Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

jemanden verdächtig vorgekommen seyn, daß nach
der Aussage eines eleganten Theeisten Olimpia
gegen alle Sitte öfter genießet, als gegähnt hatte?
Ersteres, meinte der Elegant, sei das Selbstauf¬
ziehen des verborgenen Triebwerks gewesen, merk¬
lich habe es dabei geknarrt u. s. w. Der Profes¬
sor der Poesie und Beredsamkeit nahm eine Prise,
klappte die Dose zu, räusperte sich und sprach
feierlich: "Hochzuverehrende Herren und Damen!
merken Sie denn nicht, wo der Hase im Pfeffer
liegt? Das Ganze ist eine Allegorie -- eine fort¬
geführte Metapher! -- Sie verstehen mich! --
Sapienti sat!" Aber viele hochzuverehrende Her¬
ren beruhigten sich nicht dabei; die Geschichte mit
dem Automat hatte tief in ihrer Seele Wurzel
gefaßt und es schlich sich in der That abscheuli¬
ches Mißtrauen gegen menschliche Figuren ein.
Um nun ganz überzeugt zu werden, daß man
keine Holzpuppe liebe, wurde von mehrern Lieb¬
habern verlangt, daß die Geliebte etwas taktlos
singe und tanze, daß sie beim Vorlesen sticke,

jemanden verdaͤchtig vorgekommen ſeyn, daß nach
der Ausſage eines eleganten Theeiſten Olimpia
gegen alle Sitte oͤfter genießet, als gegaͤhnt hatte?
Erſteres, meinte der Elegant, ſei das Selbſtauf¬
ziehen des verborgenen Triebwerks geweſen, merk¬
lich habe es dabei geknarrt u. ſ. w. Der Profeſ¬
ſor der Poeſie und Beredſamkeit nahm eine Priſe,
klappte die Doſe zu, raͤusperte ſich und ſprach
feierlich: „Hochzuverehrende Herren und Damen!
merken Sie denn nicht, wo der Haſe im Pfeffer
liegt? Das Ganze iſt eine Allegorie — eine fort¬
gefuͤhrte Metapher! — Sie verſtehen mich! —
Sapienti sat!“ Aber viele hochzuverehrende Her¬
ren beruhigten ſich nicht dabei; die Geſchichte mit
dem Automat hatte tief in ihrer Seele Wurzel
gefaßt und es ſchlich ſich in der That abſcheuli¬
ches Mißtrauen gegen menſchliche Figuren ein.
Um nun ganz uͤberzeugt zu werden, daß man
keine Holzpuppe liebe, wurde von mehrern Lieb¬
habern verlangt, daß die Geliebte etwas taktlos
ſinge und tanze, daß ſie beim Vorleſen ſticke,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0083" n="75"/>
jemanden verda&#x0364;chtig vorgekommen &#x017F;eyn, daß nach<lb/>
der Aus&#x017F;age eines eleganten Theei&#x017F;ten <hi rendition="#g">Olimpia</hi><lb/>
gegen alle Sitte o&#x0364;fter genießet, als gega&#x0364;hnt hatte?<lb/>
Er&#x017F;teres, meinte der Elegant, &#x017F;ei das Selb&#x017F;tauf¬<lb/>
ziehen des verborgenen Triebwerks gewe&#x017F;en, merk¬<lb/>
lich habe es dabei geknarrt u. &#x017F;. w. Der Profe&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;or der Poe&#x017F;ie und Bered&#x017F;amkeit nahm eine Pri&#x017F;e,<lb/>
klappte die Do&#x017F;e zu, ra&#x0364;usperte &#x017F;ich und &#x017F;prach<lb/>
feierlich: &#x201E;Hochzuverehrende Herren und Damen!<lb/>
merken Sie denn nicht, wo der Ha&#x017F;e im Pfeffer<lb/>
liegt? Das Ganze i&#x017F;t eine Allegorie &#x2014; eine fort¬<lb/>
gefu&#x0364;hrte Metapher! &#x2014; Sie ver&#x017F;tehen mich! &#x2014;<lb/><hi rendition="#aq">Sapienti sat</hi>!&#x201C; Aber viele hochzuverehrende Her¬<lb/>
ren beruhigten &#x017F;ich nicht dabei; die Ge&#x017F;chichte mit<lb/>
dem Automat hatte tief in ihrer Seele Wurzel<lb/>
gefaßt und es &#x017F;chlich &#x017F;ich in der That ab&#x017F;cheuli¬<lb/>
ches Mißtrauen gegen men&#x017F;chliche Figuren ein.<lb/>
Um nun ganz u&#x0364;berzeugt zu werden, daß man<lb/>
keine Holzpuppe liebe, wurde von mehrern Lieb¬<lb/>
habern verlangt, daß die Geliebte etwas taktlos<lb/>
&#x017F;inge und tanze, daß &#x017F;ie beim Vorle&#x017F;en &#x017F;ticke,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0083] jemanden verdaͤchtig vorgekommen ſeyn, daß nach der Ausſage eines eleganten Theeiſten Olimpia gegen alle Sitte oͤfter genießet, als gegaͤhnt hatte? Erſteres, meinte der Elegant, ſei das Selbſtauf¬ ziehen des verborgenen Triebwerks geweſen, merk¬ lich habe es dabei geknarrt u. ſ. w. Der Profeſ¬ ſor der Poeſie und Beredſamkeit nahm eine Priſe, klappte die Doſe zu, raͤusperte ſich und ſprach feierlich: „Hochzuverehrende Herren und Damen! merken Sie denn nicht, wo der Haſe im Pfeffer liegt? Das Ganze iſt eine Allegorie — eine fort¬ gefuͤhrte Metapher! — Sie verſtehen mich! — Sapienti sat!“ Aber viele hochzuverehrende Her¬ ren beruhigten ſich nicht dabei; die Geſchichte mit dem Automat hatte tief in ihrer Seele Wurzel gefaßt und es ſchlich ſich in der That abſcheuli¬ ches Mißtrauen gegen menſchliche Figuren ein. Um nun ganz uͤberzeugt zu werden, daß man keine Holzpuppe liebe, wurde von mehrern Lieb¬ habern verlangt, daß die Geliebte etwas taktlos ſinge und tanze, daß ſie beim Vorleſen ſticke,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/83
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/83>, abgerufen am 24.11.2024.