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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Xaver, ein zwanzigjähriger Jüngling, in eigent¬
lichen Liebeshändeln unerfahren, entfaltete, von
dem sichern Takt fürs Böse im Innern geleitet,
die Kunst des erfahrnen Meisters. Nur von
Stanislaus, von seiner unaussprechlichen Liebe
zur süßen Braut, sprach er, aber durch die volle
Gluth, die er dann entzündet, wußte er geschickt
sein eignes Bild durchschimmern zu lassen, so daß
Hermenegilda in arger Verwirrung selbst nicht
wußte, wie beide Bilder, das des abwesenden
Stanislaus und das des gegenwärtigen Xaver, tren¬
nen. Xavers Gesellschaft wurde bald der aufge¬
regten Hermenegilda zum Bedürfniß, und so
geschah es, daß man sie beinahe beständig, und
oft wie im traulichen Liebesgespräch zusammensah.
Die Gewohnheit überwand mehr und mehr Her¬
menegilda's Scheu und in eben dem Grade über¬
schritt Xaver jene Schranken des frostigen Cere¬
moniells, in die er sich Anfangs mit klugem Vor¬
bedacht gebannt hatte. Arm in Arm gingen Her¬
menegilda und Xaver in dem Park umher, und

Xaver, ein zwanzigjaͤhriger Juͤngling, in eigent¬
lichen Liebeshaͤndeln unerfahren, entfaltete, von
dem ſichern Takt fuͤrs Boͤſe im Innern geleitet,
die Kunſt des erfahrnen Meiſters. Nur von
Stanislaus, von ſeiner unausſprechlichen Liebe
zur ſuͤßen Braut, ſprach er, aber durch die volle
Gluth, die er dann entzuͤndet, wußte er geſchickt
ſein eignes Bild durchſchimmern zu laſſen, ſo daß
Hermenegilda in arger Verwirrung ſelbſt nicht
wußte, wie beide Bilder, das des abweſenden
Stanislaus und das des gegenwaͤrtigen Xaver, tren¬
nen. Xavers Geſellſchaft wurde bald der aufge¬
regten Hermenegilda zum Beduͤrfniß, und ſo
geſchah es, daß man ſie beinahe beſtaͤndig, und
oft wie im traulichen Liebesgeſpraͤch zuſammenſah.
Die Gewohnheit uͤberwand mehr und mehr Her¬
menegilda's Scheu und in eben dem Grade uͤber¬
ſchritt Xaver jene Schranken des froſtigen Cere¬
moniells, in die er ſich Anfangs mit klugem Vor¬
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[292/0300] Xaver, ein zwanzigjaͤhriger Juͤngling, in eigent¬ lichen Liebeshaͤndeln unerfahren, entfaltete, von dem ſichern Takt fuͤrs Boͤſe im Innern geleitet, die Kunſt des erfahrnen Meiſters. Nur von Stanislaus, von ſeiner unausſprechlichen Liebe zur ſuͤßen Braut, ſprach er, aber durch die volle Gluth, die er dann entzuͤndet, wußte er geſchickt ſein eignes Bild durchſchimmern zu laſſen, ſo daß Hermenegilda in arger Verwirrung ſelbſt nicht wußte, wie beide Bilder, das des abweſenden Stanislaus und das des gegenwaͤrtigen Xaver, tren¬ nen. Xavers Geſellſchaft wurde bald der aufge¬ regten Hermenegilda zum Beduͤrfniß, und ſo geſchah es, daß man ſie beinahe beſtaͤndig, und oft wie im traulichen Liebesgeſpraͤch zuſammenſah. Die Gewohnheit uͤberwand mehr und mehr Her¬ menegilda's Scheu und in eben dem Grade uͤber¬ ſchritt Xaver jene Schranken des froſtigen Cere¬ moniells, in die er ſich Anfangs mit klugem Vor¬ bedacht gebannt hatte. Arm in Arm gingen Her¬ menegilda und Xaver in dem Park umher, und

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/300>, abgerufen am 25.11.2024.