich kann nicht leugnen, daß das Bild von meiner Hand iſt; abſichtslos und ohne irgend die von mir ſo hochver¬ ehrte Schneiderzunft kraͤnken zu wollen, kopirte ich das Blatt nach dem Original, das ich hier mit die¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/366>, abgerufen am 24.11.2024.