Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

bei dem rauchenden Punschnapf, blieb ich der Held
des Tages; nur der Baron selbst hatte außer mir
noch einen tüchtigen Wolf erlegt, die übrigen
mußten sich begnügen, ihre Fehlschüsse dem Wet¬
ter -- der Dunkelheit zuzuschreiben, und grau¬
liche Geschichten von sonst auf der Jagd erlebtem
Glück und überstandener Gefahr zu erzählen. Von
dem Alten glaubte ich nun gar sehr gelobt und
bewundert zu werden; mit diesem Anspruch er¬
zählte ich ihm mein Abenteuer ziemlich breit,
und vergaß nicht, das wilde, blutdürstige Ansehn
der wilden Bestie mit recht grellen Farben auszu¬
malen. Der Alte lachte mir aber ins Gesicht,
und sprach: "Gott ist mächtig in den Schwa¬
chen!" --

Als ich des Trinkens, der Gesellschaft überdrüs¬
sig, durch den Corridor nach dem Gerichtssaal schlich,
sah ich vor mir eine Gestalt, mit dem Licht in
der Hand, hineinschlüpfen. In den Saal tretend
erkannte ich Fräulein Adelheid. "Muß man nicht
umher irren wie ein Gespenst, wie ein Nacht¬

bei dem rauchenden Punſchnapf, blieb ich der Held
des Tages; nur der Baron ſelbſt hatte außer mir
noch einen tuͤchtigen Wolf erlegt, die uͤbrigen
mußten ſich begnuͤgen, ihre Fehlſchuͤſſe dem Wet¬
ter — der Dunkelheit zuzuſchreiben, und grau¬
liche Geſchichten von ſonſt auf der Jagd erlebtem
Gluͤck und uͤberſtandener Gefahr zu erzaͤhlen. Von
dem Alten glaubte ich nun gar ſehr gelobt und
bewundert zu werden; mit dieſem Anſpruch er¬
zaͤhlte ich ihm mein Abenteuer ziemlich breit,
und vergaß nicht, das wilde, blutduͤrſtige Anſehn
der wilden Beſtie mit recht grellen Farben auszu¬
malen. Der Alte lachte mir aber ins Geſicht,
und ſprach: „Gott iſt maͤchtig in den Schwa¬
chen!“ —

Als ich des Trinkens, der Geſellſchaft uͤberdruͤſ¬
ſig, durch den Corridor nach dem Gerichtsſaal ſchlich,
ſah ich vor mir eine Geſtalt, mit dem Licht in
der Hand, hineinſchluͤpfen. In den Saal tretend
erkannte ich Fraͤulein Adelheid. „Muß man nicht
umher irren wie ein Geſpenſt, wie ein Nacht¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="136"/>
bei dem rauchenden Pun&#x017F;chnapf, blieb ich der Held<lb/>
des Tages; nur der Baron &#x017F;elb&#x017F;t hatte außer mir<lb/>
noch einen tu&#x0364;chtigen Wolf erlegt, die u&#x0364;brigen<lb/>
mußten &#x017F;ich begnu&#x0364;gen, ihre Fehl&#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e dem Wet¬<lb/>
ter &#x2014; der Dunkelheit zuzu&#x017F;chreiben, und grau¬<lb/>
liche Ge&#x017F;chichten von &#x017F;on&#x017F;t auf der Jagd erlebtem<lb/>
Glu&#x0364;ck und u&#x0364;ber&#x017F;tandener Gefahr zu erza&#x0364;hlen. Von<lb/>
dem Alten glaubte ich nun gar &#x017F;ehr gelobt und<lb/>
bewundert zu werden; mit die&#x017F;em An&#x017F;pruch er¬<lb/>
za&#x0364;hlte ich ihm mein Abenteuer ziemlich breit,<lb/>
und vergaß nicht, das wilde, blutdu&#x0364;r&#x017F;tige An&#x017F;ehn<lb/>
der wilden Be&#x017F;tie mit recht grellen Farben auszu¬<lb/>
malen. Der Alte lachte mir aber ins Ge&#x017F;icht,<lb/>
und &#x017F;prach: &#x201E;Gott i&#x017F;t ma&#x0364;chtig in den Schwa¬<lb/>
chen!&#x201C; &#x2014;<lb/></p>
        <p>Als ich des Trinkens, der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft u&#x0364;berdru&#x0364;&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;ig, durch den Corridor nach dem Gerichts&#x017F;aal &#x017F;chlich,<lb/>
&#x017F;ah ich vor mir eine Ge&#x017F;talt, mit dem Licht in<lb/>
der Hand, hinein&#x017F;chlu&#x0364;pfen. In den Saal tretend<lb/>
erkannte ich Fra&#x0364;ulein Adelheid. &#x201E;Muß man nicht<lb/>
umher irren wie ein Ge&#x017F;pen&#x017F;t, wie ein Nacht¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0144] bei dem rauchenden Punſchnapf, blieb ich der Held des Tages; nur der Baron ſelbſt hatte außer mir noch einen tuͤchtigen Wolf erlegt, die uͤbrigen mußten ſich begnuͤgen, ihre Fehlſchuͤſſe dem Wet¬ ter — der Dunkelheit zuzuſchreiben, und grau¬ liche Geſchichten von ſonſt auf der Jagd erlebtem Gluͤck und uͤberſtandener Gefahr zu erzaͤhlen. Von dem Alten glaubte ich nun gar ſehr gelobt und bewundert zu werden; mit dieſem Anſpruch er¬ zaͤhlte ich ihm mein Abenteuer ziemlich breit, und vergaß nicht, das wilde, blutduͤrſtige Anſehn der wilden Beſtie mit recht grellen Farben auszu¬ malen. Der Alte lachte mir aber ins Geſicht, und ſprach: „Gott iſt maͤchtig in den Schwa¬ chen!“ — Als ich des Trinkens, der Geſellſchaft uͤberdruͤſ¬ ſig, durch den Corridor nach dem Gerichtsſaal ſchlich, ſah ich vor mir eine Geſtalt, mit dem Licht in der Hand, hineinſchluͤpfen. In den Saal tretend erkannte ich Fraͤulein Adelheid. „Muß man nicht umher irren wie ein Geſpenſt, wie ein Nacht¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/144
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/144>, abgerufen am 27.11.2024.