des Luxus feil geboten, indeß in den obern Stock¬ werken Leute der beschriebenen Classe hausen. Die vornehmsten Gasthäuser liegen in dieser Straße, die fremden Gesandten wohnen meistens darin, und so könnt Ihr denken, daß hier ein besonderes Leben und Regen mehr als in irgend einem andern Theile der Residenz Statt finden muß, die sich eben auch hier volkreicher zeigt, als sie es wirklich ist. Das Zudrängen nach diesem Orte macht es, daß man¬ cher sich mit einer kleineren Wohnung, als sein Bedürfniß eigentlich erfordert, begnügt, und so kommt es, daß manches von mehreren Familien be¬ wohnte Haus einem Bienenkorbe gleicht. Schon oft war ich die Allee durchwandelt, als mir eines Tages plötzlich ein Haus ins Auge fiel, das auf ganz wunderliche seltsame Weise von allen übrigen abstach. Denkt Euch ein niedriges, vier Fenster breites, von zwei hohen schönen Gebäuden einge¬ klemmtes Haus, dessen Stock über dem Erdgeschoß nur wenig über die Fenster im Erdgeschoß des nach¬ barlichen Hauses hervorragt, dessen schlecht ver¬
des Luxus feil geboten, indeß in den obern Stock¬ werken Leute der beſchriebenen Claſſe hauſen. Die vornehmſten Gaſthaͤuſer liegen in dieſer Straße, die fremden Geſandten wohnen meiſtens darin, und ſo koͤnnt Ihr denken, daß hier ein beſonderes Leben und Regen mehr als in irgend einem andern Theile der Reſidenz Statt finden muß, die ſich eben auch hier volkreicher zeigt, als ſie es wirklich iſt. Das Zudraͤngen nach dieſem Orte macht es, daß man¬ cher ſich mit einer kleineren Wohnung, als ſein Beduͤrfniß eigentlich erfordert, begnuͤgt, und ſo kommt es, daß manches von mehreren Familien be¬ wohnte Haus einem Bienenkorbe gleicht. Schon oft war ich die Allee durchwandelt, als mir eines Tages ploͤtzlich ein Haus ins Auge fiel, das auf ganz wunderliche ſeltſame Weiſe von allen uͤbrigen abſtach. Denkt Euch ein niedriges, vier Fenſter breites, von zwei hohen ſchoͤnen Gebaͤuden einge¬ klemmtes Haus, deſſen Stock uͤber dem Erdgeſchoß nur wenig uͤber die Fenſter im Erdgeſchoß des nach¬ barlichen Hauſes hervorragt, deſſen ſchlecht ver¬
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des Luxus feil geboten, indeß in den obern Stock¬
werken Leute der beſchriebenen Claſſe hauſen. Die
vornehmſten Gaſthaͤuſer liegen in dieſer Straße,
die fremden Geſandten wohnen meiſtens darin, und
ſo koͤnnt Ihr denken, daß hier ein beſonderes Leben
und Regen mehr als in irgend einem andern Theile
der Reſidenz Statt finden muß, die ſich eben auch
hier volkreicher zeigt, als ſie es wirklich iſt. Das
Zudraͤngen nach dieſem Orte macht es, daß man¬
cher ſich mit einer kleineren Wohnung, als ſein
Beduͤrfniß eigentlich erfordert, begnuͤgt, und ſo
kommt es, daß manches von mehreren Familien be¬
wohnte Haus einem Bienenkorbe gleicht. Schon
oft war ich die Allee durchwandelt, als mir eines
Tages ploͤtzlich ein Haus ins Auge fiel, das auf
ganz wunderliche ſeltſame Weiſe von allen uͤbrigen
abſtach. Denkt Euch ein niedriges, vier Fenſter
breites, von zwei hohen ſchoͤnen Gebaͤuden einge¬
klemmtes Haus, deſſen Stock uͤber dem Erdgeſchoß
nur wenig uͤber die Fenſter im Erdgeſchoß des nach¬
barlichen Hauſes hervorragt, deſſen ſchlecht ver¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/15>, abgerufen am 27.11.2024.
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