Mode des Jahres 1760 gekleidet mit großen Perük¬ ken, gesteiften Kleidern, hohen Frisuren, Reifrök¬ ken u. s. w., welches denn um so mehr einen wun¬ derlichen Eindruck machte, als die Anlagen des Gar¬ tens ganz zu jenem Costum paßten. Jeder glaubte sich, wie durch einen Zauberschlag, in eine längst verflossene Zeit zurückversetzt. Der Maskerade lag eine wunderliche Idee Reutlingers zum Grunde. Er pflegte alle drei Jahre am Tage Mariä Geburt auf seinem Landsitz das Fest der alten Zeit zu feiern, wozu er alles aus dem Städtchen, was nur kommen wollte, einlud, jedoch war es uner¬ läßliche Bedingung, daß jeder Gast sich in das Costum des Jahres 1760 werfen mußte. Jungen Leuten, denen es lästig gewesen seyn würde, der¬ gleichen Kleider herbei zu schaffen, half der Hofrath aus mit seiner eigenen reichen Garderobe. -- Offenbar wollte der Hofrath diese Zeit hindurch (das Fest dauerte zwei bis drei Tage) in Rückerinnerungen der alten Jugendzeit recht schwelgen.
In einer Seitenallee begegneten sich Ernst und
Mode des Jahres 1760 gekleidet mit großen Peruͤk¬ ken, geſteiften Kleidern, hohen Friſuren, Reifroͤk¬ ken u. ſ. w., welches denn um ſo mehr einen wun¬ derlichen Eindruck machte, als die Anlagen des Gar¬ tens ganz zu jenem Coſtum paßten. Jeder glaubte ſich, wie durch einen Zauberſchlag, in eine laͤngſt verfloſſene Zeit zuruͤckverſetzt. Der Maskerade lag eine wunderliche Idee Reutlingers zum Grunde. Er pflegte alle drei Jahre am Tage Mariaͤ Geburt auf ſeinem Landſitz das Feſt der alten Zeit zu feiern, wozu er alles aus dem Staͤdtchen, was nur kommen wollte, einlud, jedoch war es uner¬ laͤßliche Bedingung, daß jeder Gaſt ſich in das Coſtum des Jahres 1760 werfen mußte. Jungen Leuten, denen es laͤſtig geweſen ſeyn wuͤrde, der¬ gleichen Kleider herbei zu ſchaffen, half der Hofrath aus mit ſeiner eigenen reichen Garderobe. — Offenbar wollte der Hofrath dieſe Zeit hindurch (das Feſt dauerte zwei bis drei Tage) in Ruͤckerinnerungen der alten Jugendzeit recht ſchwelgen.
In einer Seitenallee begegneten ſich Ernſt und
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Mode des Jahres 1760 gekleidet mit großen Peruͤk¬
ken, geſteiften Kleidern, hohen Friſuren, Reifroͤk¬
ken u. ſ. w., welches denn um ſo mehr einen wun¬
derlichen Eindruck machte, als die Anlagen des Gar¬
tens ganz zu jenem Coſtum paßten. Jeder glaubte
ſich, wie durch einen Zauberſchlag, in eine laͤngſt
verfloſſene Zeit zuruͤckverſetzt. Der Maskerade lag
eine wunderliche Idee Reutlingers zum Grunde.
Er pflegte alle drei Jahre am Tage Mariaͤ Geburt
auf ſeinem Landſitz das Feſt der alten Zeit
zu feiern, wozu er alles aus dem Staͤdtchen, was
nur kommen wollte, einlud, jedoch war es uner¬
laͤßliche Bedingung, daß jeder Gaſt ſich in das
Coſtum des Jahres 1760 werfen mußte. Jungen
Leuten, denen es laͤſtig geweſen ſeyn wuͤrde, der¬
gleichen Kleider herbei zu ſchaffen, half der Hofrath
aus mit ſeiner eigenen reichen Garderobe. — Offenbar
wollte der Hofrath dieſe Zeit hindurch (das Feſt
dauerte zwei bis drei Tage) in Ruͤckerinnerungen
der alten Jugendzeit recht ſchwelgen.
In einer Seitenallee begegneten ſich Ernſt und
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/343>, abgerufen am 25.11.2024.
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