als ich in der Begeisterung, die mich erfaßt, die Melo¬ dien der folgenden Lieder gleich von den Lippen der Ba¬ ronin wegstahl, da erschien ich ihr und der Fräulein Adelheid wie der größte Meister der Tonkunst, sie überhäuften mich mit Lobsprüchen. Die angezündeten Lichter des Ballsaals im Seitenflügel brannten hin¬ ein in das Gemach der Baronin, und ein mißtöni¬ ges Geschrei von Trompeten und Hörnern verkün¬ dete, daß es Zeit sey, sich zum Ball zu versam¬ meln. "Ach, nun muß ich fort," rief die Baro¬ nin, ich sprang auf vom Instrument. "Sie haben mir eine herrliche Stunde bereitet -- es waren die heitersten Momente, die ich jemals hier in R..sit¬ ten verlebte." Mit diesen Worten reichte mir die Baronin die Hand; als ich sie im Rausch des höch¬ sten Entzückens an die Lippen drückte, fühlte ich ihre Finger heftig pulsirend an meiner Hand an¬ schlagen! Ich weiß nicht, wie ich in des Großon¬ kels Zimmer, wie ich dann in den Ballsaal kam. -- Jener Gaskogner fürchtete die Schlacht, weil jede Wunde ihm tödtlich werden müsse, da er ganz
als ich in der Begeiſterung, die mich erfaßt, die Melo¬ dien der folgenden Lieder gleich von den Lippen der Ba¬ ronin wegſtahl, da erſchien ich ihr und der Fraͤulein Adelheid wie der groͤßte Meiſter der Tonkunſt, ſie uͤberhaͤuften mich mit Lobſpruͤchen. Die angezuͤndeten Lichter des Ballſaals im Seitenfluͤgel brannten hin¬ ein in das Gemach der Baronin, und ein mißtoͤni¬ ges Geſchrei von Trompeten und Hoͤrnern verkuͤn¬ dete, daß es Zeit ſey, ſich zum Ball zu verſam¬ meln. „Ach, nun muß ich fort,“ rief die Baro¬ nin, ich ſprang auf vom Inſtrument. „Sie haben mir eine herrliche Stunde bereitet — es waren die heiterſten Momente, die ich jemals hier in R..ſit¬ ten verlebte.“ Mit dieſen Worten reichte mir die Baronin die Hand; als ich ſie im Rauſch des hoͤch¬ ſten Entzuͤckens an die Lippen druͤckte, fuͤhlte ich ihre Finger heftig pulſirend an meiner Hand an¬ ſchlagen! Ich weiß nicht, wie ich in des Großon¬ kels Zimmer, wie ich dann in den Ballſaal kam. — Jener Gaskogner fuͤrchtete die Schlacht, weil jede Wunde ihm toͤdtlich werden muͤſſe, da er ganz
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0135"n="127"/>
als ich in der Begeiſterung, die mich erfaßt, die Melo¬<lb/>
dien der folgenden Lieder gleich von den Lippen der Ba¬<lb/>
ronin wegſtahl, da erſchien ich ihr und der Fraͤulein<lb/>
Adelheid wie der groͤßte Meiſter der Tonkunſt, ſie<lb/>
uͤberhaͤuften mich mit Lobſpruͤchen. Die angezuͤndeten<lb/>
Lichter des Ballſaals im Seitenfluͤgel brannten hin¬<lb/>
ein in das Gemach der Baronin, und ein mißtoͤni¬<lb/>
ges Geſchrei von Trompeten und Hoͤrnern verkuͤn¬<lb/>
dete, daß es Zeit ſey, ſich zum Ball zu verſam¬<lb/>
meln. „Ach, nun muß ich fort,“ rief die Baro¬<lb/>
nin, ich ſprang auf vom Inſtrument. „Sie haben<lb/>
mir eine herrliche Stunde bereitet — es waren die<lb/>
heiterſten Momente, die ich jemals hier in R..ſit¬<lb/>
ten verlebte.“ Mit dieſen Worten reichte mir die<lb/>
Baronin die Hand; als ich ſie im Rauſch des hoͤch¬<lb/>ſten Entzuͤckens an die Lippen druͤckte, fuͤhlte ich<lb/>
ihre Finger heftig pulſirend an meiner Hand an¬<lb/>ſchlagen! Ich weiß nicht, wie ich in des Großon¬<lb/>
kels Zimmer, wie ich dann in den Ballſaal kam.<lb/>— Jener Gaskogner fuͤrchtete die Schlacht, weil<lb/>
jede Wunde ihm toͤdtlich werden muͤſſe, da er ganz<lb/></p></div></body></text></TEI>
[127/0135]
als ich in der Begeiſterung, die mich erfaßt, die Melo¬
dien der folgenden Lieder gleich von den Lippen der Ba¬
ronin wegſtahl, da erſchien ich ihr und der Fraͤulein
Adelheid wie der groͤßte Meiſter der Tonkunſt, ſie
uͤberhaͤuften mich mit Lobſpruͤchen. Die angezuͤndeten
Lichter des Ballſaals im Seitenfluͤgel brannten hin¬
ein in das Gemach der Baronin, und ein mißtoͤni¬
ges Geſchrei von Trompeten und Hoͤrnern verkuͤn¬
dete, daß es Zeit ſey, ſich zum Ball zu verſam¬
meln. „Ach, nun muß ich fort,“ rief die Baro¬
nin, ich ſprang auf vom Inſtrument. „Sie haben
mir eine herrliche Stunde bereitet — es waren die
heiterſten Momente, die ich jemals hier in R..ſit¬
ten verlebte.“ Mit dieſen Worten reichte mir die
Baronin die Hand; als ich ſie im Rauſch des hoͤch¬
ſten Entzuͤckens an die Lippen druͤckte, fuͤhlte ich
ihre Finger heftig pulſirend an meiner Hand an¬
ſchlagen! Ich weiß nicht, wie ich in des Großon¬
kels Zimmer, wie ich dann in den Ballſaal kam.
— Jener Gaskogner fuͤrchtete die Schlacht, weil
jede Wunde ihm toͤdtlich werden muͤſſe, da er ganz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/135>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.