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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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könne, bat ihn, wenigstens ein paar Stunden zu
verweilen, und in dem Augenblick kam auch der
Freiherr herab, laut rufend: "Bleibe hier, Hu¬
bert! -- Du wirst dich besinnen!" -- Huberts
Blicke heiterten sich auf, er gewann Fassung, und
indem er den reichen Leibpelz, den er, schnell ab¬
gezogen, hinter sich dem Bedienten zuwarf, nahm
er V -- s Hand, und sprach mit ihm, in die Zim¬
mer schreitend, mit einem verhöhnenden Lächeln:
"Der Majoratsherr will mich doch also hier lei¬
den." V. meinte, daß gewiß sich jetzt das un¬
glückliche Mißverständniß lösen werde, welches
nur bei getrenntem Leben habe gedeihen können.
Hubert nahm die stählerne Zange, die beim Ka¬
min stand, zur Hand, und, indem er damit ein
astiges, dampfendes Stück Holz auseinander klopfte,
und das Feuer besser aufschürte, sprach er zu V.:
"Sie merken, Herr Justitiarius, daß ich ein gut¬
müthiger Mensch bin, und geschickt zu allerlei
häuslichen Diensten. Aber Wolfgang ist voll der
wunderlichsten Vorurtheile, und -- ein kleiner

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koͤnne, bat ihn, wenigſtens ein paar Stunden zu
verweilen, und in dem Augenblick kam auch der
Freiherr herab, laut rufend: „Bleibe hier, Hu¬
bert! — Du wirſt dich beſinnen!“ — Huberts
Blicke heiterten ſich auf, er gewann Faſſung, und
indem er den reichen Leibpelz, den er, ſchnell ab¬
gezogen, hinter ſich dem Bedienten zuwarf, nahm
er V — s Hand, und ſprach mit ihm, in die Zim¬
mer ſchreitend, mit einem verhoͤhnenden Laͤcheln:
„Der Majoratsherr will mich doch alſo hier lei¬
den.“ V. meinte, daß gewiß ſich jetzt das un¬
gluͤckliche Mißverſtaͤndniß loͤſen werde, welches
nur bei getrenntem Leben habe gedeihen koͤnnen.
Hubert nahm die ſtaͤhlerne Zange, die beim Ka¬
min ſtand, zur Hand, und, indem er damit ein
aſtiges, dampfendes Stuͤck Holz auseinander klopfte,
und das Feuer beſſer aufſchuͤrte, ſprach er zu V.:
„Sie merken, Herr Juſtitiarius, daß ich ein gut¬
muͤthiger Menſch bin, und geſchickt zu allerlei
haͤuslichen Dienſten. Aber Wolfgang iſt voll der
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[195/0203] koͤnne, bat ihn, wenigſtens ein paar Stunden zu verweilen, und in dem Augenblick kam auch der Freiherr herab, laut rufend: „Bleibe hier, Hu¬ bert! — Du wirſt dich beſinnen!“ — Huberts Blicke heiterten ſich auf, er gewann Faſſung, und indem er den reichen Leibpelz, den er, ſchnell ab¬ gezogen, hinter ſich dem Bedienten zuwarf, nahm er V — s Hand, und ſprach mit ihm, in die Zim¬ mer ſchreitend, mit einem verhoͤhnenden Laͤcheln: „Der Majoratsherr will mich doch alſo hier lei¬ den.“ V. meinte, daß gewiß ſich jetzt das un¬ gluͤckliche Mißverſtaͤndniß loͤſen werde, welches nur bei getrenntem Leben habe gedeihen koͤnnen. Hubert nahm die ſtaͤhlerne Zange, die beim Ka¬ min ſtand, zur Hand, und, indem er damit ein aſtiges, dampfendes Stuͤck Holz auseinander klopfte, und das Feuer beſſer aufſchuͤrte, ſprach er zu V.: „Sie merken, Herr Juſtitiarius, daß ich ein gut¬ muͤthiger Menſch bin, und geſchickt zu allerlei haͤuslichen Dienſten. Aber Wolfgang iſt voll der wunderlichſten Vorurtheile, und — ein kleiner N 2

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/203>, abgerufen am 26.11.2024.