aber unter angstvollen Seufzern der Todesqual an der Wand kratzte, da faßte den Freiherrn tiefes Entsetzen. Bleich im Gesicht wie der Tod, mit emporgesträubtem Haar sprang er auf, schritt in be¬ drohlicher Stellung zu auf den Alten und rief mit starker Stimme, daß der Saal erdröhnte: "Da¬ niel! -- Daniel! -- was machst du hier zu dieser Stunde!" Da stieß der Alte jenes grauenvolle heulende Gewimmer aus, gleich dem Todeslaut des getroffenen Thiers, wie damals, als ihm Wolffgang Gold für seine Treue bot und sank zusammen. V. rief die Bedienten herbei, man hob den Alten auf, alle Versuche ihn zu beleben blieben vergebens. Da schrie der Freiherr wie außer sich: "Herr Gott! -- Herr Gott! habe ich denn nicht gehört, daß Nacht¬ wandler auf der Stelle des Todes seyn können, wenn man sie beim Namen ruft? -- Ich! -- Ich Unglückseligster -- ich habe den armen Greis er¬ schlagen! -- Zeit meines Lebens habe ich keine ru¬ hige Stunde mehr!" -- V., als die Bedienten den Leichnam fortgetragen und der Saal leer gewor¬
den,
aber unter angſtvollen Seufzern der Todesqual an der Wand kratzte, da faßte den Freiherrn tiefes Entſetzen. Bleich im Geſicht wie der Tod, mit emporgeſtraͤubtem Haar ſprang er auf, ſchritt in be¬ drohlicher Stellung zu auf den Alten und rief mit ſtarker Stimme, daß der Saal erdroͤhnte: „Da¬ niel! — Daniel! — was machſt du hier zu dieſer Stunde!“ Da ſtieß der Alte jenes grauenvolle heulende Gewimmer aus, gleich dem Todeslaut des getroffenen Thiers, wie damals, als ihm Wolffgang Gold fuͤr ſeine Treue bot und ſank zuſammen. V. rief die Bedienten herbei, man hob den Alten auf, alle Verſuche ihn zu beleben blieben vergebens. Da ſchrie der Freiherr wie außer ſich: „Herr Gott! — Herr Gott! habe ich denn nicht gehoͤrt, daß Nacht¬ wandler auf der Stelle des Todes ſeyn koͤnnen, wenn man ſie beim Namen ruft? — Ich! — Ich Ungluͤckſeligſter — ich habe den armen Greis er¬ ſchlagen! — Zeit meines Lebens habe ich keine ru¬ hige Stunde mehr!“ — V., als die Bedienten den Leichnam fortgetragen und der Saal leer gewor¬
den,
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aber unter angſtvollen Seufzern der Todesqual an
der Wand kratzte, da faßte den Freiherrn tiefes
Entſetzen. Bleich im Geſicht wie der Tod, mit
emporgeſtraͤubtem Haar ſprang er auf, ſchritt in be¬
drohlicher Stellung zu auf den Alten und rief mit
ſtarker Stimme, daß der Saal erdroͤhnte: „Da¬
niel! — Daniel! — was machſt du hier zu dieſer
Stunde!“ Da ſtieß der Alte jenes grauenvolle
heulende Gewimmer aus, gleich dem Todeslaut des
getroffenen Thiers, wie damals, als ihm Wolffgang
Gold fuͤr ſeine Treue bot und ſank zuſammen. V.
rief die Bedienten herbei, man hob den Alten auf,
alle Verſuche ihn zu beleben blieben vergebens. Da
ſchrie der Freiherr wie außer ſich: „Herr Gott! —
Herr Gott! habe ich denn nicht gehoͤrt, daß Nacht¬
wandler auf der Stelle des Todes ſeyn koͤnnen,
wenn man ſie beim Namen ruft? — Ich! — Ich
Ungluͤckſeligſter — ich habe den armen Greis er¬
ſchlagen! — Zeit meines Lebens habe ich keine ru¬
hige Stunde mehr!“ — V., als die Bedienten
den Leichnam fortgetragen und der Saal leer gewor¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/248>, abgerufen am 27.11.2024.
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