zubringen, und bessere Kost, guten Wein, wie es ihm gefiel, genießen durfte, genug, aus dem Greise schien ein rüstiger Mann werden zu wollen mit rothen Wangen und wohlgenährtem Körper, der kräftig auftrat, und mit lauter Stimme mitlachte, wo es einen Spaß gab -- Das lustige Leben in R -- sitten wurde durch die Ankunft eines Man¬ nes unterbrochen, von dem man hätte denken sol¬ len, er gehöre nun gerade hin. Wolfgangs jün¬ gerer Bruder, Hubert, war dieser Mann, bei des¬ sen Anblick Wolfgang, im Antlitz den bleichen Tod, laut aufschrie: "Unglücklicher, was willst du hier!" -- Hubert stürzte dem Bruder in die Arme, die¬ ser faßte ihn aber, und zog ihn mit sich fort und hinauf in ein entferntes Zimmer, wo er sich mit ihm einschloß. Mehrere Stunden blieben beide zusammen, bis endlich Hubert herab kam mit ver¬ störtem Wesen, und nach seinen Pferden rief. Der Justitiarius trat ihm in den Weg, er wollte vorüber; V., von der Ahnung ergriffen, daß viel¬ leicht gerade hier ein tödtlicher Bruderzwist enden
zubringen, und beſſere Koſt, guten Wein, wie es ihm gefiel, genießen durfte, genug, aus dem Greiſe ſchien ein ruͤſtiger Mann werden zu wollen mit rothen Wangen und wohlgenaͤhrtem Koͤrper, der kraͤftig auftrat, und mit lauter Stimme mitlachte, wo es einen Spaß gab — Das luſtige Leben in R — ſitten wurde durch die Ankunft eines Man¬ nes unterbrochen, von dem man haͤtte denken ſol¬ len, er gehoͤre nun gerade hin. Wolfgangs juͤn¬ gerer Bruder, Hubert, war dieſer Mann, bei deſ¬ ſen Anblick Wolfgang, im Antlitz den bleichen Tod, laut aufſchrie: „Ungluͤcklicher, was willſt du hier!“ — Hubert ſtuͤrzte dem Bruder in die Arme, die¬ ſer faßte ihn aber, und zog ihn mit ſich fort und hinauf in ein entferntes Zimmer, wo er ſich mit ihm einſchloß. Mehrere Stunden blieben beide zuſammen, bis endlich Hubert herab kam mit ver¬ ſtoͤrtem Weſen, und nach ſeinen Pferden rief. Der Juſtitiarius trat ihm in den Weg, er wollte voruͤber; V., von der Ahnung ergriffen, daß viel¬ leicht gerade hier ein toͤdtlicher Bruderzwiſt enden
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zubringen, und beſſere Koſt, guten Wein, wie es
ihm gefiel, genießen durfte, genug, aus dem Greiſe
ſchien ein ruͤſtiger Mann werden zu wollen mit
rothen Wangen und wohlgenaͤhrtem Koͤrper, der
kraͤftig auftrat, und mit lauter Stimme mitlachte,
wo es einen Spaß gab — Das luſtige Leben in
R — ſitten wurde durch die Ankunft eines Man¬
nes unterbrochen, von dem man haͤtte denken ſol¬
len, er gehoͤre nun gerade hin. Wolfgangs juͤn¬
gerer Bruder, Hubert, war dieſer Mann, bei deſ¬
ſen Anblick Wolfgang, im Antlitz den bleichen Tod,
laut aufſchrie: „Ungluͤcklicher, was willſt du hier!“
— Hubert ſtuͤrzte dem Bruder in die Arme, die¬
ſer faßte ihn aber, und zog ihn mit ſich fort und
hinauf in ein entferntes Zimmer, wo er ſich mit
ihm einſchloß. Mehrere Stunden blieben beide
zuſammen, bis endlich Hubert herab kam mit ver¬
ſtoͤrtem Weſen, und nach ſeinen Pferden rief.
Der Juſtitiarius trat ihm in den Weg, er wollte
voruͤber; V., von der Ahnung ergriffen, daß viel¬
leicht gerade hier ein toͤdtlicher Bruderzwiſt enden
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/202>, abgerufen am 25.11.2024.
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