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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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nur noch eines Schritt's bedürfte, als könne nur
das Aufbieten aller mir inwohnenden Kraft mich
gegen das Entsetzen schützen, das nur dem unheilba¬
ren Wahnsinn zu weichen pflegt. So kam es, daß
selbst die alten Baronessen in ihren seltsamen hoch¬
aufgethürmten Frisuren, in ihren wunderlichen stoff¬
nen, mit bunten Blumen und Bändern ausstaffirten
Kleidern mir statt lächerlich, ganz graulich und ge¬
spenstisch erschienen. In den alten gelbverschrumpften
Gesichtern, in den blinzenden Augen wollt' ich es
lesen, in dem schlechten Französisch, das halb durch
die eingekniffenen blauen Lippen, halb durch die spitzen
Nasen herausschnarrte, wollt' ich es hören, wie
sich die Alten mit den unheimlichen, im Schlosse
herumspukenden Wesen, wenigstens auf guten Fuß
gesetzt hätten, und auch wohl selbst Verstörendes
und Entsetzliches zu treiben vermöchten. Der Gro߬
onkel, zu allem Lustigen aufgelegt, verstrickte mit
seiner Ironie die Alten in ein solches tolles Ge¬
wäsche, daß ich in anderer Stimmung nicht gewußt
hätte, wie das ausgelassenste Gelächter in mich

nur noch eines Schritt's beduͤrfte, als koͤnne nur
das Aufbieten aller mir inwohnenden Kraft mich
gegen das Entſetzen ſchuͤtzen, das nur dem unheilba¬
ren Wahnſinn zu weichen pflegt. So kam es, daß
ſelbſt die alten Baroneſſen in ihren ſeltſamen hoch¬
aufgethuͤrmten Friſuren, in ihren wunderlichen ſtoff¬
nen, mit bunten Blumen und Baͤndern ausſtaffirten
Kleidern mir ſtatt laͤcherlich, ganz graulich und ge¬
ſpenſtiſch erſchienen. In den alten gelbverſchrumpften
Geſichtern, in den blinzenden Augen wollt' ich es
leſen, in dem ſchlechten Franzoͤſiſch, das halb durch
die eingekniffenen blauen Lippen, halb durch die ſpitzen
Naſen herausſchnarrte, wollt' ich es hoͤren, wie
ſich die Alten mit den unheimlichen, im Schloſſe
herumſpukenden Weſen, wenigſtens auf guten Fuß
geſetzt haͤtten, und auch wohl ſelbſt Verſtoͤrendes
und Entſetzliches zu treiben vermoͤchten. Der Gro߬
onkel, zu allem Luſtigen aufgelegt, verſtrickte mit
ſeiner Ironie die Alten in ein ſolches tolles Ge¬
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[98/0106] nur noch eines Schritt's beduͤrfte, als koͤnne nur das Aufbieten aller mir inwohnenden Kraft mich gegen das Entſetzen ſchuͤtzen, das nur dem unheilba¬ ren Wahnſinn zu weichen pflegt. So kam es, daß ſelbſt die alten Baroneſſen in ihren ſeltſamen hoch¬ aufgethuͤrmten Friſuren, in ihren wunderlichen ſtoff¬ nen, mit bunten Blumen und Baͤndern ausſtaffirten Kleidern mir ſtatt laͤcherlich, ganz graulich und ge¬ ſpenſtiſch erſchienen. In den alten gelbverſchrumpften Geſichtern, in den blinzenden Augen wollt' ich es leſen, in dem ſchlechten Franzoͤſiſch, das halb durch die eingekniffenen blauen Lippen, halb durch die ſpitzen Naſen herausſchnarrte, wollt' ich es hoͤren, wie ſich die Alten mit den unheimlichen, im Schloſſe herumſpukenden Weſen, wenigſtens auf guten Fuß geſetzt haͤtten, und auch wohl ſelbſt Verſtoͤrendes und Entſetzliches zu treiben vermoͤchten. Der Gro߬ onkel, zu allem Luſtigen aufgelegt, verſtrickte mit ſeiner Ironie die Alten in ein ſolches tolles Ge¬ waͤſche, daß ich in anderer Stimmung nicht gewußt haͤtte, wie das ausgelaſſenſte Gelaͤchter in mich

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/106>, abgerufen am 23.11.2024.