ihren daran gehängten Haarbeuteln und Zöpfchen, ein kurioses Spielzeug des launigten Südwinds, auf und niederschaukelten. Lautes Lachen verkün¬ dete was hinter den Büschen verborgen. Eine gan¬ ze Gesellschaft alter gemüthlicher lebenskräftiger Herren hatte sich auf einem breiten von buntem Buschwerk umgebenen Rasenplatz versammelt. Die Röcke ausgezogen, die lästigen Perücken in den Ho¬ lunder gehängt, schlugen sie Ballon. Aber niemand übertraf den Hofrath Reutlinger, der den Ballon bis zu einer unglaublichen Höhe und so geschickt zu treiben wußte, daß er jedesmahl dem Gegenspieler schlaggerecht niederfiel. In dem Augenblick ließ sich eine abscheuliche Musik von kleinen Pfeifen und dumpfen Trommeln hören. Die Herren endeten schnell ihr Spiel und griffen nach ihren Röcken und Perücken. "Was ist denn das nun wieder?" sprach Ernst. "Ich wette," erwiederte Wilibald, "der türkische Gesandte zieht ein." "Der türkische Ge¬ sandte?" frug Ernst ganz erstaunt. "So nenne ich," fuhr Wilibald fort, "den Baron von Exter, der sich in G. aufhält und den Du noch viel zu we¬
ihren daran gehaͤngten Haarbeuteln und Zoͤpfchen, ein kurioſes Spielzeug des launigten Suͤdwinds, auf und niederſchaukelten. Lautes Lachen verkuͤn¬ dete was hinter den Buͤſchen verborgen. Eine gan¬ ze Geſellſchaft alter gemuͤthlicher lebenskraͤftiger Herren hatte ſich auf einem breiten von buntem Buſchwerk umgebenen Raſenplatz verſammelt. Die Roͤcke ausgezogen, die laͤſtigen Peruͤcken in den Ho¬ lunder gehaͤngt, ſchlugen ſie Ballon. Aber niemand uͤbertraf den Hofrath Reutlinger, der den Ballon bis zu einer unglaublichen Hoͤhe und ſo geſchickt zu treiben wußte, daß er jedesmahl dem Gegenſpieler ſchlaggerecht niederfiel. In dem Augenblick ließ ſich eine abſcheuliche Muſik von kleinen Pfeifen und dumpfen Trommeln hoͤren. Die Herren endeten ſchnell ihr Spiel und griffen nach ihren Roͤcken und Peruͤcken. „Was iſt denn das nun wieder?“ ſprach Ernſt. „Ich wette,“ erwiederte Wilibald, „der tuͤrkiſche Geſandte zieht ein.“ „Der tuͤrkiſche Ge¬ ſandte?“ frug Ernſt ganz erſtaunt. „So nenne ich,“ fuhr Wilibald fort, „den Baron von Exter, der ſich in G. aufhaͤlt und den Du noch viel zu we¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0348"n="340"/>
ihren daran gehaͤngten Haarbeuteln und Zoͤpfchen,<lb/>
ein kurioſes Spielzeug des launigten Suͤdwinds,<lb/>
auf und niederſchaukelten. Lautes Lachen verkuͤn¬<lb/>
dete was hinter den Buͤſchen verborgen. Eine gan¬<lb/>
ze Geſellſchaft alter gemuͤthlicher lebenskraͤftiger<lb/>
Herren hatte ſich auf einem breiten von buntem<lb/>
Buſchwerk umgebenen Raſenplatz verſammelt. Die<lb/>
Roͤcke ausgezogen, die laͤſtigen Peruͤcken in den Ho¬<lb/>
lunder gehaͤngt, ſchlugen ſie Ballon. Aber niemand<lb/>
uͤbertraf den Hofrath Reutlinger, der den Ballon<lb/>
bis zu einer unglaublichen Hoͤhe und ſo geſchickt zu<lb/>
treiben wußte, daß er jedesmahl dem Gegenſpieler<lb/>ſchlaggerecht niederfiel. In dem Augenblick ließ ſich<lb/>
eine abſcheuliche Muſik von kleinen Pfeifen und<lb/>
dumpfen Trommeln hoͤren. Die Herren endeten<lb/>ſchnell ihr Spiel und griffen nach ihren Roͤcken und<lb/>
Peruͤcken. „Was iſt denn das nun wieder?“ſprach<lb/>
Ernſt. „Ich wette,“ erwiederte Wilibald, „der<lb/>
tuͤrkiſche Geſandte zieht ein.“„Der tuͤrkiſche Ge¬<lb/>ſandte?“ frug Ernſt ganz erſtaunt. „So nenne<lb/>
ich,“ fuhr Wilibald fort, „den Baron von Exter,<lb/>
der ſich in G. aufhaͤlt und den Du noch viel zu we¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[340/0348]
ihren daran gehaͤngten Haarbeuteln und Zoͤpfchen,
ein kurioſes Spielzeug des launigten Suͤdwinds,
auf und niederſchaukelten. Lautes Lachen verkuͤn¬
dete was hinter den Buͤſchen verborgen. Eine gan¬
ze Geſellſchaft alter gemuͤthlicher lebenskraͤftiger
Herren hatte ſich auf einem breiten von buntem
Buſchwerk umgebenen Raſenplatz verſammelt. Die
Roͤcke ausgezogen, die laͤſtigen Peruͤcken in den Ho¬
lunder gehaͤngt, ſchlugen ſie Ballon. Aber niemand
uͤbertraf den Hofrath Reutlinger, der den Ballon
bis zu einer unglaublichen Hoͤhe und ſo geſchickt zu
treiben wußte, daß er jedesmahl dem Gegenſpieler
ſchlaggerecht niederfiel. In dem Augenblick ließ ſich
eine abſcheuliche Muſik von kleinen Pfeifen und
dumpfen Trommeln hoͤren. Die Herren endeten
ſchnell ihr Spiel und griffen nach ihren Roͤcken und
Peruͤcken. „Was iſt denn das nun wieder?“ ſprach
Ernſt. „Ich wette,“ erwiederte Wilibald, „der
tuͤrkiſche Geſandte zieht ein.“ „Der tuͤrkiſche Ge¬
ſandte?“ frug Ernſt ganz erſtaunt. „So nenne
ich,“ fuhr Wilibald fort, „den Baron von Exter,
der ſich in G. aufhaͤlt und den Du noch viel zu we¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/348>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.