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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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te des Majorats in seinen Nutzen verwandt, darü¬
ber aber ein Schuldinstrument ausgestellt und es
auf den ihm zustehenden Antheil der Güter in
Curland versichern lassen. -- V. hatte seit der Zeit,
als ihm Daniel als Nachtwandler erschien, das
Schlafgemach des alten Roderich zu seinem Wohn¬
zimmer gewählt, um desto sicherer das erlauschen
zu können, was ihm Daniel nachher freiwillig of¬
fenbarte. So kam es, daß dies Gemach und der
anstoßende große Saal der Ort blieb, wo der Frei¬
herr mit V. im Geschäft zusammenkam. Da sa¬
ßen nun beide beim helllodernden Kaminfeuer an
dem großen Tische, V. mit der Feder in der Hand,
die Summen notirend und den Reichthum des Ma¬
joratsherrn berechnend, dieser mit aufgestemmtem
Arm hineinblinzelnd in die aufgeschlagenen Rech¬
nungsbücher, in die gewichtigen Dokumente. Kei¬
ner vernahm das dumpfe Brausen der See, das
Angstgeschrei der Möven, die das Unwetter verkün¬
dend im Hin- und Herflattern an die Fensterscheiben
schlugen, keiner achtete des Sturms, der um Mit¬

te des Majorats in ſeinen Nutzen verwandt, daruͤ¬
ber aber ein Schuldinſtrument ausgeſtellt und es
auf den ihm zuſtehenden Antheil der Guͤter in
Curland verſichern laſſen. — V. hatte ſeit der Zeit,
als ihm Daniel als Nachtwandler erſchien, das
Schlafgemach des alten Roderich zu ſeinem Wohn¬
zimmer gewaͤhlt, um deſto ſicherer das erlauſchen
zu koͤnnen, was ihm Daniel nachher freiwillig of¬
fenbarte. So kam es, daß dies Gemach und der
anſtoßende große Saal der Ort blieb, wo der Frei¬
herr mit V. im Geſchaͤft zuſammenkam. Da ſa¬
ßen nun beide beim helllodernden Kaminfeuer an
dem großen Tiſche, V. mit der Feder in der Hand,
die Summen notirend und den Reichthum des Ma¬
joratsherrn berechnend, dieſer mit aufgeſtemmtem
Arm hineinblinzelnd in die aufgeſchlagenen Rech¬
nungsbuͤcher, in die gewichtigen Dokumente. Kei¬
ner vernahm das dumpfe Brauſen der See, das
Angſtgeſchrei der Moͤven, die das Unwetter verkuͤn¬
dend im Hin- und Herflattern an die Fenſterſcheiben
ſchlugen, keiner achtete des Sturms, der um Mit¬

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[238/0246] te des Majorats in ſeinen Nutzen verwandt, daruͤ¬ ber aber ein Schuldinſtrument ausgeſtellt und es auf den ihm zuſtehenden Antheil der Guͤter in Curland verſichern laſſen. — V. hatte ſeit der Zeit, als ihm Daniel als Nachtwandler erſchien, das Schlafgemach des alten Roderich zu ſeinem Wohn¬ zimmer gewaͤhlt, um deſto ſicherer das erlauſchen zu koͤnnen, was ihm Daniel nachher freiwillig of¬ fenbarte. So kam es, daß dies Gemach und der anſtoßende große Saal der Ort blieb, wo der Frei¬ herr mit V. im Geſchaͤft zuſammenkam. Da ſa¬ ßen nun beide beim helllodernden Kaminfeuer an dem großen Tiſche, V. mit der Feder in der Hand, die Summen notirend und den Reichthum des Ma¬ joratsherrn berechnend, dieſer mit aufgeſtemmtem Arm hineinblinzelnd in die aufgeſchlagenen Rech¬ nungsbuͤcher, in die gewichtigen Dokumente. Kei¬ ner vernahm das dumpfe Brauſen der See, das Angſtgeſchrei der Moͤven, die das Unwetter verkuͤn¬ dend im Hin- und Herflattern an die Fenſterſcheiben ſchlugen, keiner achtete des Sturms, der um Mit¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/246>, abgerufen am 23.11.2024.