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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

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dem heitern Kunstlande aufgehen, sein Studium
wird dort sich erst lebendig gestalten, und den
eignen Gedanken erzeugen. Das Copiren allein
hilft ihm nun nichts mehr. Mehr Sonne muß
die aufsprießende Pflanze erhalten, um zu gedei¬
hen und Blüth' und Frucht zu tragen. Euer
Sohn hat ein reines wahrhaftiges Künstlergemüth,
darum seid um Alles Uebrige unbesorgt." So
sprach der alte Mahler Stephan Birkner zu
Bertholds Aeltern. Die rafften alles zusam¬
men was ihr dürftiger Haushalt entbehren konn¬
te, und statteten den Jüngling aus zur langen
Reise. So ward Bertholds heißester Wunsch,
nach Italien zu gehen, erfüllt.

"Als mir Birkner den Entschluß meiner
Aeltern verkündete, sprang ich hoch auf vor Freu¬
de und Entzücken. -- Wie im Traum ging ich
umher die Tage hindurch, bis zu meiner Abreise.
Es war mir nicht möglich, auf der Gallerie einen
Pinsel anzusetzen. Der Inspektor, alle Künstler,
die in Italien gewesen, mußten mir erzählen von

Q 2

dem heitern Kunſtlande aufgehen, ſein Studium
wird dort ſich erſt lebendig geſtalten, und den
eignen Gedanken erzeugen. Das Copiren allein
hilft ihm nun nichts mehr. Mehr Sonne muß
die aufſprießende Pflanze erhalten, um zu gedei¬
hen und Bluͤth' und Frucht zu tragen. Euer
Sohn hat ein reines wahrhaftiges Kuͤnſtlergemuͤth,
darum ſeid um Alles Uebrige unbeſorgt.“ So
ſprach der alte Mahler Stephan Birkner zu
Bertholds Aeltern. Die rafften alles zuſam¬
men was ihr duͤrftiger Haushalt entbehren konn¬
te, und ſtatteten den Juͤngling aus zur langen
Reiſe. So ward Bertholds heißeſter Wunſch,
nach Italien zu gehen, erfuͤllt.

„Als mir Birkner den Entſchluß meiner
Aeltern verkuͤndete, ſprang ich hoch auf vor Freu¬
de und Entzuͤcken. — Wie im Traum ging ich
umher die Tage hindurch, bis zu meiner Abreiſe.
Es war mir nicht moͤglich, auf der Gallerie einen
Pinſel anzuſetzen. Der Inſpektor, alle Kuͤnſtler,
die in Italien geweſen, mußten mir erzaͤhlen von

Q 2
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[243/0251] dem heitern Kunſtlande aufgehen, ſein Studium wird dort ſich erſt lebendig geſtalten, und den eignen Gedanken erzeugen. Das Copiren allein hilft ihm nun nichts mehr. Mehr Sonne muß die aufſprießende Pflanze erhalten, um zu gedei¬ hen und Bluͤth' und Frucht zu tragen. Euer Sohn hat ein reines wahrhaftiges Kuͤnſtlergemuͤth, darum ſeid um Alles Uebrige unbeſorgt.“ So ſprach der alte Mahler Stephan Birkner zu Bertholds Aeltern. Die rafften alles zuſam¬ men was ihr duͤrftiger Haushalt entbehren konn¬ te, und ſtatteten den Juͤngling aus zur langen Reiſe. So ward Bertholds heißeſter Wunſch, nach Italien zu gehen, erfuͤllt. „Als mir Birkner den Entſchluß meiner Aeltern verkuͤndete, ſprang ich hoch auf vor Freu¬ de und Entzuͤcken. — Wie im Traum ging ich umher die Tage hindurch, bis zu meiner Abreiſe. Es war mir nicht moͤglich, auf der Gallerie einen Pinſel anzuſetzen. Der Inſpektor, alle Kuͤnſtler, die in Italien geweſen, mußten mir erzaͤhlen von Q 2

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/251>, abgerufen am 25.11.2024.