das pfeifende Gerassel der mühsam geöffneten Schlös¬ ser, jeder Fußtritt, recht schauerlich wiederhallte, durch unversehrte Gänge, Säle, Zimmer, fort und fort wandelte. Nirgends die mindeste Spur irgend einer Verwüstung. Eine finstere Ahnung erfaßte den alten Hausverwalter. Er schritt hinauf in den großen Rittersaal, in dessen Seitenkabinet der Frei¬ herr Roderich von R. zu ruhen pflegte, wenn er astronomische Beobachtungen angestellt. Eine zwi¬ schen der Thür dieses und eines andern Kabinets an¬ gebrachte Pforte führte durch einen engen Gang unmittelbar in den astronomischen Thurm. Aber so wie Daniel (so war der Hausverwalter geheißen) diese Pforte öffnete, warf ihm der Sturm, abscheu¬ lig heulend und sausend, Schutt und zerbröckelte Mauersteine entgegen, so daß er vor Entsetzen weit zurückprallte, und, indem er den Leuchter, dessen Kerzen prasselnd verlöschten, an die Erde fallen ließ, laut aufschrie: "O Herr des Himmels! der Ba¬ ron ist jämmerlich zerschmettert!" -- In dem Au¬ genblick ließen sich Klagelaute vernehmen, die aus
das pfeifende Geraſſel der muͤhſam geoͤffneten Schloͤſ¬ ſer, jeder Fußtritt, recht ſchauerlich wiederhallte, durch unverſehrte Gaͤnge, Saͤle, Zimmer, fort und fort wandelte. Nirgends die mindeſte Spur irgend einer Verwuͤſtung. Eine finſtere Ahnung erfaßte den alten Hausverwalter. Er ſchritt hinauf in den großen Ritterſaal, in deſſen Seitenkabinet der Frei¬ herr Roderich von R. zu ruhen pflegte, wenn er aſtronomiſche Beobachtungen angeſtellt. Eine zwi¬ ſchen der Thuͤr dieſes und eines andern Kabinets an¬ gebrachte Pforte fuͤhrte durch einen engen Gang unmittelbar in den aſtronomiſchen Thurm. Aber ſo wie Daniel (ſo war der Hausverwalter geheißen) dieſe Pforte oͤffnete, warf ihm der Sturm, abſcheu¬ lig heulend und ſauſend, Schutt und zerbroͤckelte Mauerſteine entgegen, ſo daß er vor Entſetzen weit zuruͤckprallte, und, indem er den Leuchter, deſſen Kerzen praſſelnd verloͤſchten, an die Erde fallen ließ, laut aufſchrie: „O Herr des Himmels! der Ba¬ ron iſt jaͤmmerlich zerſchmettert!“ — In dem Au¬ genblick ließen ſich Klagelaute vernehmen, die aus
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0183"n="175"/>
das pfeifende Geraſſel der muͤhſam geoͤffneten Schloͤſ¬<lb/>ſer, jeder Fußtritt, recht ſchauerlich wiederhallte,<lb/>
durch unverſehrte Gaͤnge, Saͤle, Zimmer, fort und<lb/>
fort wandelte. Nirgends die mindeſte Spur irgend<lb/>
einer Verwuͤſtung. Eine finſtere Ahnung erfaßte<lb/>
den alten Hausverwalter. Er ſchritt hinauf in den<lb/>
großen Ritterſaal, in deſſen Seitenkabinet der Frei¬<lb/>
herr Roderich von R. zu ruhen pflegte, wenn er<lb/>
aſtronomiſche Beobachtungen angeſtellt. Eine zwi¬<lb/>ſchen der Thuͤr dieſes und eines andern Kabinets an¬<lb/>
gebrachte Pforte fuͤhrte durch einen engen Gang<lb/>
unmittelbar in den aſtronomiſchen Thurm. Aber<lb/>ſo wie Daniel (ſo war der Hausverwalter geheißen)<lb/>
dieſe Pforte oͤffnete, warf ihm der Sturm, abſcheu¬<lb/>
lig heulend und ſauſend, Schutt und zerbroͤckelte<lb/>
Mauerſteine entgegen, ſo daß er vor Entſetzen weit<lb/>
zuruͤckprallte, und, indem er den Leuchter, deſſen<lb/>
Kerzen praſſelnd verloͤſchten, an die Erde fallen ließ,<lb/>
laut aufſchrie: „O Herr des Himmels! der Ba¬<lb/>
ron iſt jaͤmmerlich zerſchmettert!“— In dem Au¬<lb/>
genblick ließen ſich Klagelaute vernehmen, die aus<lb/></p></div></body></text></TEI>
[175/0183]
das pfeifende Geraſſel der muͤhſam geoͤffneten Schloͤſ¬
ſer, jeder Fußtritt, recht ſchauerlich wiederhallte,
durch unverſehrte Gaͤnge, Saͤle, Zimmer, fort und
fort wandelte. Nirgends die mindeſte Spur irgend
einer Verwuͤſtung. Eine finſtere Ahnung erfaßte
den alten Hausverwalter. Er ſchritt hinauf in den
großen Ritterſaal, in deſſen Seitenkabinet der Frei¬
herr Roderich von R. zu ruhen pflegte, wenn er
aſtronomiſche Beobachtungen angeſtellt. Eine zwi¬
ſchen der Thuͤr dieſes und eines andern Kabinets an¬
gebrachte Pforte fuͤhrte durch einen engen Gang
unmittelbar in den aſtronomiſchen Thurm. Aber
ſo wie Daniel (ſo war der Hausverwalter geheißen)
dieſe Pforte oͤffnete, warf ihm der Sturm, abſcheu¬
lig heulend und ſauſend, Schutt und zerbroͤckelte
Mauerſteine entgegen, ſo daß er vor Entſetzen weit
zuruͤckprallte, und, indem er den Leuchter, deſſen
Kerzen praſſelnd verloͤſchten, an die Erde fallen ließ,
laut aufſchrie: „O Herr des Himmels! der Ba¬
ron iſt jaͤmmerlich zerſchmettert!“ — In dem Au¬
genblick ließen ſich Klagelaute vernehmen, die aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/183>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.