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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Ihr wißt (so fing Theodor an), daß ich den
ganzen vorigen Sommer in ***n zubrachte. Die
Menge alter Freunde und Bekannten, die ich vor¬
fand, das freie gemüthliche Leben, die mannig¬
fachen Anregungen der Kunst und der Wissenschaft,
das Alles hielt mich fest. Nie war ich heitrer, und
meiner alten Neigung, oft allein durch die Straßen
zu wandeln, und mich an jedem ausgehängten
Kupferstich, an jedem Anschlagzettel zu ergötzen,
oder die mir begegnenden Gestalten zu betrachten,
ja wohl manchem in Gedanken das Horoskop zu
stellen, hing ich hier mit Leidenschaft nach, da
nicht allein der Reichthum der ausgestellten Werke
der Kunst und des Luxus, sondern der Anblick der
vielen herrlichen Prachtgebäude unwiderstehlich mich
dazu antrieb. Die mit Gebäuden jener Art einge¬
schlossene Allee, welche nach dem ***ger Thore
führt, ist der Sammelplatz des höheren, durch
Stand oder Reichthum zum üppigeren Lebensgenuß
berechtigten Publikums. In dem Erdgeschoß der
hohen breiten Palläste werden meistentheils Waaren

Ihr wißt (ſo fing Theodor an), daß ich den
ganzen vorigen Sommer in ***n zubrachte. Die
Menge alter Freunde und Bekannten, die ich vor¬
fand, das freie gemuͤthliche Leben, die mannig¬
fachen Anregungen der Kunſt und der Wiſſenſchaft,
das Alles hielt mich feſt. Nie war ich heitrer, und
meiner alten Neigung, oft allein durch die Straßen
zu wandeln, und mich an jedem ausgehaͤngten
Kupferſtich, an jedem Anſchlagzettel zu ergoͤtzen,
oder die mir begegnenden Geſtalten zu betrachten,
ja wohl manchem in Gedanken das Horoskop zu
ſtellen, hing ich hier mit Leidenſchaft nach, da
nicht allein der Reichthum der ausgeſtellten Werke
der Kunſt und des Luxus, ſondern der Anblick der
vielen herrlichen Prachtgebaͤude unwiderſtehlich mich
dazu antrieb. Die mit Gebaͤuden jener Art einge¬
ſchloſſene Allee, welche nach dem ***ger Thore
fuͤhrt, iſt der Sammelplatz des hoͤheren, durch
Stand oder Reichthum zum uͤppigeren Lebensgenuß
berechtigten Publikums. In dem Erdgeſchoß der
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[6/0014] Ihr wißt (ſo fing Theodor an), daß ich den ganzen vorigen Sommer in ***n zubrachte. Die Menge alter Freunde und Bekannten, die ich vor¬ fand, das freie gemuͤthliche Leben, die mannig¬ fachen Anregungen der Kunſt und der Wiſſenſchaft, das Alles hielt mich feſt. Nie war ich heitrer, und meiner alten Neigung, oft allein durch die Straßen zu wandeln, und mich an jedem ausgehaͤngten Kupferſtich, an jedem Anſchlagzettel zu ergoͤtzen, oder die mir begegnenden Geſtalten zu betrachten, ja wohl manchem in Gedanken das Horoskop zu ſtellen, hing ich hier mit Leidenſchaft nach, da nicht allein der Reichthum der ausgeſtellten Werke der Kunſt und des Luxus, ſondern der Anblick der vielen herrlichen Prachtgebaͤude unwiderſtehlich mich dazu antrieb. Die mit Gebaͤuden jener Art einge¬ ſchloſſene Allee, welche nach dem ***ger Thore fuͤhrt, iſt der Sammelplatz des hoͤheren, durch Stand oder Reichthum zum uͤppigeren Lebensgenuß berechtigten Publikums. In dem Erdgeſchoß der hohen breiten Pallaͤſte werden meiſtentheils Waaren

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/14>, abgerufen am 18.12.2024.