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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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über mein Pflichtgefühl. Das freie Vermögen in
Curland ist, wie Sie wissen, bedeutend, auf die
mir zufallende Hälfte wollt' ich verzichten, aber
zu Gunsten seiner Familie. Hubert ist verheira¬
thet in Curland an ein schönes armes Fräulein.
Sie hat ihm Kinder erzeugt, und darbt mit ih¬
nen. Die Güter sollten administrirt, aus den
Revenüen ihm die nöthigen Gelder zum Unter¬
halt angewiesen, die Gläubiger, vermöge Abkom¬
mens, befriedigt werden. Aber was gilt ihm ein
ruhiges, sorgenfreies Leben, was gilt ihm Frau
und Kind! -- Geld, baares Geld in großen Sum¬
men will er haben, damit er in verruchtem Leicht¬
sinn es verprassen könne! -- Welcher Dämon hat
ihm das Geheimniß mit den einhundert und funf¬
zig tausend Thalern verrathen, davon verlangt er
die Hälfte nach seiner wahnsinnigen Weise, be¬
hauptend, dies Geld sey, getrennt vom Majorat,
als freies Vermögen zu achten -- Ich muß und
werde ihm dies verweigern, aber mir ahnt es,
mein Verderben brütet er aus im Innern." --

uͤber mein Pflichtgefuͤhl. Das freie Vermoͤgen in
Curland iſt, wie Sie wiſſen, bedeutend, auf die
mir zufallende Haͤlfte wollt' ich verzichten, aber
zu Gunſten ſeiner Familie. Hubert iſt verheira¬
thet in Curland an ein ſchoͤnes armes Fraͤulein.
Sie hat ihm Kinder erzeugt, und darbt mit ih¬
nen. Die Guͤter ſollten adminiſtrirt, aus den
Revenuͤen ihm die noͤthigen Gelder zum Unter¬
halt angewieſen, die Glaͤubiger, vermoͤge Abkom¬
mens, befriedigt werden. Aber was gilt ihm ein
ruhiges, ſorgenfreies Leben, was gilt ihm Frau
und Kind! — Geld, baares Geld in großen Sum¬
men will er haben, damit er in verruchtem Leicht¬
ſinn es verpraſſen koͤnne! — Welcher Daͤmon hat
ihm das Geheimniß mit den einhundert und funf¬
zig tauſend Thalern verrathen, davon verlangt er
die Haͤlfte nach ſeiner wahnſinnigen Weiſe, be¬
hauptend, dies Geld ſey, getrennt vom Majorat,
als freies Vermoͤgen zu achten — Ich muß und
werde ihm dies verweigern, aber mir ahnt es,
mein Verderben bruͤtet er aus im Innern.“ —

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[198/0206] uͤber mein Pflichtgefuͤhl. Das freie Vermoͤgen in Curland iſt, wie Sie wiſſen, bedeutend, auf die mir zufallende Haͤlfte wollt' ich verzichten, aber zu Gunſten ſeiner Familie. Hubert iſt verheira¬ thet in Curland an ein ſchoͤnes armes Fraͤulein. Sie hat ihm Kinder erzeugt, und darbt mit ih¬ nen. Die Guͤter ſollten adminiſtrirt, aus den Revenuͤen ihm die noͤthigen Gelder zum Unter¬ halt angewieſen, die Glaͤubiger, vermoͤge Abkom¬ mens, befriedigt werden. Aber was gilt ihm ein ruhiges, ſorgenfreies Leben, was gilt ihm Frau und Kind! — Geld, baares Geld in großen Sum¬ men will er haben, damit er in verruchtem Leicht¬ ſinn es verpraſſen koͤnne! — Welcher Daͤmon hat ihm das Geheimniß mit den einhundert und funf¬ zig tauſend Thalern verrathen, davon verlangt er die Haͤlfte nach ſeiner wahnſinnigen Weiſe, be¬ hauptend, dies Geld ſey, getrennt vom Majorat, als freies Vermoͤgen zu achten — Ich muß und werde ihm dies verweigern, aber mir ahnt es, mein Verderben bruͤtet er aus im Innern.“ —

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/206>, abgerufen am 23.11.2024.