nähren." -- "Ha!" fuhr er mit erhöhter Stimme fort, "dem unerforschlichen Geist der Welten gefiel es mich mit einer Gabe auszustatten, die, mich dem Tode entreißend, mich hundertmal tödtet! -- Gleich dem ewigen Juden, sehe ich das unsichtbare Cainszeichen auf der Stirne des gleißnerischen Meu¬ ters! -- Ich erkenne die geheimen Warnungen, die oft wie spielende Räthsel der geheimnißvolle König der Welt, den wir Zufall nennen, uns in den Weg wirft. Eine holde Jungfrau schaut uns mit hellen klaren Isisaugen an, aber wer ihre Räth¬ sel nicht löst, den ergreift sie mit kräftigen Löwen¬ tatzen, und schleudert ihn in den Abgrund." "Noch immer," sprach die alte Dame, noch immer diese verderblichen Träume. Wo blieb der schöne, artige Knabe, ihres jüngern Bruders Sohn, den Sie vor einigen Jahren so liebreich aufgenommen, in dem so viel Liebe und Trost für Sie aufzukeimen schien?" "Den," erwiederte der alte Herr mit rauher Stim¬ me, "den habe ich verstoßen, es war ein Bösewicht, eine Schlange, die ich mir zum Verderben im Bu¬
naͤhren.“ — „Ha!“ fuhr er mit erhoͤhter Stimme fort, „dem unerforſchlichen Geiſt der Welten gefiel es mich mit einer Gabe auszuſtatten, die, mich dem Tode entreißend, mich hundertmal toͤdtet! — Gleich dem ewigen Juden, ſehe ich das unſichtbare Cainszeichen auf der Stirne des gleißneriſchen Meu¬ ters! — Ich erkenne die geheimen Warnungen, die oft wie ſpielende Raͤthſel der geheimnißvolle Koͤnig der Welt, den wir Zufall nennen, uns in den Weg wirft. Eine holde Jungfrau ſchaut uns mit hellen klaren Iſisaugen an, aber wer ihre Raͤth¬ ſel nicht loͤſt, den ergreift ſie mit kraͤftigen Loͤwen¬ tatzen, und ſchleudert ihn in den Abgrund.“ „Noch immer,“ ſprach die alte Dame, noch immer dieſe verderblichen Traͤume. Wo blieb der ſchoͤne, artige Knabe, ihres juͤngern Bruders Sohn, den Sie vor einigen Jahren ſo liebreich aufgenommen, in dem ſo viel Liebe und Troſt fuͤr Sie aufzukeimen ſchien?“ „Den,“ erwiederte der alte Herr mit rauher Stim¬ me, „den habe ich verſtoßen, es war ein Boͤſewicht, eine Schlange, die ich mir zum Verderben im Bu¬
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naͤhren.“ — „Ha!“ fuhr er mit erhoͤhter Stimme
fort, „dem unerforſchlichen Geiſt der Welten gefiel es
mich mit einer Gabe auszuſtatten, die, mich dem
Tode entreißend, mich hundertmal toͤdtet! —
Gleich dem ewigen Juden, ſehe ich das unſichtbare
Cainszeichen auf der Stirne des gleißneriſchen Meu¬
ters! — Ich erkenne die geheimen Warnungen,
die oft wie ſpielende Raͤthſel der geheimnißvolle
Koͤnig der Welt, den wir Zufall nennen, uns in
den Weg wirft. Eine holde Jungfrau ſchaut uns
mit hellen klaren Iſisaugen an, aber wer ihre Raͤth¬
ſel nicht loͤſt, den ergreift ſie mit kraͤftigen Loͤwen¬
tatzen, und ſchleudert ihn in den Abgrund.“ „Noch
immer,“ ſprach die alte Dame, noch immer dieſe
verderblichen Traͤume. Wo blieb der ſchoͤne, artige
Knabe, ihres juͤngern Bruders Sohn, den Sie vor
einigen Jahren ſo liebreich aufgenommen, in dem
ſo viel Liebe und Troſt fuͤr Sie aufzukeimen ſchien?“
„Den,“ erwiederte der alte Herr mit rauher Stim¬
me, „den habe ich verſtoßen, es war ein Boͤſewicht,
eine Schlange, die ich mir zum Verderben im Bu¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/339>, abgerufen am 22.11.2024.
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