Weise, als ich nicht nachließ, von Berthold zu reden und in ihn zu dringen, mir ja alles, was er von dem Unglücklichen wüßte, zu sagen. "Es ist ein wunderlicher Mensch, dieser Mahler," fing der Professor an: "sanft -- gutmüthig -- arbeit¬ sam -- nüchtern, wie ich Ihnen schon früher sagte, aber schwachen Verstandes; denn sonst hätte er sich nicht durch irgend ein Ereigniß im Leben, sei es selbst ein Verbrechen, das er beging, herab¬ stimmen lassen vom herrlichen Historienmahler zum dürftigen Wandpinsler." Der Ausdruck Wandpinsler ärgerte mich so wie des Professors Gleichgültigkeit überhaupt. Ich suchte ihm darzu¬ thun, daß noch jetzt Berthold ein höchst ach¬ tungswerther Künstler, und der höchsten regsa¬ men Theilnahme werth sei. "Nun," fing der Professor endlich an: "wenn Sie einmal unser Berthold in solch hohem Grade interessirt, so sollen Sie Alles, was ich von ihm weiß, und das ist nicht wenig, ganz genau erfahren. Zur Einleitung dessen, lassen Sie uns gleich in die
Weiſe, als ich nicht nachließ, von Berthold zu reden und in ihn zu dringen, mir ja alles, was er von dem Ungluͤcklichen wuͤßte, zu ſagen. „Es iſt ein wunderlicher Menſch, dieſer Mahler,“ fing der Profeſſor an: „ſanft — gutmuͤthig — arbeit¬ ſam — nuͤchtern, wie ich Ihnen ſchon fruͤher ſagte, aber ſchwachen Verſtandes; denn ſonſt haͤtte er ſich nicht durch irgend ein Ereigniß im Leben, ſei es ſelbſt ein Verbrechen, das er beging, herab¬ ſtimmen laſſen vom herrlichen Hiſtorienmahler zum duͤrftigen Wandpinsler.“ Der Ausdruck Wandpinsler aͤrgerte mich ſo wie des Profeſſors Gleichguͤltigkeit uͤberhaupt. Ich ſuchte ihm darzu¬ thun, daß noch jetzt Berthold ein hoͤchſt ach¬ tungswerther Kuͤnſtler, und der hoͤchſten regſa¬ men Theilnahme werth ſei. „Nun,“ fing der Profeſſor endlich an: „wenn Sie einmal unſer Berthold in ſolch hohem Grade intereſſirt, ſo ſollen Sie Alles, was ich von ihm weiß, und das iſt nicht wenig, ganz genau erfahren. Zur Einleitung deſſen, laſſen Sie uns gleich in die
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Weiſe, als ich nicht nachließ, von Berthold zu
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er von dem Ungluͤcklichen wuͤßte, zu ſagen. „Es
iſt ein wunderlicher Menſch, dieſer Mahler,“ fing
der Profeſſor an: „ſanft — gutmuͤthig — arbeit¬
ſam — nuͤchtern, wie ich Ihnen ſchon fruͤher
ſagte, aber ſchwachen Verſtandes; denn ſonſt haͤtte
er ſich nicht durch irgend ein Ereigniß im Leben,
ſei es ſelbſt ein Verbrechen, das er beging, herab¬
ſtimmen laſſen vom herrlichen Hiſtorienmahler
zum duͤrftigen Wandpinsler.“ Der Ausdruck
Wandpinsler aͤrgerte mich ſo wie des Profeſſors
Gleichguͤltigkeit uͤberhaupt. Ich ſuchte ihm darzu¬
thun, daß noch jetzt Berthold ein hoͤchſt ach¬
tungswerther Kuͤnſtler, und der hoͤchſten regſa¬
men Theilnahme werth ſei. „Nun,“ fing der
Profeſſor endlich an: „wenn Sie einmal unſer
Berthold in ſolch hohem Grade intereſſirt, ſo
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/243>, abgerufen am 23.11.2024.
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