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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Garten heraus, vorhanden, dies dürfte aber gar
kein Zimmer, sondern nur eine schlechte Kammer
genannt werden; kaum so geräumig, um ein Bette,
einen Tisch und einen Stuhl hinein zu stellen,
ganz einer elenden Klosterzelle gleich. Cölestine
verlangte augenblicklich diese Kammer zu sehen,
und erklärte, kaum hineingekommen, daß eben die¬
ses Gemach ihren Wünschen und Bedürfnissen
angemessen sey, daß sie nur in diesem und keinem
andern wohnen, und es nur dann, wenn ihr Zu¬
stand durchaus größeren Raum und eine Kran¬
kenwärterin erfordern solle, mit einem größern
vertauschen werde. Verglich der Alte schon jetzt
dieses enge Gemach mit einer Klosterzelle, so war
es andern Tages ganz dazu geworden. Cölestine
hatte ein Marienbild an die Wand geheftet und
auf den alten hölzernen Tisch, der unter dem
Bilde stand, ein Cruzifix hingestellt. Das Bette
bestand in einem Strohsack und einer wollenen
Decke und außer einem hölzernen Schemmel und
noch einem kleinen Tisch, litt Cölestine kein ande¬

Garten heraus, vorhanden, dies duͤrfte aber gar
kein Zimmer, ſondern nur eine ſchlechte Kammer
genannt werden; kaum ſo geraͤumig, um ein Bette,
einen Tiſch und einen Stuhl hinein zu ſtellen,
ganz einer elenden Kloſterzelle gleich. Coͤleſtine
verlangte augenblicklich dieſe Kammer zu ſehen,
und erklaͤrte, kaum hineingekommen, daß eben die¬
ſes Gemach ihren Wuͤnſchen und Beduͤrfniſſen
angemeſſen ſey, daß ſie nur in dieſem und keinem
andern wohnen, und es nur dann, wenn ihr Zu¬
ſtand durchaus groͤßeren Raum und eine Kran¬
kenwaͤrterin erfordern ſolle, mit einem groͤßern
vertauſchen werde. Verglich der Alte ſchon jetzt
dieſes enge Gemach mit einer Kloſterzelle, ſo war
es andern Tages ganz dazu geworden. Coͤleſtine
hatte ein Marienbild an die Wand geheftet und
auf den alten hoͤlzernen Tiſch, der unter dem
Bilde ſtand, ein Cruzifix hingeſtellt. Das Bette
beſtand in einem Strohſack und einer wollenen
Decke und außer einem hoͤlzernen Schemmel und
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[262/0270] Garten heraus, vorhanden, dies duͤrfte aber gar kein Zimmer, ſondern nur eine ſchlechte Kammer genannt werden; kaum ſo geraͤumig, um ein Bette, einen Tiſch und einen Stuhl hinein zu ſtellen, ganz einer elenden Kloſterzelle gleich. Coͤleſtine verlangte augenblicklich dieſe Kammer zu ſehen, und erklaͤrte, kaum hineingekommen, daß eben die¬ ſes Gemach ihren Wuͤnſchen und Beduͤrfniſſen angemeſſen ſey, daß ſie nur in dieſem und keinem andern wohnen, und es nur dann, wenn ihr Zu¬ ſtand durchaus groͤßeren Raum und eine Kran¬ kenwaͤrterin erfordern ſolle, mit einem groͤßern vertauſchen werde. Verglich der Alte ſchon jetzt dieſes enge Gemach mit einer Kloſterzelle, ſo war es andern Tages ganz dazu geworden. Coͤleſtine hatte ein Marienbild an die Wand geheftet und auf den alten hoͤlzernen Tiſch, der unter dem Bilde ſtand, ein Cruzifix hingeſtellt. Das Bette beſtand in einem Strohſack und einer wollenen Decke und außer einem hoͤlzernen Schemmel und noch einem kleinen Tiſch, litt Coͤleſtine kein ande¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/270>, abgerufen am 24.11.2024.