sammen, und, wie es in solcher Stimmung zu geschehen pflegt, ich war ungewöhnlich laut und lustig. Ein Bedienter hielt mir einen Teller hin, auf dem einige Bonbons lagen, mit den Worten: "von Fräulein Adelheid." Ich nahm, und bemerkte bald, daß auf einem der Bonbons mit Silberstift gekritzelt stand: "Und Seraphine?" -- Das Blut wallte mir auf in den Adern. Ich schaute hin nach Adelheid, die sah mich an mit überaus schlauer, verschmitzter Miene, nahm das Glas und nickte mir zu mit leisem Kopfnicken. Beinahe willkührlos murmelte ich still: "Sera¬ phine," nahm mein Glas und leerte es mit einem Zuge. Mein Blick flog hin zu ihr, ich gewahrte, daß sie auch in dem Augenblick getrunken hatte, und ihr Glas eben hinsetzte -- ihre Augen tra¬ fen die meinen, und ein schadenfroher Teufel raunte es mir in die Ohren: "Unseliger! -- Sie liebt dich doch!" -- Einer der Gäste stand auf, und brachte, nordischer Sitte gemäß, die Gesund¬ heit der Frau vom Hause aus -- Die Gläser er¬
ſammen, und, wie es in ſolcher Stimmung zu geſchehen pflegt, ich war ungewoͤhnlich laut und luſtig. Ein Bedienter hielt mir einen Teller hin, auf dem einige Bonbons lagen, mit den Worten: „von Fraͤulein Adelheid.“ Ich nahm, und bemerkte bald, daß auf einem der Bonbons mit Silberſtift gekritzelt ſtand: „Und Seraphine?“ — Das Blut wallte mir auf in den Adern. Ich ſchaute hin nach Adelheid, die ſah mich an mit uͤberaus ſchlauer, verſchmitzter Miene, nahm das Glas und nickte mir zu mit leiſem Kopfnicken. Beinahe willkuͤhrlos murmelte ich ſtill: „Sera¬ phine,“ nahm mein Glas und leerte es mit einem Zuge. Mein Blick flog hin zu ihr, ich gewahrte, daß ſie auch in dem Augenblick getrunken hatte, und ihr Glas eben hinſetzte — ihre Augen tra¬ fen die meinen, und ein ſchadenfroher Teufel raunte es mir in die Ohren: „Unſeliger! — Sie liebt dich doch!“ — Einer der Gaͤſte ſtand auf, und brachte, nordiſcher Sitte gemaͤß, die Geſund¬ heit der Frau vom Hauſe aus — Die Glaͤſer er¬
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ſammen, und, wie es in ſolcher Stimmung zu
geſchehen pflegt, ich war ungewoͤhnlich laut und
luſtig. Ein Bedienter hielt mir einen Teller
hin, auf dem einige Bonbons lagen, mit den
Worten: „von Fraͤulein Adelheid.“ Ich nahm,
und bemerkte bald, daß auf einem der Bonbons
mit Silberſtift gekritzelt ſtand: „Und Seraphine?“
— Das Blut wallte mir auf in den Adern. Ich
ſchaute hin nach Adelheid, die ſah mich an mit
uͤberaus ſchlauer, verſchmitzter Miene, nahm das
Glas und nickte mir zu mit leiſem Kopfnicken.
Beinahe willkuͤhrlos murmelte ich ſtill: „Sera¬
phine,“ nahm mein Glas und leerte es mit einem
Zuge. Mein Blick flog hin zu ihr, ich gewahrte,
daß ſie auch in dem Augenblick getrunken hatte,
und ihr Glas eben hinſetzte — ihre Augen tra¬
fen die meinen, und ein ſchadenfroher Teufel
raunte es mir in die Ohren: „Unſeliger! — Sie
liebt dich doch!“ — Einer der Gaͤſte ſtand auf,
und brachte, nordiſcher Sitte gemaͤß, die Geſund¬
heit der Frau vom Hauſe aus — Die Glaͤſer er¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/173>, abgerufen am 28.11.2024.
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