nur dem tiefen, aber an einer Todeswunde krän¬ kelnden Gemüth eigen. Ich rathe Dir, geliebter Leser! die kleinen Zimmer des zweiten Stocks, die wie eine Gallerie den Saal umgeben, und aus deren Fenstern man hinabschaut in den Saal, zu durchwandern. Hier sind die Verzierungen sehr einfach, aber hin und wieder stößest du auf teut¬ sche, arabische und türkische Inschriften, die sich wunderlich genug ausnehmen. Du eilst jetzt nach dem Garten, er ist nach altfranzösischer Art mit langen, breiten, von hohen Taxuswänden um¬ schlossenen Gängen, mit geräumigen Casketts an¬ gelegt, und mit Statuen, mit Fontainen geschmückt. Ich weiß nicht, ob du, geliebter Leser, nicht auch den ernsten feierlichen Eindruck, den solch' ein alt¬ französischer Garten macht, mit mir fühlst, und ob du solch' ein Gartenkunstwerk nicht der alber¬ nen Kleinigkeitskrämerei vorziehst, die in unsern sogenannten englischen Gärten mit Brückchen und Flüßlein, und Tempelchen und Gröttchen getrieben wird. Am Ende des Gartens trittst du in einen
nur dem tiefen, aber an einer Todeswunde kraͤn¬ kelnden Gemuͤth eigen. Ich rathe Dir, geliebter Leſer! die kleinen Zimmer des zweiten Stocks, die wie eine Gallerie den Saal umgeben, und aus deren Fenſtern man hinabſchaut in den Saal, zu durchwandern. Hier ſind die Verzierungen ſehr einfach, aber hin und wieder ſtoͤßeſt du auf teut¬ ſche, arabiſche und tuͤrkiſche Inſchriften, die ſich wunderlich genug ausnehmen. Du eilſt jetzt nach dem Garten, er iſt nach altfranzoͤſiſcher Art mit langen, breiten, von hohen Taxuswaͤnden um¬ ſchloſſenen Gaͤngen, mit geraͤumigen Casketts an¬ gelegt, und mit Statuen, mit Fontainen geſchmuͤckt. Ich weiß nicht, ob du, geliebter Leſer, nicht auch den ernſten feierlichen Eindruck, den ſolch' ein alt¬ franzoͤſiſcher Garten macht, mit mir fuͤhlſt, und ob du ſolch' ein Gartenkunſtwerk nicht der alber¬ nen Kleinigkeitskraͤmerei vorziehſt, die in unſern ſogenannten engliſchen Gaͤrten mit Bruͤckchen und Fluͤßlein, und Tempelchen und Groͤttchen getrieben wird. Am Ende des Gartens trittſt du in einen
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nur dem tiefen, aber an einer Todeswunde kraͤn¬
kelnden Gemuͤth eigen. Ich rathe Dir, geliebter
Leſer! die kleinen Zimmer des zweiten Stocks,
die wie eine Gallerie den Saal umgeben, und aus
deren Fenſtern man hinabſchaut in den Saal, zu
durchwandern. Hier ſind die Verzierungen ſehr
einfach, aber hin und wieder ſtoͤßeſt du auf teut¬
ſche, arabiſche und tuͤrkiſche Inſchriften, die ſich
wunderlich genug ausnehmen. Du eilſt jetzt nach
dem Garten, er iſt nach altfranzoͤſiſcher Art mit
langen, breiten, von hohen Taxuswaͤnden um¬
ſchloſſenen Gaͤngen, mit geraͤumigen Casketts an¬
gelegt, und mit Statuen, mit Fontainen geſchmuͤckt.
Ich weiß nicht, ob du, geliebter Leſer, nicht auch
den ernſten feierlichen Eindruck, den ſolch' ein alt¬
franzoͤſiſcher Garten macht, mit mir fuͤhlſt, und
ob du ſolch' ein Gartenkunſtwerk nicht der alber¬
nen Kleinigkeitskraͤmerei vorziehſt, die in unſern
ſogenannten engliſchen Gaͤrten mit Bruͤckchen und
Fluͤßlein, und Tempelchen und Groͤttchen getrieben
wird. Am Ende des Gartens trittſt du in einen
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/334>, abgerufen am 22.11.2024.
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