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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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und führte ihn mit beschwichtigenden Worten heraus
in den Garten. Die Gesellschaft war von dem Auf¬
tritt überrascht worden, jeder hatte in dem Jüng¬
ling den Schreiber des geheimen Rathes Foerd er¬
kannt und schaute diesen mit neugierigen Blicken
an. Der nahm aber eine Prise nach der andern
und sprach mit seiner Frau französisch, bis er end¬
lich, da ihm der türkische Gesandte näher auf den
Leib rückte, rund heraus erklärte: "Ich weiß,
Hochzuverehrende! durchaus mir nicht zu erklären,
welcher böse Geist meinen Max hier so plötzlich mit
exaltirten Danksagungen hineingeschleudert hat,
werde aber sogleich die Ehre haben" -- Damit
schlüpfte er zur Thüre heraus und Wilibald folgte
ihn auf dem Fuße. Das dreiblättrige Kleeblatt der
Foerdschen Familie, nemlich die drei Schwestern,
Nannette, Clementine und Julie, äußerten sich auf
ganz verschiedene Weise. Nannette ließ den Fächer auf-
und niederrauschen, sprach von Etourderie und woll¬
te endlich wieder singen: Amenez vos troupeaux,
worauf aber niemand achtete. Julie war abseits in
den Winkel getreten und der Gesellschaft den Rücken

und fuͤhrte ihn mit beſchwichtigenden Worten heraus
in den Garten. Die Geſellſchaft war von dem Auf¬
tritt uͤberraſcht worden, jeder hatte in dem Juͤng¬
ling den Schreiber des geheimen Rathes Foerd er¬
kannt und ſchaute dieſen mit neugierigen Blicken
an. Der nahm aber eine Priſe nach der andern
und ſprach mit ſeiner Frau franzoͤſiſch, bis er end¬
lich, da ihm der tuͤrkiſche Geſandte naͤher auf den
Leib ruͤckte, rund heraus erklaͤrte: „Ich weiß,
Hochzuverehrende! durchaus mir nicht zu erklaͤren,
welcher boͤſe Geiſt meinen Max hier ſo ploͤtzlich mit
exaltirten Dankſagungen hineingeſchleudert hat,
werde aber ſogleich die Ehre haben“ — Damit
ſchluͤpfte er zur Thuͤre heraus und Wilibald folgte
ihn auf dem Fuße. Das dreiblaͤttrige Kleeblatt der
Foerdſchen Familie, nemlich die drei Schweſtern,
Nannette, Clementine und Julie, aͤußerten ſich auf
ganz verſchiedene Weiſe. Nannette ließ den Faͤcher auf-
und niederrauſchen, ſprach von Etourderie und woll¬
te endlich wieder ſingen: Amenez vos troupeaux,
worauf aber niemand achtete. Julie war abſeits in
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[350/0358] und fuͤhrte ihn mit beſchwichtigenden Worten heraus in den Garten. Die Geſellſchaft war von dem Auf¬ tritt uͤberraſcht worden, jeder hatte in dem Juͤng¬ ling den Schreiber des geheimen Rathes Foerd er¬ kannt und ſchaute dieſen mit neugierigen Blicken an. Der nahm aber eine Priſe nach der andern und ſprach mit ſeiner Frau franzoͤſiſch, bis er end¬ lich, da ihm der tuͤrkiſche Geſandte naͤher auf den Leib ruͤckte, rund heraus erklaͤrte: „Ich weiß, Hochzuverehrende! durchaus mir nicht zu erklaͤren, welcher boͤſe Geiſt meinen Max hier ſo ploͤtzlich mit exaltirten Dankſagungen hineingeſchleudert hat, werde aber ſogleich die Ehre haben“ — Damit ſchluͤpfte er zur Thuͤre heraus und Wilibald folgte ihn auf dem Fuße. Das dreiblaͤttrige Kleeblatt der Foerdſchen Familie, nemlich die drei Schweſtern, Nannette, Clementine und Julie, aͤußerten ſich auf ganz verſchiedene Weiſe. Nannette ließ den Faͤcher auf- und niederrauſchen, ſprach von Etourderie und woll¬ te endlich wieder ſingen: Amenez vos troupeaux, worauf aber niemand achtete. Julie war abſeits in den Winkel getreten und der Geſellſchaft den Ruͤcken

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/358>, abgerufen am 27.11.2024.