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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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grauenhaft zu verstören." Der Alte hielt inne,
aber ich mochte nicht fragen, wohlbedenkend, daß
er mir alles aufklären werde, wenn er es gerathen
finden sollte. Nach einer Weile, in der er tief in
sich gekehrt da gesessen, fuhr der Alte fort: "Vet¬
ter, hast du Muth genug, jetzt nachdem du weißt,
wie sich alles begiebt, den Spuk noch einmal zu
bestehen? und zwar mit mir zusammen?" Es war
natürlich, daß ich erklärte, wie ich mich jetzt dazu ganz
erkräftigt fühle. "So wollen wir," sprach der
Alte weiter, "in künftiger Nacht zusammen wa¬
chen. Eine innere Stimme sagt mir, daß meiner
geistigen Gewalt nicht sowohl, als meinem Muthe,
der sich auf festes Vertrauen gründet, der böse
Spuk weichen muß, und daß es kein freveliches
Beginnen, sondern ein frommes, tapferes Werk ist,
wenn ich Leib und Leben daran wage, den bösen
Unhold zu bannen, der hier die Söhne aus der
Stammburg der Ahnherrn treibt. -- Doch! von
keiner Wagniß ist ja die Rede, denn in solch' festem
redlichen Sinn, in solch' frommen Vertrauen,

grauenhaft zu verſtoͤren.“ Der Alte hielt inne,
aber ich mochte nicht fragen, wohlbedenkend, daß
er mir alles aufklaͤren werde, wenn er es gerathen
finden ſollte. Nach einer Weile, in der er tief in
ſich gekehrt da geſeſſen, fuhr der Alte fort: „Vet¬
ter, haſt du Muth genug, jetzt nachdem du weißt,
wie ſich alles begiebt, den Spuk noch einmal zu
beſtehen? und zwar mit mir zuſammen?“ Es war
natuͤrlich, daß ich erklaͤrte, wie ich mich jetzt dazu ganz
erkraͤftigt fuͤhle. „So wollen wir,“ ſprach der
Alte weiter, „in kuͤnftiger Nacht zuſammen wa¬
chen. Eine innere Stimme ſagt mir, daß meiner
geiſtigen Gewalt nicht ſowohl, als meinem Muthe,
der ſich auf feſtes Vertrauen gruͤndet, der boͤſe
Spuk weichen muß, und daß es kein freveliches
Beginnen, ſondern ein frommes, tapferes Werk iſt,
wenn ich Leib und Leben daran wage, den boͤſen
Unhold zu bannen, der hier die Soͤhne aus der
Stammburg der Ahnherrn treibt. — Doch! von
keiner Wagniß iſt ja die Rede, denn in ſolch' feſtem
redlichen Sinn, in ſolch' frommen Vertrauen,

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[101/0109] grauenhaft zu verſtoͤren.“ Der Alte hielt inne, aber ich mochte nicht fragen, wohlbedenkend, daß er mir alles aufklaͤren werde, wenn er es gerathen finden ſollte. Nach einer Weile, in der er tief in ſich gekehrt da geſeſſen, fuhr der Alte fort: „Vet¬ ter, haſt du Muth genug, jetzt nachdem du weißt, wie ſich alles begiebt, den Spuk noch einmal zu beſtehen? und zwar mit mir zuſammen?“ Es war natuͤrlich, daß ich erklaͤrte, wie ich mich jetzt dazu ganz erkraͤftigt fuͤhle. „So wollen wir,“ ſprach der Alte weiter, „in kuͤnftiger Nacht zuſammen wa¬ chen. Eine innere Stimme ſagt mir, daß meiner geiſtigen Gewalt nicht ſowohl, als meinem Muthe, der ſich auf feſtes Vertrauen gruͤndet, der boͤſe Spuk weichen muß, und daß es kein freveliches Beginnen, ſondern ein frommes, tapferes Werk iſt, wenn ich Leib und Leben daran wage, den boͤſen Unhold zu bannen, der hier die Soͤhne aus der Stammburg der Ahnherrn treibt. — Doch! von keiner Wagniß iſt ja die Rede, denn in ſolch' feſtem redlichen Sinn, in ſolch' frommen Vertrauen,

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/109>, abgerufen am 23.11.2024.