und bald stand das Bild eines herrlichen, aber in verderblichen Zauberdingen befangenen Geschöpfs mir lebendig vor Augen. Der Alte wurde mir zum fatalen Hexenmeister, zum verdammten Zau¬ berkerl, der vielleicht ganz unabhängig von der Gräflich S -- schen Familie geworden, nun auf seine eigne Hand in dem verödeten Hause Unheil¬ bringendes Wesen trieb. Meine Fantasie war im Arbeiten und noch in selbiger Nacht nicht sowohl im Traum, als im Deliriren des Einschlafens, sah ich deutlich die Hand mit dem funkelnden Diamant am Finger, den Arm mit der glänzenden Spange. Wie aus dünnen grauen Nebeln trat nach und nach ein holdes Antlitz mit wehmüthig flehenden blauen Himmelsaugen, dann die ganze wunderherrliche Gestalt eines Mädchens, in voller anmuthiger Ju¬ gendblüthe hervor. Bald bemerkte ich, daß das, was ich für Nebel hielt, der feine Dampf war, der aus der Krystallflasche, die die Gestalt in den Hän¬ den hielt, in sich kreiselndem Gewirbel emporstieg. "O du holdes Zauberbild," rief ich voll Entzücken,
und bald ſtand das Bild eines herrlichen, aber in verderblichen Zauberdingen befangenen Geſchoͤpfs mir lebendig vor Augen. Der Alte wurde mir zum fatalen Hexenmeiſter, zum verdammten Zau¬ berkerl, der vielleicht ganz unabhaͤngig von der Graͤflich S — ſchen Familie geworden, nun auf ſeine eigne Hand in dem veroͤdeten Hauſe Unheil¬ bringendes Weſen trieb. Meine Fantaſie war im Arbeiten und noch in ſelbiger Nacht nicht ſowohl im Traum, als im Deliriren des Einſchlafens, ſah ich deutlich die Hand mit dem funkelnden Diamant am Finger, den Arm mit der glaͤnzenden Spange. Wie aus duͤnnen grauen Nebeln trat nach und nach ein holdes Antlitz mit wehmuͤthig flehenden blauen Himmelsaugen, dann die ganze wunderherrliche Geſtalt eines Maͤdchens, in voller anmuthiger Ju¬ gendbluͤthe hervor. Bald bemerkte ich, daß das, was ich fuͤr Nebel hielt, der feine Dampf war, der aus der Kryſtallflaſche, die die Geſtalt in den Haͤn¬ den hielt, in ſich kreiſelndem Gewirbel emporſtieg. „O du holdes Zauberbild,“ rief ich voll Entzuͤcken,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0032"n="24"/>
und bald ſtand das Bild eines herrlichen, aber in<lb/>
verderblichen Zauberdingen befangenen Geſchoͤpfs<lb/>
mir lebendig vor Augen. Der Alte wurde mir<lb/>
zum fatalen Hexenmeiſter, zum verdammten Zau¬<lb/>
berkerl, der vielleicht ganz unabhaͤngig von der<lb/>
Graͤflich S —ſchen Familie geworden, nun auf<lb/>ſeine eigne Hand in dem veroͤdeten Hauſe Unheil¬<lb/>
bringendes Weſen trieb. Meine Fantaſie war im<lb/>
Arbeiten und noch in ſelbiger Nacht nicht ſowohl im<lb/>
Traum, als im Deliriren des Einſchlafens, ſah ich<lb/>
deutlich die Hand mit dem funkelnden Diamant am<lb/>
Finger, den Arm mit der glaͤnzenden Spange.<lb/>
Wie aus duͤnnen grauen Nebeln trat nach und nach<lb/>
ein holdes Antlitz mit wehmuͤthig flehenden blauen<lb/>
Himmelsaugen, dann die ganze wunderherrliche<lb/>
Geſtalt eines Maͤdchens, in voller anmuthiger Ju¬<lb/>
gendbluͤthe hervor. Bald bemerkte ich, daß das,<lb/>
was ich fuͤr Nebel hielt, der feine Dampf war, der<lb/>
aus der Kryſtallflaſche, die die Geſtalt in den Haͤn¬<lb/>
den hielt, in ſich kreiſelndem Gewirbel emporſtieg.<lb/>„O du holdes Zauberbild,“ rief ich voll Entzuͤcken,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[24/0032]
und bald ſtand das Bild eines herrlichen, aber in
verderblichen Zauberdingen befangenen Geſchoͤpfs
mir lebendig vor Augen. Der Alte wurde mir
zum fatalen Hexenmeiſter, zum verdammten Zau¬
berkerl, der vielleicht ganz unabhaͤngig von der
Graͤflich S — ſchen Familie geworden, nun auf
ſeine eigne Hand in dem veroͤdeten Hauſe Unheil¬
bringendes Weſen trieb. Meine Fantaſie war im
Arbeiten und noch in ſelbiger Nacht nicht ſowohl im
Traum, als im Deliriren des Einſchlafens, ſah ich
deutlich die Hand mit dem funkelnden Diamant am
Finger, den Arm mit der glaͤnzenden Spange.
Wie aus duͤnnen grauen Nebeln trat nach und nach
ein holdes Antlitz mit wehmuͤthig flehenden blauen
Himmelsaugen, dann die ganze wunderherrliche
Geſtalt eines Maͤdchens, in voller anmuthiger Ju¬
gendbluͤthe hervor. Bald bemerkte ich, daß das,
was ich fuͤr Nebel hielt, der feine Dampf war, der
aus der Kryſtallflaſche, die die Geſtalt in den Haͤn¬
den hielt, in ſich kreiſelndem Gewirbel emporſtieg.
„O du holdes Zauberbild,“ rief ich voll Entzuͤcken,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/32>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.