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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Augenblicke bei ihr verweilen," damit machte sie
Anstalt ihren Reisemantel herunterzuziehen, worin
ihr des Bürgermeisters ältere Tochter beistand,
so daß bald ihr Nonnengewand, so wie ein auf
der Brust funkelndes Kreuz sichtbar wurde, wel¬
ches sie als Aebtissin eines Cisterzienser Nonnen¬
klosters darstellte. Die verhüllte Dame hatte un¬
terdessen nur durch ein leises, kaum vernehmbares
Aechzen kund gethan, daß sie noch lebe und end¬
lich die Hausfrau um ein Glas Wasser gebeten.
Die brachte aber allerley stärkende Tropfen und
Essenzen herbei, und pries ihre Wunderkraft, in¬
dem sie die Dame bat, doch nur die dicken, schwe¬
ren Schleier, die ihr alles freie Athmen verhin¬
dern müßten, abzulegen. Mit der Hand jede
Annäherung der Hausfrau abwehrend, mit allen
Zeichen des Abscheues den Kopf zurückbeugend, ver¬
warf aber die Kranke den Vorschlag, und selbst,
als sie endlich es sich gefallen ließ, den Duft einer
starken Lebensessenz einzuziehen, als sie etwas von
dem verlangten Wasser, in das die besorgte Haus¬

Augenblicke bei ihr verweilen,“ damit machte ſie
Anſtalt ihren Reiſemantel herunterzuziehen, worin
ihr des Buͤrgermeiſters aͤltere Tochter beiſtand,
ſo daß bald ihr Nonnengewand, ſo wie ein auf
der Bruſt funkelndes Kreuz ſichtbar wurde, wel¬
ches ſie als Aebtiſſin eines Ciſterzienſer Nonnen¬
kloſters darſtellte. Die verhuͤllte Dame hatte un¬
terdeſſen nur durch ein leiſes, kaum vernehmbares
Aechzen kund gethan, daß ſie noch lebe und end¬
lich die Hausfrau um ein Glas Waſſer gebeten.
Die brachte aber allerley ſtaͤrkende Tropfen und
Eſſenzen herbei, und pries ihre Wunderkraft, in¬
dem ſie die Dame bat, doch nur die dicken, ſchwe¬
ren Schleier, die ihr alles freie Athmen verhin¬
dern muͤßten, abzulegen. Mit der Hand jede
Annaͤherung der Hausfrau abwehrend, mit allen
Zeichen des Abſcheues den Kopf zuruͤckbeugend, ver¬
warf aber die Kranke den Vorſchlag, und ſelbſt,
als ſie endlich es ſich gefallen ließ, den Duft einer
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[256/0264] Augenblicke bei ihr verweilen,“ damit machte ſie Anſtalt ihren Reiſemantel herunterzuziehen, worin ihr des Buͤrgermeiſters aͤltere Tochter beiſtand, ſo daß bald ihr Nonnengewand, ſo wie ein auf der Bruſt funkelndes Kreuz ſichtbar wurde, wel¬ ches ſie als Aebtiſſin eines Ciſterzienſer Nonnen¬ kloſters darſtellte. Die verhuͤllte Dame hatte un¬ terdeſſen nur durch ein leiſes, kaum vernehmbares Aechzen kund gethan, daß ſie noch lebe und end¬ lich die Hausfrau um ein Glas Waſſer gebeten. Die brachte aber allerley ſtaͤrkende Tropfen und Eſſenzen herbei, und pries ihre Wunderkraft, in¬ dem ſie die Dame bat, doch nur die dicken, ſchwe¬ ren Schleier, die ihr alles freie Athmen verhin¬ dern muͤßten, abzulegen. Mit der Hand jede Annaͤherung der Hausfrau abwehrend, mit allen Zeichen des Abſcheues den Kopf zuruͤckbeugend, ver¬ warf aber die Kranke den Vorſchlag, und ſelbſt, als ſie endlich es ſich gefallen ließ, den Duft einer ſtarken Lebenseſſenz einzuziehen, als ſie etwas von dem verlangten Waſſer, in das die beſorgte Haus¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/264>, abgerufen am 24.11.2024.