Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

aus Curland unterbrachen das Idyllenleben auf
dem Schlosse. Hubert hatte sich gar nicht auf
den Gütern sehen lassen, sondern war unmittelbar
nach Petersburg gegangen, dort in Militärdienste
getreten, und stand jetzt im Felde gegen die Per¬
ser, mit denen Rußland gerade im Kriege begriffen.
Dies machte die schnelle Abreise der Baronin mit
ihrer Tochter nach den Gütern, wo Unordnung
und Verwirrung herrschte, nöthig. Roderich, der
sich schon als den aufgenommenen Sohn betrach¬
tete, unterließ nicht die Geliebte zu begleiten und
so wurde, da V. ebenfalls nach K. zurückkehrte,
das Schloß einsam, wie vorher. Des Hausver¬
walters böse Krankheit wurde schlimmer und schlim¬
mer, so daß er nicht mehr daraus zu erstehen
glaubte, sein Amt wurde einem alten Jäger,
Wolfgangs treuem Diener, Franz geheißen, über¬
tragen. Endlich nach langem Harren erhielt V.
die günstigsten Nachrichten aus der Schweiz. Der
Pfarrer, der Roderichs Trauung vollzogen, war
längst gestorben, indessen fand sich in dem Kir¬

aus Curland unterbrachen das Idyllenleben auf
dem Schloſſe. Hubert hatte ſich gar nicht auf
den Guͤtern ſehen laſſen, ſondern war unmittelbar
nach Petersburg gegangen, dort in Militaͤrdienſte
getreten, und ſtand jetzt im Felde gegen die Per¬
ſer, mit denen Rußland gerade im Kriege begriffen.
Dies machte die ſchnelle Abreiſe der Baronin mit
ihrer Tochter nach den Guͤtern, wo Unordnung
und Verwirrung herrſchte, noͤthig. Roderich, der
ſich ſchon als den aufgenommenen Sohn betrach¬
tete, unterließ nicht die Geliebte zu begleiten und
ſo wurde, da V. ebenfalls nach K. zuruͤckkehrte,
das Schloß einſam, wie vorher. Des Hausver¬
walters boͤſe Krankheit wurde ſchlimmer und ſchlim¬
mer, ſo daß er nicht mehr daraus zu erſtehen
glaubte, ſein Amt wurde einem alten Jaͤger,
Wolfgangs treuem Diener, Franz geheißen, uͤber¬
tragen. Endlich nach langem Harren erhielt V.
die guͤnſtigſten Nachrichten aus der Schweiz. Der
Pfarrer, der Roderichs Trauung vollzogen, war
laͤngſt geſtorben, indeſſen fand ſich in dem Kir¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0243" n="235"/>
aus Curland unterbrachen das Idyllenleben auf<lb/>
dem Schlo&#x017F;&#x017F;e. Hubert hatte &#x017F;ich gar nicht auf<lb/>
den Gu&#x0364;tern &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern war unmittelbar<lb/>
nach Petersburg gegangen, dort in Milita&#x0364;rdien&#x017F;te<lb/>
getreten, und &#x017F;tand jetzt im Felde gegen die Per¬<lb/>
&#x017F;er, mit denen Rußland gerade im Kriege begriffen.<lb/>
Dies machte die &#x017F;chnelle Abrei&#x017F;e der Baronin mit<lb/>
ihrer Tochter nach den Gu&#x0364;tern, wo Unordnung<lb/>
und Verwirrung herr&#x017F;chte, no&#x0364;thig. Roderich, der<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;chon als den aufgenommenen Sohn betrach¬<lb/>
tete, unterließ nicht die Geliebte zu begleiten und<lb/>
&#x017F;o wurde, da V. ebenfalls nach K. zuru&#x0364;ckkehrte,<lb/>
das Schloß ein&#x017F;am, wie vorher. Des Hausver¬<lb/>
walters bo&#x0364;&#x017F;e Krankheit wurde &#x017F;chlimmer und &#x017F;chlim¬<lb/>
mer, &#x017F;o daß er nicht mehr daraus zu er&#x017F;tehen<lb/>
glaubte, &#x017F;ein Amt wurde einem alten Ja&#x0364;ger,<lb/>
Wolfgangs treuem Diener, Franz geheißen, u&#x0364;ber¬<lb/>
tragen. Endlich nach langem Harren erhielt V.<lb/>
die gu&#x0364;n&#x017F;tig&#x017F;ten Nachrichten aus der Schweiz. Der<lb/>
Pfarrer, der Roderichs Trauung vollzogen, war<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t ge&#x017F;torben, inde&#x017F;&#x017F;en fand &#x017F;ich in dem Kir¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0243] aus Curland unterbrachen das Idyllenleben auf dem Schloſſe. Hubert hatte ſich gar nicht auf den Guͤtern ſehen laſſen, ſondern war unmittelbar nach Petersburg gegangen, dort in Militaͤrdienſte getreten, und ſtand jetzt im Felde gegen die Per¬ ſer, mit denen Rußland gerade im Kriege begriffen. Dies machte die ſchnelle Abreiſe der Baronin mit ihrer Tochter nach den Guͤtern, wo Unordnung und Verwirrung herrſchte, noͤthig. Roderich, der ſich ſchon als den aufgenommenen Sohn betrach¬ tete, unterließ nicht die Geliebte zu begleiten und ſo wurde, da V. ebenfalls nach K. zuruͤckkehrte, das Schloß einſam, wie vorher. Des Hausver¬ walters boͤſe Krankheit wurde ſchlimmer und ſchlim¬ mer, ſo daß er nicht mehr daraus zu erſtehen glaubte, ſein Amt wurde einem alten Jaͤger, Wolfgangs treuem Diener, Franz geheißen, uͤber¬ tragen. Endlich nach langem Harren erhielt V. die guͤnſtigſten Nachrichten aus der Schweiz. Der Pfarrer, der Roderichs Trauung vollzogen, war laͤngſt geſtorben, indeſſen fand ſich in dem Kir¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/243
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/243>, abgerufen am 27.11.2024.