Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie mein Jagdabenteuer so lustig, so zum Bespötteln
geeignet? "Mit nichten," erwiderte der Alte, "mit
nichten Herr Vetter, aber du glaubst nicht, welch'
komisches Gesicht solch ein Kiek in die Welt, wie du,
schneidet, und wie er sich überhaupt so possierlich da¬
bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal würdigt,
was besonderes ihm passiren zu lassen. -- Ich hatte
einen akademischen Freund, der ein stiller, besonne¬
ner, mit sich einiger Mensch war. Der Zufall ver¬
wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in
eine Ehrensache, und er, den die mehresten Burschen
für einen Schwächling, für einen Pinsel hielten,
benahm sich dabei mit solchem ernstem entschlossenem
Muthe, daß alle ihn höchlich bewunderten. Aber
seit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem
fleißigen besonnenen Jünglinge wurde ein prahlhaf¬
ter, unausstehlicher, Raufbold. Er kommerschirte
und jubelte, und schlug, dummer Kinderei halber,
sich so lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬
schaft, die er auf pöbelhafte Weise beleidigt, im Duell
niederstieß. -- Ich erzähle dir das nur so, Vetter,

Sie mein Jagdabenteuer ſo luſtig, ſo zum Beſpoͤtteln
geeignet? „Mit nichten,“ erwiderte der Alte, „mit
nichten Herr Vetter, aber du glaubſt nicht, welch'
komiſches Geſicht ſolch ein Kiek in die Welt, wie du,
ſchneidet, und wie er ſich uͤberhaupt ſo poſſierlich da¬
bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal wuͤrdigt,
was beſonderes ihm paſſiren zu laſſen. — Ich hatte
einen akademiſchen Freund, der ein ſtiller, beſonne¬
ner, mit ſich einiger Menſch war. Der Zufall ver¬
wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in
eine Ehrenſache, und er, den die mehreſten Burſchen
fuͤr einen Schwaͤchling, fuͤr einen Pinſel hielten,
benahm ſich dabei mit ſolchem ernſtem entſchloſſenem
Muthe, daß alle ihn hoͤchlich bewunderten. Aber
ſeit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem
fleißigen beſonnenen Juͤnglinge wurde ein prahlhaf¬
ter, unausſtehlicher, Raufbold. Er kommerſchirte
und jubelte, und ſchlug, dummer Kinderei halber,
ſich ſo lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬
ſchaft, die er auf poͤbelhafte Weiſe beleidigt, im Duell
niederſtieß. — Ich erzaͤhle dir das nur ſo, Vetter,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="151"/>
Sie mein Jagdabenteuer &#x017F;o lu&#x017F;tig, &#x017F;o zum Be&#x017F;po&#x0364;tteln<lb/>
geeignet? &#x201E;Mit nichten,&#x201C; erwiderte der Alte, &#x201E;mit<lb/>
nichten Herr Vetter, aber du glaub&#x017F;t nicht, welch'<lb/>
komi&#x017F;ches Ge&#x017F;icht &#x017F;olch ein Kiek in die Welt, wie du,<lb/>
&#x017F;chneidet, und wie er &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt &#x017F;o po&#x017F;&#x017F;ierlich da¬<lb/>
bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal wu&#x0364;rdigt,<lb/>
was be&#x017F;onderes ihm pa&#x017F;&#x017F;iren zu la&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Ich hatte<lb/>
einen akademi&#x017F;chen Freund, der ein &#x017F;tiller, be&#x017F;onne¬<lb/>
ner, mit &#x017F;ich einiger Men&#x017F;ch war. Der Zufall ver¬<lb/>
wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in<lb/>
eine Ehren&#x017F;ache, und er, den die mehre&#x017F;ten Bur&#x017F;chen<lb/>
fu&#x0364;r einen Schwa&#x0364;chling, fu&#x0364;r einen Pin&#x017F;el hielten,<lb/>
benahm &#x017F;ich dabei mit &#x017F;olchem ern&#x017F;tem ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enem<lb/>
Muthe, daß alle ihn ho&#x0364;chlich bewunderten. Aber<lb/>
&#x017F;eit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem<lb/>
fleißigen be&#x017F;onnenen Ju&#x0364;nglinge wurde ein prahlhaf¬<lb/>
ter, unaus&#x017F;tehlicher, Raufbold. Er kommer&#x017F;chirte<lb/>
und jubelte, und &#x017F;chlug, dummer Kinderei halber,<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬<lb/>
&#x017F;chaft, die er auf po&#x0364;belhafte Wei&#x017F;e beleidigt, im Duell<lb/>
nieder&#x017F;tieß. &#x2014; Ich erza&#x0364;hle dir das nur &#x017F;o, Vetter,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0159] Sie mein Jagdabenteuer ſo luſtig, ſo zum Beſpoͤtteln geeignet? „Mit nichten,“ erwiderte der Alte, „mit nichten Herr Vetter, aber du glaubſt nicht, welch' komiſches Geſicht ſolch ein Kiek in die Welt, wie du, ſchneidet, und wie er ſich uͤberhaupt ſo poſſierlich da¬ bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal wuͤrdigt, was beſonderes ihm paſſiren zu laſſen. — Ich hatte einen akademiſchen Freund, der ein ſtiller, beſonne¬ ner, mit ſich einiger Menſch war. Der Zufall ver¬ wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in eine Ehrenſache, und er, den die mehreſten Burſchen fuͤr einen Schwaͤchling, fuͤr einen Pinſel hielten, benahm ſich dabei mit ſolchem ernſtem entſchloſſenem Muthe, daß alle ihn hoͤchlich bewunderten. Aber ſeit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem fleißigen beſonnenen Juͤnglinge wurde ein prahlhaf¬ ter, unausſtehlicher, Raufbold. Er kommerſchirte und jubelte, und ſchlug, dummer Kinderei halber, ſich ſo lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬ ſchaft, die er auf poͤbelhafte Weiſe beleidigt, im Duell niederſtieß. — Ich erzaͤhle dir das nur ſo, Vetter,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/159
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/159>, abgerufen am 24.11.2024.