Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

sich wieder entfernt, schien der neue Majorats-
Herr, von der düstern Stimmung verlassen, sich
des erworbenen Besitzthums recht zu erfreuen. Mit
R., dem Justitiarius des alten Freiherrn, dem er
gleich, nachdem er ihn nur gesprochen, sein volles
Vertrauen schenkte, und ihn in seinem Amt bestä¬
tigte, hielt er genaue Rechnung über die Einkünfte
des Majorats, und überlegte, wie viel davon ver¬
wandt werden könne zu Verbesserungen und zum
Aufbau eines neuen Schlosses. V. meinte, daß der
alte Freiherr unmöglich seine jährlichen Einkünfte
aufgezehrt haben könne, und daß, da sich unter den
Briefschaften nur ein paar unbedeutende Capitalien
in Bankoscheinen befanden, und die in einem eiser¬
nen Kasten befindliche baare Summe tausend Thaler
nur um weniges überstiege, gewiß irgendwo noch
Geld verborgen seyn müsse Wer anders konnte
davon unterrichtet seyn, als Daniel, der, störrisch
und eigensinnig wie er war, vielleicht nur darauf
wartete, daß man ihn darum befrage. Der Baron
war nicht wenig besorgt, daß Daniel, den er schwer

ſich wieder entfernt, ſchien der neue Majorats-
Herr, von der duͤſtern Stimmung verlaſſen, ſich
des erworbenen Beſitzthums recht zu erfreuen. Mit
R., dem Juſtitiarius des alten Freiherrn, dem er
gleich, nachdem er ihn nur geſprochen, ſein volles
Vertrauen ſchenkte, und ihn in ſeinem Amt beſtaͤ¬
tigte, hielt er genaue Rechnung uͤber die Einkuͤnfte
des Majorats, und uͤberlegte, wie viel davon ver¬
wandt werden koͤnne zu Verbeſſerungen und zum
Aufbau eines neuen Schloſſes. V. meinte, daß der
alte Freiherr unmoͤglich ſeine jaͤhrlichen Einkuͤnfte
aufgezehrt haben koͤnne, und daß, da ſich unter den
Briefſchaften nur ein paar unbedeutende Capitalien
in Bankoſcheinen befanden, und die in einem eiſer¬
nen Kaſten befindliche baare Summe tauſend Thaler
nur um weniges uͤberſtiege, gewiß irgendwo noch
Geld verborgen ſeyn muͤſſe Wer anders konnte
davon unterrichtet ſeyn, als Daniel, der, ſtoͤrriſch
und eigenſinnig wie er war, vielleicht nur darauf
wartete, daß man ihn darum befrage. Der Baron
war nicht wenig beſorgt, daß Daniel, den er ſchwer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0191" n="183"/>
&#x017F;ich wieder entfernt, &#x017F;chien der neue Majorats-<lb/>
Herr, von der du&#x0364;&#x017F;tern Stimmung verla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich<lb/>
des erworbenen Be&#x017F;itzthums recht zu erfreuen. Mit<lb/>
R., dem Ju&#x017F;titiarius des alten Freiherrn, dem er<lb/>
gleich, nachdem er ihn nur ge&#x017F;prochen, &#x017F;ein volles<lb/>
Vertrauen &#x017F;chenkte, und ihn in &#x017F;einem Amt be&#x017F;ta&#x0364;¬<lb/>
tigte, hielt er genaue Rechnung u&#x0364;ber die Einku&#x0364;nfte<lb/>
des Majorats, und u&#x0364;berlegte, wie viel davon ver¬<lb/>
wandt werden ko&#x0364;nne zu Verbe&#x017F;&#x017F;erungen und zum<lb/>
Aufbau eines neuen Schlo&#x017F;&#x017F;es. V. meinte, daß der<lb/>
alte Freiherr unmo&#x0364;glich &#x017F;eine ja&#x0364;hrlichen Einku&#x0364;nfte<lb/>
aufgezehrt haben ko&#x0364;nne, und daß, da &#x017F;ich unter den<lb/>
Brief&#x017F;chaften nur ein paar unbedeutende Capitalien<lb/>
in Banko&#x017F;cheinen befanden, und die in einem ei&#x017F;er¬<lb/>
nen Ka&#x017F;ten befindliche baare Summe tau&#x017F;end Thaler<lb/>
nur um weniges u&#x0364;ber&#x017F;tiege, gewiß irgendwo noch<lb/>
Geld verborgen &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Wer anders konnte<lb/>
davon unterrichtet &#x017F;eyn, als Daniel, der, &#x017F;to&#x0364;rri&#x017F;ch<lb/>
und eigen&#x017F;innig wie er war, vielleicht nur darauf<lb/>
wartete, daß man ihn darum befrage. Der Baron<lb/>
war nicht wenig be&#x017F;orgt, daß Daniel, den er &#x017F;chwer<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0191] ſich wieder entfernt, ſchien der neue Majorats- Herr, von der duͤſtern Stimmung verlaſſen, ſich des erworbenen Beſitzthums recht zu erfreuen. Mit R., dem Juſtitiarius des alten Freiherrn, dem er gleich, nachdem er ihn nur geſprochen, ſein volles Vertrauen ſchenkte, und ihn in ſeinem Amt beſtaͤ¬ tigte, hielt er genaue Rechnung uͤber die Einkuͤnfte des Majorats, und uͤberlegte, wie viel davon ver¬ wandt werden koͤnne zu Verbeſſerungen und zum Aufbau eines neuen Schloſſes. V. meinte, daß der alte Freiherr unmoͤglich ſeine jaͤhrlichen Einkuͤnfte aufgezehrt haben koͤnne, und daß, da ſich unter den Briefſchaften nur ein paar unbedeutende Capitalien in Bankoſcheinen befanden, und die in einem eiſer¬ nen Kaſten befindliche baare Summe tauſend Thaler nur um weniges uͤberſtiege, gewiß irgendwo noch Geld verborgen ſeyn muͤſſe Wer anders konnte davon unterrichtet ſeyn, als Daniel, der, ſtoͤrriſch und eigenſinnig wie er war, vielleicht nur darauf wartete, daß man ihn darum befrage. Der Baron war nicht wenig beſorgt, daß Daniel, den er ſchwer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/191
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/191>, abgerufen am 25.11.2024.